Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 227. Kapitel: Wasseraufnahme der Vögel.

01] Darauf fragte Mich der Oberstadtrichter: »O Herr und Meister, der Du in allen Dingen allerhöchst kundig bist, wie brauchen denn diese Vogel das Wasser zu ihrem Weiterfluge? Denn meines Wissens habe ich wohl allzeit bemerkt, daß die Vögel im Verhältnis zu ihrer Größe zehnmal mehr Wasser zu sich nehmen als ein anderes Tier, und doch lassen sie keinen Urin von sich; ich wenigstens habe es noch nie bemerkt, daß irgendein Vogel gepißt hätte und Du hast nun gesagt, daß diese Vögel des Wassers zum Weiterfluge sehr benötigen, während ich der Meinung war, daß das Wasser sie samt der zu sich genommenen Nahrung nur mehr beschweren und somit ihren Weiterflug beschwerlicher machen werde!«

02] Sagte Ich: »Ja siehe, du Mein Freund, der Meister Seiner Werke muß auch am allerbesten wissen, was sie zu ihrer zeitweiligen Erhaltung benötigen, und wie ihre Körper eingerichtet sein müssen, damit sie das verrichten können, wozu sie bestimmt sind. Über das aber, wie ein Vogel des Wassers zum Fliegen benötigt, wende dich an Meinen, wie du siehst, noch anwesenden Raphael!«

03] Auf diese Worte wandte sich der Oberstadtrichter an den Raphael und bat ihn, daß er ihm darüber eine kleine Erklärung geben möchte.

04] Und Raphael sagte: »Das will ich dir recht gern und in möglichster Kürze tun. Siehe, so ihr ein Lamm oder eine Ziege, ein Kalb oder auch einen Ochsen schlachtet, so nehmt ihr seine Eingeweide heraus - das heißt seinen Magen, seine Gedärme und seine Urinblase -, reinigt alle Teile in eurer Weise und blaset sie dann auf, damit sie aus- und inwendig trocken werden! Die größeren dieser Hohlorgane gebraucht ihr zu kleineren Schläuchen und Säcken, und die kleineren gebraucht ihr auch zur Aufbewahrung von allerlei Samenkörnern und noch andern kleinen Dingen.

05] So du nun eine solche ausgetrocknete Urinblase oder auch einen andern Schlauch hier besäßest, so würde ich dir um so leichter zeigen, wie die Vögel zum Fliegen sich des Wassers bedienen müssen; aber ich werde schon dafür sorgen, daß zu meiner Erklärung die nötigen Hilfsmittel zu Gebote stehen werden! Und siehe, da haben wir schon einen ziemlich großen, mit Wasser gefüllten Schlauch, und in diesen Schlauch wollen wir nun einige Ingredienzien (Bestandteile, Zutaten) hineintun, welche die Eigenschaft in sich haben, den Kohlen- und Sauerstoff im Wasser in sich zu saugen, den reinen Wasserstoff aber frei zu machen. Und da sind auch schon die Ingredienzien, die dir sicher bekannt sind; es ist etwas Eisen, Schwefel, Kalk, Salz und Kohle.

06] Nun gebe ich diese in das Wasser, - sie befinden sich nun schon im Wasser, und du vernimmst auch sogleich ein eigentümliches Sausen und Brausen im Schlauche. Nun nehmen wir eine trockene Blase her; wir werden sie mit dem leicht aufsteigenden Wasserstoff füllen, - und siehe, die eine Blase ist schon gefüllt! Nimm sie in deine Hand unten bei der Mündung, und du wirst es sogleich verspüren, wie sie nach oben zieht; und jetzt laß du sie los, und beobachte, was sie machen wird!«

07] Der Oberstadtrichter tat das, und die Blase stieg alsbald überaus rasch zu einer solchen Höhe in die Luft empor, daß sie von niemandem mehr erschaut werden konnte; imgleichen ward darauf eine andere, größere Blase gefüllt und mit einem Baumzweige an der Mündung behängt, ward darauf losgelassen und flog sogleich mit gleicher Raschheit in die Höhe.

08] Darauf wurden bei zwölf Blasen mit dem noch vorrätigen Wasserstoff gefüllt und an einen etwas größeren und schwereren Baumzweig gehängt, mit dem sie ebenfalls in aller Raschheit in die Höhe flogen.

09] Als das Experiment beendet war, sagte Raphael zum Oberstadtrichter: »Hast du nun schon so einen kleinen Begriff, warum die Vögel sich des Wassers hauptsächlich zum Fliegen bedienen?«.

10] Sagte der Oberstadtrichter: »Es geht mir nun schon so ein kleines Lichtlein auf; aber das Wie, - wie sich die Vögel des Wassers zum Fliegen bedienen, ist mir natürlich noch unklar.«

11] Sagte Raphael: »Siehe, jeder Vogel ist inwendig so eingerichtet, daß er von dem zu sich genommenen Wasservorrat ebensoviel des reinsten Wasserstoffes, der an und für sich eine äußerst leichte und feine Luftart ist, erzeugt, als er zum Fliegen notwendig hat, - was er aus dem Gefühle seines Instinkts auf ein Haar zu berechnen vermag. Mit diesem feinen Wasserstoff füllt er in einem Augenblick alle seine größeren und kleineren Federkiele und Knochenröhren und wird darauf so leicht wie ein Menschenhaar, welches kleine Gewicht er dann mit seinem Flügelpaare immer leicht besiegt und sich dann in die Höhe erheben kann nach seinem Belieben.

12] Wenn du dieses nun so recht beachtest, so wirst du auch leicht einsehen, auf welche Art das Fliegen bei allen jenen Tiergattungen ermöglicht wird, die sich von der Erde nach ihrem Belieben in die Luft erheben können.«



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