Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


27] Daß aber dieses möglich ist, werde Ich euch auch sogleich handgreiflich zeigen! - Nehmt irgendein Haus, welches da stünde auf einer weiten Fläche! Wenn ihr euch davon mehr und mehr entfernt, so wird das Bild desselben in einem immerwährend spitzigeren Winkel, nach dem Verhältnisse der Größe eures Auges, auf dasselbe fallen, und zwar vermöge der auslaufenden Strahlen, welche von allen Punkten dieses Gebäudes in der erwähnten Richtung auf euer Auge fallen. Daß nun das Gebäude stets kleiner und kleiner wird, liegt ja nur in euren Augen, mit welchen ihr, je mehr ihr euch von dem Gegenstand entfernet, ja auch eine immer geringere Menge der auslaufenden Strahlen aufzunehmen vermögt.

28] Nun denn aber setzen wir den Fall, euer Auge wäre nicht konvex (vermöge welcher Konvexität nur eine sehr kleine Fläche zur Aufnahme irgendeines Gegenstandes fähig ist, während die anderen, abgewendeteren Flächen schon wieder für andere Aufnehmungen bereit sind, damit ihr vieles auf einmal übersehen könnt) - also, wie schon gesagt, euer Auge hätte eine große Ausdehnung und wäre nicht konvex, sondern ganz eben, seht, da könntet ihr euch tausend oder millionen Meilen von diesem Gebäude entfernen, so würdet ihr es demungeachtet immer gleich groß erblicken, weil von jedem Gegenstande zu gleicher Zeit, da nach allen Richtungen zusammenfließende und auseinanderlaufende Strahlen ausgeben, auch ebensogut gleichlaufende oder parallele Strahlen ausgehen, vermöge welcher das Bild eines Gegenstandes selbst in der größten Ferne getreu dasselbe bleiben muß.

29] Nun seht, das ist denn auch hier der Fall! - Dieser große Luftspiegel ist ein optisches Werkzeug dieser Art, daß er vermöge seiner außerordentlich hellen Glanzfläche die Parallelstrahlen aufnimmt. Wenn noch dazu das Auge des Wanderers in dem Äther eine rechte Ausdehnung bekommt, alsdann erblickt er solche Gegenstände als getreue Abbilder anderer Weltkörper-Gegenden, zum Beispiele oft märchenhaft aussehende Städte, großartige Paläste, Berge, Wälder, Flüsse und Seen, ja sogar manchmal lebende Wesen und dergleichen mehreres, das sich vorfindet auf einem entfernten Weltkörper.

30] Seht, da habt ihr nun alles über die Fata morgana! - Da auch hier (bei der dritten Art) der geistige Grund derselbe ist wie bei den früheren, so bleibt Mir demnach auch nichts mehr zu sagen übrig als das, daß ihr auch die Luft eurer Wünsche und Begierden um und in euch baldmöglichst zu solcher Ruhe bringen sollt. Alsdann werdet ihr noch ganz andere Fata morgana erleben, als die müden Wanderer auf den glühenden Sandwüsten; denn alles Schauen ist ein Strahlen und Gegenstrahlen.



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