Jakob Lorber: ''Das große Evangelium Johannes', Band 2, Kapitel 43


Staunen über Wunder Jesu ist Zeichen des Zweifels an Jesu Allmacht. Warum echte Nachfolger Jesu bei Wundern nicht vor Fremden staunen sollen. Wunderbarer Fischfang.

01] Es fingen aber nun alle an, sich zu wundern, da sie nicht wußten, wie sie von Meinem Hause hierher ans Meer gekommen sind.

02] Ich aber sagte: »Wie möget ihr euch noch wundern?! Habt ihr denn nicht schon einige Male Ähnliches bei Mir erlebt? Daß sich der alte Josa mit seinen Kindern und Kindeskindern wundert, ist begreiflich; aber bei euch, Meinen nun schon vielerfahrenen Jüngern, ist es eigentlich unbegreiflich, wie ihr euch noch verwundern könnet, da ihr doch schon nur zu klar einsehen solltet, daß Mir kein Ding unmöglich ist und sein kann!

03] Seht, Ich sagte nicht umsonst »unbegreiflich«; denn jede Verwunderung über irgendeine von Mir vollführte außerordentliche Tat setzt auch irgendeinen kleinen, noch immer irgendwo in der Seele versteckten Unglauben voraus. Der Mensch bezweifelt im voraus die Möglichkeit irgendeiner besonderen Tat oder Erscheinung; so aber die Tat trotz seines Zweifels dennoch vollführt wird, so steht dann der am Gelingen derselben zweifelnde Zeuge verblüfft da, staunt und fragt: »Wie war denn das möglich?« Was sagt er aber mit solcher Frage? Ich sage es euch, nichts als: »Ich zweifelte an der Möglichkeit des Gelingens, und doch ist es gelungen! Das ist merkwürdig und sonderbar!«

04] So ein Laie sich also verwundert, so ist das wohl begreiflich; aber wenn Tiefeingeweihte sich noch wundern, so zeigen sie dadurch an, daß sie selbst auch noch sehr zu denen gehören, die mit Recht »Laien« genannt werden! Wundert euch daher in der Folge besonders vor den Fremden nicht mehr, wenn Ich irgendeine außerordentliche Tat vollführe, auf daß euch die Fremden nicht auch für Mitfremde ansehen!«

05] Sagen die Jünger: »Herr, Du weißt es ja, daß wir Dich über alles liebhaben und gar wohl wissen, wer und was Du bist; aber trotz alledem können wir denn doch oft nicht umhin, uns über ein neues Wunder auch wieder von neuem zu verwundern, weil Deine offenbarsten Wundertaten zumeist so ganz unerwartet und unvorbereitet kommen, daß man bei aller Fassung und allem Glauben denn doch ein wenig verblüfft dastehen muß. - Siehe, man hat ja auch oft genug die Sonne auf- und untergehen sehen; aber wo ist oder wo lebt wohl der Mensch von einem nur einigermaßen besseren Gefühle, dem nicht ein jeder neue, herrliche Sonnenaufgang irgendeine Verwunderung abnötigen möchte?! Und siehe, Herr, so ist es auch mit uns! Du bist aber endlos mehr denn zahllos viele Sonnenaufgänge und wollest uns daher schon ein wenig solche Fehler nachsehen, die stets von neuem mit Dich über alles liebenden Herzen zu begehen wir im Grunde des Grundes von Dir genötigt werden.«

06] Sage Ich: »Nun, nun, es ist schon alles wieder gut; aber in Zukunft beachtet solchen Meinen Rat der Fremden wegen, damit diese in euch Meine wahren Jünger erkennen! - Nun aber gehen wir ans Fischen! Es werden dabei auch wieder kleine Wunder geschehen; aber ihr tut dabei, als wären das keine Wunder! Die Fremden sollen sie selbst finden und beurteilen, ob das ganz gewöhnliche, oder ob es außerordentliche Taten sind!«

07] Nach dieser nötigen Belehrung bestiegen die Jünger eilends die Boote, spannten die Netze aus und warfen sie ins Wasser nach der Kunst der Fischer, und machten einen Zug um den andern; aber der Fang war sehr wenig ergiebig.

08] Petrus bemerkte, daß da der ziemlich heftige Westwind ungünstig wirke und die Fische zu Boden treibe.

09] Ein anderer bemerkte wieder, daß man vor dem Abende nicht viel ausrichten werde; die Sonne scheine, durch kein Wölklein getrübt, zu heftig, und die Fische eilten darum der Tiefe zu, weil sie das heftige Licht nicht ertrügen.

10] Nun bestiegen aber auch die zwei Jünglinge zwei Boote, spannten ein großes Netz und stießen mächtig weit in die See hinaus.

11] Da sprach Andreas, der auch ein Meister im Fischen war: »Wenn die nicht wunderbarerweise durch ihre geistige Macht Fische in ihr Netz treiben, so können sie draußen auf der hohen See wohl zehn Jahre lang fischen, und sie werden nicht ein Stück ans Ufer bringen!«

 12] Aber die beiden Jünglinge machen einen heftigen Zug, sind bald am Ufer und bringen bei dreißig gute Stücke ans Land.

13] Da sagt Andreas: »Das ist zwar kein Wunder, aber sonst dennoch recht viel, von der hohen See her dreißig Stück Waller (Welse) zu fangen.«

14] Endlich bestieg auch Ich ein Boot, die mutige Sarah aber auch eines. Wir spannten ein ziemlich großes Netz und ließen es ins Wasser. Als wir einen kleinen Zug unfern des Ufers taten, hatte sich das Netz schon mit fünfhundert Stück Lachsen, Salmen und Wallern so gefüllt, so daß die beiden Jünglinge der Sarah zu Hilfe eilen mußten, weil sie das Netz sonst nicht hätte halten können. Die Fische wurden alsbald ans Land und da in die vielen Lägel (Fäßchen) gebracht, die hier auch in hinreichender Menge vorhanden waren.

15] Die Jünger aber machten noch einen Zug, und als sie das Netz ans Land zogen, fanden sie wieder nur wenige und das nur kleine Fischlein im Netze.

16] Petrus sagte: »Nun habe ich für heute wohl den letzten Zug getan! Es zahlt das ja bei weitem die Mühe nicht, die ein solcher Zug verursacht, daß man als ein alter, erfahrener Fischer nur ein Boot besteigt!« - Darauf wollte er diese kleinen Fische wieder ins Meer zurückwerfen lassen.

17] Aber Ich sagte zu ihm: »Behalte, was du gefangen hast; denn die kleinen Fische sind oft recht gute Fische und sind Mir lieber denn die großen, die nicht selten ein zähes und schwer verdauliches Fleisch haben. Merke dir aber diese entsprechende Erscheinung!

18] Wenn du als a Menschenfischer hinausgehen wirst, so laß es dich nicht verdrießen, so in das Netz des Evangeliums sich kleine Fischlein einfangen lassen werden; denn wahrlich, Mir sind sie lieber denn die großen! b Alles aber, was da groß und wertvoll ist vor der Welt, ist in einer gewissen Hinsicht vor Mir ein Greuel! - Lassen wir aber nun die Fischerei, und begeben wir uns wieder nach Hause! Für heute und morgen sind wir versorgt; der Nachsabbat wird sich dann, so es not täte, schon wieder versorgen.« (Matthäus.04,19; Markus.01,17; b Lukas.16,15)

19] Man zog nun alle Netze ein und brachte noch eine Menge von allerlei Fischen ans Land, gab sie in die Lägel und schaffte sie auf Karren und Tragen in den ziemlich großen Fischbehälter bei Meinem Hause, den seinerzeit Joseph selbst angelegt hatte.


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