Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 197. Kapitel: Jesus über das Auf- und Absteigen der Engel.

01] Auf diese Meine Worte leerte noch ein jeder seinen Becher Wein, worauf wir uns alle wohlgemut erhoben und uns auf den vorbenannten Berg begaben, auf welchem - wie euch schon bekannt - Moses, Mein erster großer Prophet, gestorben ist.

02] In einer kleinen halben Stunde befanden wir uns schon auf dem Berge, auf dem es jetzt viel lieblicher aussah als am Morgen; denn es war nun auch der ganze Westen rein und von allem Genebel frei, und man übersah das ganze Jordantal samt einem bedeutenden Teil des Toten Meeres und die ganze Strecke des Libanongebirges nebst natürlich einer ungemein großen Menge von Städten, Hecken und Dörfern, sowie auch die alte Davidstadt Bethlehem und weiter oberhalb Jerusalem.

03] Es ward bei einer Stunde lang viel über die Geschichte des Gelobten Landes gesprochen, und wie es sicher eines der gesegnetsten Länder der ganzen Erdoberfläche sein dürfte.

04] Am Ende sagte Ich: »Ja, ihr habt recht, aber es wird in kurzer Zeit in diesem Lande ganz anders aussehen! Einige von euch und eure Kinder werden es dem Leibe nach erleben, daß dieses irdische Paradies der Juden zu einer Wüste gemacht werden wird; denn weil dieses Volk die Zeit seiner großen Heimsuchung nicht erkannt hat und auch nicht hat erkennen wollen, so wird auf die große Zeit der Gnade bald eine andere Zeit des Gerichtes kommen, und viele Juden werden vertrieben werden, hinaus in die ganze Welt, und viele werden auch in diese sechzig alten Städte zu euch herauf flüchten.

05] Die ihr finden werdet, daß sie eines guten Willens sind, die behaltet und gebet ihnen Unterkunft; die Starrsinnigen aber lasst weiterziehen! Ich werde dafür diese eure Gegend in weitem Umkreise segnen und zu einer fruchtbaren umgestalten, daß ihr große Herden werdet halten können und viel Gerste und auch Weizen bauen; auch Reben werdet ihr züchten können und daraus eine gerechte Menge guten Weines ernten.«

06] Sagte darauf der Pharisäer Barnabas: »Nach Deinem Worte, o Herr und Meister, wird der alte Prophet wohl recht haben, der da sagte: 'Die Gegend Auran wird zwar von den Heiden zertreten werden; aber wenn der Herr der Herrlichkeit sie mit Seinen Füßen betreten wird, da wird sie wieder ergrünen und zu einem fruchtbaren Lande werden.'«

07] Sagte Ich: »Ja, ja, das soll sie, aber allgemein dennoch nicht, - denn bis dieses weite Aurangebiet gänzlich wieder zum fruchtbaren Lande wird, wird es wohl noch einer sehr langen Zeit bedürfen; doch auf einige hundert Jahre hin soll dieses Hochland an jenen Punkten in weiten Umkreisen fruchtbar sein, die Ich besucht, und wo Ich auch fruchtbare Menschenherzen angetroffen habe. Wenn aber die Herzen der Menschen werden wieder hart und trocken werden, dann wird auch diese Gegend bald dasselbe Aussehen bekommen wie die Menschenherzen.«

08] Hierauf sagte der Pharisäer Dismas: »O Herr und Meister, ich habe auch in der Schrift gelesen, daß da (wenn) Du auf Erden sein werdest, so werden die Himmel offen stehen und Deine Engel werden auf und nieder schweben und Dir dienen. Wie sollen wir das verstehen?«

09] Sagte Ich: »Ich meine, daß das für euch nun um so weniger unverständlich sein dürfte, indem ihr heute morgen eben auf dieser Stelle Moses und einen Engel an seiner Seite selbst gesehen habt. Übrigens hat diese Stelle des Propheten auch einen anderen Sinn, und der eigentlich der allein vollkommen wahre ist.

10] Seht, das Himmelreich, welches das eigentliche Reich Gottes ist, besteht für den Menschen nicht irgend in einem äußeren Schaugepränge, sondern es ist inwendig im Menschen, und die Menschen, die eben dieses Reich Gottes in sich aufgenommen haben - das Ich Selbst zu ihnen gebracht habe -, sind in ihren von Liebe zu Mir und zum Nächsten erfüllten Herzen erstens der Himmel selbst, der nun offen steht, und zweitens die Engel selbst, die zwischen Mir und ihnen auf und nieder steigen und Mir in ihrer Liebe dienen!

11] Denn das, was ihr Himmel nennet, das ist an und für sich kein Himmel, sondern durch und durch Welt, und ist geschaffen von Mir aus für die Zeit des Freiheitsprüfungsbestandes der Menschen; wenn ihr aber eure eigene Welt samt dem Fleische werdet abgelegt haben, so wird diese äußere, euch jetzt sichtbare Welt für euch so gut wie gar nicht mehr da sein, und ihr werdet Bewohner einer ganz anderen Welt werden, die Ich für euch nicht von Mir aus oder von euch selbst aus erschaffen habe, sondern die für euch aus euch selbst erschaffen sein wird, und zwar für jeden nach der Art seiner Liebe zu Mir und zum Nächsten, wie du, Mein lieber Freund und Stadtoberrichter, gestern am Abend hier aus dem Munde deines schon vor zehn Jahren verstorbenen Vaters, den Ich dir habe erscheinen lassen, vernommen hast.«



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