Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 6, Kapitel 4


Uneinsichtigkeit und Verstocktheit der Tempeljuden.

01] Sagten einige Juden: ”Deine Taten sind wohl stark außergewöhnlich, aber du selbst hast doch nicht das entfernteste Ansehen dazu, und zudem wirken die Essäer ebendasselbe, obwohl sie unsere Feinde sind, aber dennoch den Juden angeben, daß der Messias aus ihnen hervorgehen werde.“

02a] Sagte Ich: ”Oh, Ich kenne euch nur zu gut! Ihr wisst nicht erst jetzt, sondern schon seit lange her, wie die Essäer ihre Wunderwerke wirken, und habt dagegen auch schon mit Recht geeifert und habt dem Volke die essäische Blindfechterei auch schon zu öfteren Malen mit gutem Erfolg gezeigt; denn auf derlei Künste und Kniffe versteht ihr euch ebensogut wie die Essäer, und das Ansehen Meiner Person ist gerade auch nicht das letzte unter euch.

02b] Also darin liegt es gar nicht, darum ihr Mich als das, was Ich allerwahrst bin, nicht anerkennen und annehmen wollt, - sondern ihr wollt, ganz einfach gesagt, nicht zu Mir kommen, daß ihr von Mir und aus Mir das ewige Leben haben möchtet. (Johannes.05,40*)

03a] Ich nehme freilich - irgendeines größeren und äußeren Ansehens wegen - nicht Ehre von den Menschen, da sie Mir ohnehin ewig nie eine größere geben können, als die in Mir wohnt; (Johannes.05,41*; jl.schr.027)

03b] aber Ich kenne euch von einer ganz andern Seite! Eures Hochmutes, eurer Welt- und Selbstliebe wegen ist die Liebe Gottes schon lange nicht mehr in euch, - und darum nehmt ihr Mich nicht an!“ (Johannes.05,42*; jl.schr.037)

04] Sagten abermals einige Juden: ”Das sind wohl recht feine und kluge Worte, aber sie beweisen noch lange nicht, daß nun auf einmal eben du der verheißene Messias bist! Du kannst, was wir allenfalls annehmen können, wenn wir wollen, ein Weissager in Seinem Namen sein, obwohl es geschrieben steht, daß aus Galiläa kein Prophet ersteht; aber von einem Messias wird bei dir wohl noch lange keine Rede sein! Haben wir recht oder nicht?“

05a] Sagte Ich: ”Mitnichten; aber Ich will euch allerwahrhaftigst sagen, wie sich die Sache verhält! Und so hört: Ich bin nicht als ein Weissager im Namen des kommenden Messias, sondern als Selbst der verheißene Messias im Namen Meines Vaters, mit dem Ich völlig eins bin, zu euch gekommen, wofür Mir die Werke und Taten, die Ich wirke, das wahrhaftigste Zeugnis geben, und ihr nehmt Mich dennoch nicht an! Wenn aber ein anderer mit großem Pomp kommen wird in seinem eigenen, höchst eigennützigen Namen, den werdet ihr sicher ohne Bedenken annehmen! (Johannes.05,43*; Matthäus.24,05)

05b] Aber wie könntet ihr Mir auch glauben, die ihr alle b die Ehre voneinander nehmt und euch auch von aller Welt ehren lasst, aber jene bescheidene Ehre, die von Gott ist, nie gesucht habt und nun auch nicht suchet!“ (Johannes.05,44*; b Johannes.12,43; 1.Thessalonicher02,06;)

06] Sagten die Juden: ”Nun gut, - du sagst ganz frei heraus, daß der allmächtige Gott dein Vater ist! So wir denn nun unrecht tun, daß wir dir nicht glauben, da verklage uns bei deinem Vater, und es wird sich dann schon zeigen, was uns dafür begegnen wird!“

07] Sagte Ich: ”Oh, meint ja nicht, daß Ich euch bei Meinem Vater verklagen werde! b Es ist ein anderer, der euch verklagen wird, und das ist Moses, auf den ihr hoffet, daß er zuvor noch einmal kommen wird mit Elias. Und er ist auch gekommen, aber von euch ebensowenig erkannt worden wie nun Ich Selbst. (Notabene: Mosis Geist war in Zacharias und Elias Geist in Johannes.) (Johannes.05,45*; b 5. Mose.31,24-27)

08a] Hättet ihr in eurem Weltsinne je an Moses geglaubt, so glaubtet ihr auch Mir; denn b Moses hat von Mir gezeugt. (Johannes.05,46*; b 1. Mose.03,15; 1. Mose.49,10; 5. Mose.18,15)

08b] Da ihr aber seinen Schriften noch nie geglaubt habt, wie könnt ihr nun Meinen Worten glauben?!“ (Johannes.05,47*; Lukas.16,31)

09] Sagten die Juden: ”Wie kannst du sagen, daß wir, die wir auf seinem Stuhle sitzen, Moses nicht geglaubt hätten?“

10] Sagte Ich: ”Was der Mensch glauben soll, das muß er zuvor wissen, Ich aber sage euch, daß ihr nur ums Geld Priester geworden seid und seit eurer Kindheit es nicht einmal der Mühe wert gefunden habt, Mosis Schriften durchzulesen. Warum auch; denn es ist euch ja ohne solche Mühe immer sehr gut gegangen! wisst ihr, wer zu allen Zeiten euer Moses und eure Propheten waren? Ich sage es euch: Das war euer Bauch!“

11] Da machten die Judenpriester etwas verdutzte Gesichter, und einer sagte: ”Wird uns denn nicht allwöchentlich die Schrift in der gewissen Tageszeit vorgelesen?! Wir besitzen nur fünf Exemplare und die Urschrift, die als Heiligtum außer dem Hohenpriester niemand anrühren darf, ohne mit dem Tode bestraft zu werden. Wie kannst du da sagen, wir wüßten nicht, was Moses und die Propheten niedergeschrieben haben?! Selbst können wir's freilich wohl nicht lesen, aber wir hören sie allzeit, wenn sie gelesen wird!“

12] Sagte Ich: ”Mit den Ohren hört ihr wohl, so ihr mit euren vollen Bäuchen während des Lesens nicht einschlafet; aber mit dem Herzen habt ihr sie noch niemals angehört, weil dieses stets in aller Welt herum zerstreut ist mit seinen Begierden. Die Gebote beachtet ihr ohnehin nur zum Scheine vor den Augen der Welt, weil ihr in priesterlichen Gewändern einhergeht; für euch aber haltet ihr nichts darauf! Das sage Ich euch, dieweil Ich euch um vieles besser kenne als je jemand in der Welt.“

13] Hier fingen viele aus dem Volke, die das mit angehört hatten, ganz gewaltig an zu schmähen und über diese Judenpriester zu murren, und diese zogen sich alsbald in ihre Gemächer zurück. Ich aber ging mit den Meinen ebenfalls aus dem Tempel und begab Mich mit den Jüngern und dem Wirte zufolge der Einladung mit Lazarus nach Bethanien hin, das ein Flecken war, ungefähr fünfzehn Feldweges (nach jetzigem Maße nahezu an sieben viertel Stunden gemächlichen Schrittes) von Jerusalem entfernt. Daß wir dort überaus gut aufgenommen waren, versteht sich von selbst.“


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