Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 36. Kapitel: Die Wichtigkeit der Gedankenüberwachung.

01] Sagte Ich: »Du bist ja ein ganz entsetzlich scharf verständiges Wesen und hast das letzte Mosaische Gesetz gar scharf angegriffen! Ja, ja, manchmal sind die Kinder der Welt klüger als die Kinder des Lichtes; sie sehen oft aber das Eckige einer Lehre denn die Kinder des Lichtes. Doch auch bei diesem letzten Gebote hast du dich, ungeachtet der großen Schärfe deines Verstandes, geradeso verhauen wie bei den früheren.

02] a Du kannst denken, was du willst, so kannst du dadurch nicht sündigen, so dein Herz an einem unordentlichen Gedanken kein Wohlgefallen findet. Findest du aber an einem schlechten Gedanken ein Wohlgefallen, so verbindest du auch schon deinen Willen mit dem schlechten, aller Nächstenliebe baren Gedanken und bist nicht ferne davon, solchen Gedanken, der einmal schon von deinem Wohlgefallen und von deinem Willen belebt worden ist, in die Tat übergehen zu lassen, wenn dir die Umstände günstig erscheinen und die Tat ohne äußere Gefahr zulassen. Daher ist die weise Überwachung der im Menschenherzen vorkommenden Gedanken durch das geläuterte Licht des Verstandes und der reinen Vernunft ja doch von der höchsten Wichtigkeit, weil der Gedanke der Same zur Tat ist, und es könnte die notwendige und weise Überwachung der Gedanken wahrlich nicht trefflicher ausgedrückt sein als eben dadurch, daß da Moses sagt: a "Laß dich nicht gelüsten nach diesem und jenem!" Denn so es dich einmal stark zu gelüsten anfängt, so ist dein Gedanke schon belebt durch dein Wohlgefallen und durch deinen Willen, und du wirst dann deine Not haben, solch einen belebten Gedanken in dir völlig zu ersticken. Der Gedanke, und die Idee, ist ja, wie früher gesagt, der Same zur Tat, die da die Frucht des Samens ist. Wie aber der Same, so dann auch die Frucht! (a 2. Mose.20,17; Matthäus.05,282. Samuel.11,02Hiob.31,012. Petrus.02,14;  ⇒ jl.ev07.036,02-04*;  jl.ev07.032,08jl.ev08.012,15-16* jl.ev03.066,12-13*;  jl.ev07.035,11-12)

03] Du kannst daher denken, was du willst; aber belebe keinen Gedanken und keine Idee eher zur Frucht, als bis du ihn vor dem Richterstuhle deines Verstandes und deiner Vernunft gehörig durchgeprüft hast! Hat der Gedanke da die Licht- und Feuerprobe bestanden, dann erst kannst du ihn zur Frucht oder Tat beleben, und es kann dich da dann schon gelüsten nach etwas Gutem und Wahrem; aber nach etwas Unordentlichem, das offenbar wider die Nächstenliebe geht, soll es dich nicht gelüsten! Und darin liegt das, was Moses in seinem letzten Gesetze ausgedrückt hat, und es liegt darin wahrlich wohl nie und nirgends der Widerspruch mit den inneren Lebensfunktionen, den du mit Hilfe deines scharfsinnigen Rabbi willst gefunden haben. Was soll, ja was kann aus einem Menschen werden, wenn er nicht schon frühzeitig lernt, seine Gedanken zu prüfen, zu ordnen und alles Unreine, Böse und Falsche aus ihnen zu scheiden? Ich sage es dir, solch ein Mensch würde schlechter und böser werden denn ein allerreißendstes und bösestes Tier!

04] In der guten und weisen Ordnung der Gedanken liegt ja der ganze Lebenswert eines Menschen. Wenn nun Moses zur Regelung der Gedanken, Wünsche und Begierden auch ein Gebot gab, - kann da ein ganz weise sein wollender oder sein sollender Rabbi ihn dahin verdächtigen, als hätte er ein solches am allermeisten zu berücksichtigende Gebot nicht vom wahren Geiste Gottes empfangen? Siehe, siehe, du Meine liebe Tochter, wieweit sich da dein Rabbi verstiegen hat!«



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