Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 8


Kapitelinhalt 140. Kapitel: Raphael über den Zweck der Schöpfung.

01] Sagte der Hauptmann: »O du holder und wunderbarer Freund, mit dir sich in der Weisheit messen, wäre wohl eine sehr vergebliche Mühe; denn du hast allzeit vollkommen recht, weil du auf Grund deiner gottähnlichen Allwissenheit und Allkenntnis auch stets die unbestreitbarste Wahrheit auf eine höchst klare Weise darstellen kannst. Aber wo soll unsereiner das hernehmen, dessen Wissenschaft und Kenntnis in den Dingen der Weltnatur von einer sicher nur höchst beschränkten Art ist?

02] Aber das weiß und fühlt auch der schwache und beschränkte Mensch, wo es ihm wehe tut, und seufzet und klagt oft lange vergeblich, und das kann ihm auch die höchste Liebe und Weisheit Gottes niemals zu einer Sünde rechnen. Und so denn klagte ich auch über den Wind, da ich schon oft nur zu empfindlich erfahren habe, welche Verheerungen er hie und da angerichtet hat; denn ich wußte ja nicht um den Grund seines Wütens.

03] Nun aber hast du mir ihn gar klar gezeigt, und ich erkenne jetzt die Wohltat seines Wirkens und gebe dir die volle Versicherung, daß ich von nun an niemals mehr mit meinen Klagen gegen ihn zu Felde ziehen werde, - auf dem festen Lande schon am allerwenigsten! Nur auf dem Meere möchte mich, solange ich im Leibe zu leben haben werde, der Herr vor solchen Winden beschützen; denn da ist es wohl erschrecklich, sich mitten im tobendsten Kampfe des Meeres mit dem Winde auf einem gebrechlichen Schiffe zu befinden! Ich habe das schon mehrere Male erlebt und bin den starken Winden eben darum Feind geworden und habe als noch ein starrer Heide oft über solch ein Gebaren der Götter losgezogen; aber da ein heftiger Wind sicher auch auf dem Meere eine gleiche für die Erde und ihre Geschöpfe wohltätige Bestimmung haben wird, wie auf dem festen Lande, so werde ich ihn auch über dem Meere lobend in Ruhe lassen, - Holder Freund, ist es recht also?«

04] Sagte Raphael: »Das ganz sicher; denn der Mensch, dessen Leben und Alles von Gott abhängt, soll Gottes Anordnungen und Fügungen, so er Gott einmal erkannt hat, allzeit lobend und preisend anerkennen und nicht darüber murren und hadern. Denn Gott der Herr weiß es stets und ewig sicher am allerbesten, warum Er auf einem Erdkörper bald dieses und bald jenes in Erscheinung treten läßt.

05] Der Mensch aber hat sich dabei geduldig und a voller Ergebung in den Willen Gottes zu verhalten und dabei auch also zu denken: Das geschieht nach dem Willen Gottes zum Besten des Menschen! Denn alles, was auf der Erde, im Monde, in der Sonne und in allen Sternen geschieht, das geschieht alles zum alleinigen Besten der Menschen; denn nur im Menschen liegt der Grund und der Zweck aller Schöpfung im endlosen Raume. (a Matthäus.06,10; Lukas.22,42jl.ev10.032,06bjl.ev08.092,06jl.ev09.043,07jl.him1.293,11jl.him2.161,07jl.ev03.123,04jl.ev08.140,05)

06] Wenn ein Mensch also denkt und fühlt, so wird er auch in allen Zuständen seines diesirdischen Freiheits-, Bildungs- und Probelebens Ruhe finden und haben, und Gott wird ihn erretten aus jeder Not und wird ihn finden lassen den Weg des wahren Lebens, den Weg des Lichtes und aller Wahrheit.

07] Aber wer da ungeduldig wird und über dies und jenes, das er doch nicht ändern kann, murrt und oft sogar in seinem gemeinen Grimme Lästerungen über die ihm widrig vorkommenden Erscheinungen in dieser Welt denkt und offen ausspricht, der eignet sich die Liebe Gottes nicht an, sondern entfernt sich nur mehr und mehr von ihr, und das gibt keinem Menschen weder eine irdische und noch weniger eine jenseitige Ruhe und Glückseligkeit. Denn alles geschieht ja nur durch die Liebe Gottes, wie schon gesagt, zum wahren Wohle des Menschen. Erkennt der Mensch das dankbar in seinem Gemüte an, so nähert er sich auch stets der Liebe und der Ordnung Gottes und geht dann bald und leicht ganz in dieselbe über und wird dadurch selbst weise und mächtig; tut er aber das Gegenteil, so wird er denn auch stets dümmer und in allem schwächer und machtloser.

08] Ich weiß es wohl, daß es auf dieser Erde allerlei Vorkommnisse gibt, die dem Menschen nicht angenehm sein können. So gibt es oft eine lästige Hitze, also auch eine große Kälte; es gibt eine langweilige Nacht und manchen trüben Tag, das Feuer brennt und zerstört; das Wasser, so es sich über seine Ufer erhebt, verwüstet die Länder und tötet Menschen und Tiere, - und kurz: Alles, was du ansiehst in der ganzen Natur der Welt, kann dir den Tod geben, wenn du es unweise benutzest und dich in die Gefahr begibst.

09] Aber darum kann Gott doch nichts ändern in Seiner wohlgeordneten Schöpfung! Sollte etwa das Feuer nicht so glühheiß und brennend und zerstörend sein, wie es ist? Wozu würde es dann wohl tauglich sein? Oder sollte das Wasser nicht flüssig sein, damit Menschen und Tiere im selben, so sie hineinfallen, nicht des Leibes Tod fänden? Oder sollen die Berge nicht hoch und steil sein, damit von ihren Zinnen niemand herabfallen und dadurch auch den Tod finden möchte? Sollte es keine reißenden Tiere geben, keine Schlangen und keine giftigen Pflanzen, weil alles das dem Leben des Menschen gefährlich ist?

10] Ja, wenn der Mensch alles das seinem Leben gefährlich werden Könnende von der Erde verbannt haben wollte, da bliebe am Ende von der ganzen Erde auch kein Atom mehr übrig, und der Mensch selbst auch nicht! Es muß denn schon alles so sein und bestehen, wie es ist und besteht, und alles kann dem Menschen frommen, wenn er es nur weise benutzt; aber wer es unweise benutzt und somit nicht mit der Ordnung Gottes im Einklange wandelt, dem muß am Ende alles schädlich werden.«

11] Wer sich dann über die Schädlichkeit der Dinge und Einrichtungen in dieser Naturwelt ärgert und dabei gegen die Weisheit und Macht Gottes zu Felde zieht, der ärgert sich offenbar auch über Gott und verhöhnt Dessen Liebe und Weisheit; wer aber das tut, der lebt sicher nicht in Freundschaft, sondern nur in einer wahren Feindschaft Gottes des Herrn. Wird diese ihm wohl auch einen Segen bringen? Ich meine da, daß solch eine blinde Anfeindung Gottes dem Menschen zuerst Gott verlieren machen wird und der Mensch dann in seiner Gottlosigkeit kein Lebensglück mehr wird zu erwarten haben, so lange hin, als er sich nicht bekehren und Gottes Liebe, Weisheit und Ordnung in allem hochlobend anerkennen und mit der Zeit auch klar einsehen wird.

12] So dich aber der Sturm auf dem Meere ärgert, da bleibe auf dem festen Lande, so es auf dem Meere stürmt, und besteige erst dann ein Schiff, so des Meeres Sturmzeiten vorüber sind; wann aber diese am meisten und am heftigsten und anhaltendsten toben, das weiß ein jeder Mensch schon, der in der Nähe des Meeres wohnt und mit demselben auch immer zu tun hat.

13] Siehe, Freund, das sind auch weise Regeln, wer sie weiß und beachtet, der wird glücklich sein auch schon auf dieser Erde und wird Ruhe haben bei allen Erscheinungen und Begebnissen im irdischen Leben.«



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