Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 231. Kapitel: Jesus meldet dem Wirt eine Karawane an.

01] Es kamen aber auch das Weib und zwei seiner Töchter zu uns ins Gastzimmer, und das Weib fragte den Wirt, sagend: »Werden diese Gäste denn keine warmen Speisen nehmen, keine Fische und kein Fleisch?«

02] Sagte der Wirt: »So sie das gewünscht hätten, hätte ich es dir schon gesagt; diese Gäste begnügen sich mit Brot und Wein, und somit kannst du mit deinen Kindern dich schon zur Ruhe begeben!«

03] Sagte die Wirtin: »Wir werden in dieser Nacht nicht eben gar zu viel ruhen dürfen; denn wir haben nur noch zwei Laibe Brotes, und es sind, wie ich sehe, viele Gäste hier, und die werden morgen mit den zwei Laiben Brotes nicht auskommen.«

04] Sagte der Wirt: »Da macht euch denn an eure Arbeit, und seht, daß wir morgen ein gutes Brot haben!«

05] Darauf aber sagte Ich: »Lasst unsertwegen das Brotbacken stehen; denn solange wir hier verweilen, werden wir am Brote keinen Mangel haben! Nimm aber etliche Stücke Brot vom Tische und gib sie deinem Weibe und deinen zwei Töchtern, und fülle auch drei Becher mit Meinem Wein und gib ihnen zu trinken!«

06] Das geschah denn auch, und das Weib und die beiden Töchter konnten sich über die Güte des Weines nicht genug verwundern und fragten den Wirt, woher er denn den Wein genommen habe; denn sie wüßten nichts von einem gar so guten Wein in des Wirtes Keller.

07] Der Wirt aber sagte: »Davon wollen wir morgen reden, - die Gäste haben den Wein mitgebracht; geht aber hinaus und sagt es meinen Knechten, daß sie für den morgigen Tag frische Fische herbeischaffen sollen!«

08] Als das Weib und die Töchter das vernahmen, dankten sie für den Wein, wie auch für das Brot, nur konnte das Weib nicht recht begreifen, wo wir so viel Brot hergenommen hatten, indem der ganze große Tisch noch voll Brotes war, und das Weib meinte, ob der Wirt etwa das Brot von einem Nachbar entliehen habe.

09] Der Wirt aber sagte: »Das geht dich gar nichts an, - morgen wirst du es schon erfahren; für heute aber tue das, was ich dir gesagt habe!«

10] Darauf verließ uns das Weib mit ihren beiden Töchtern, und wir hatten Ruhe vor einem weiteren Weibergefrage.

11] Als der Wirt durch den Wein so recht gemütlich geworden war, da fragte er Mich, woher Ich mit Meinen Gefährten gekommen sei, und wohin Ich etwa weiterreisen werde.

12] Und Ich sagte zu ihm: »Auch davon sollst du morgen mehreres erfahren; soviel aber magst du wissen, daß Ich von oben her gekommen bin und nun nach dem Jordantale bis in die Nähe von Jerusalem hinaufziehen werde.«

13] Der Wirt war mit diesem Bescheid zufrieden und fragte Mich, ob Ich Mich mit Meinen Gefährten bald zur Ruhe begeben werde.

14] Sagte Ich: »Deine Stühle um den Tisch herum sind äußerst bequem, und wir bleiben sonach alle bei diesem Tische sitzen und werden so auch unsere Nachtruhe nehmen!«

15] Sagte der Wirt: »Wie ihr es wünschet, sollt ihr es auch haben! Ich besitze aber auch ganz gute Ruhebetten; zieht ihr aber diese Stühle vor, so ist mir auch das recht.«

16] Sagte Ich zu ihm: »Ich weiß wohl, daß du auch Ruhebetten besitzest, und das in rechter Menge; aber du wirst diese Ruhebetten heute noch brauchen, - denn in einer Stunde wird eine kleine Karawane über Jericho herüberkommen und wird ebenfalls Herberge bei dir nehmen. Du magst dich daher vorsehen; denn Ich sage dir keine Unwahrheit.«

17] Als der Wirt solches von Mir vernommen hatte, da begab er sich schnell in die Küche und hinterbrachte das seinem Weibe, und das Weib geriet darüber in eine ordentliche Verzweiflung wegen des Brotmangels.

18] Der Wirt aber kam bald zurück und sagte Mir, daß sein Weib in eine große Verlegenheit gekommen sei, da sie nur noch zwei Laibe Brotes im Vorrate habe.

19] Ich aber sagte zum Wirte: »So gehe denn hinaus in deine Brotkammer und sieh nach, ob du nicht mehr als zwei Laibe Brotes im Vorrat hast!«

20] Da ging der Wirt schleunigst hinaus, denn er ahnte, daß Ich etwa seine zwei Laibe ebenso vermehrt habe wie das Brot auf dem Tische. Und als er in die Brotkammer kam, fand er dieselbe voll angefüllt mit dem besten Brote.

21] Solches zeigte er sogleich seinem Weibe an, das vor lauter Erstaunen die Hände über dem Kopfe zusammenschlug und den Wirt fragte, was Ich denn für ein Mensch wäre, daß Ich aus nichts so viele Laibe Brotes in einem Augenblick herschaffen könne, und ob es wohl geheuer sein werde, solch ein hergezaubertes Brot zu essen.

22] Sagte der Wirt: »Hast du doch schon zuvor im Zimmer vom gleichen Brote gegessen samt den zwei Töchtern, und es hat euch das Brot nicht geschadet, sowenig wie mir und den sonderbaren Gästen, die alle das wundersame Brot aßen und noch essen; daher sei du ganz unbesorgt! Geht aber in das anstoßende zweite große Gastzimmer und richtet daselbst alles in die Ordnung für die bald ankommenden Gäste; zündet Lichter an, auf daß die Ankommenden sogleich in ein wohlerleuchtetes Gastzimmer treten können! Wenn sie sich werden an die Tische gesetzt haben, dann bedienet sie ordentlich; denn ich werde mich nicht mit den Neuankommenden viel abgeben können, da ich bei den ersten Gästen verbleibe und sie nötigenfalls auch bediene!«



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