Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 6, Kapitel 42


Die Entsprechungen der Brot- und Fischvermehrung

01] Solches merkte sich Johannes wohl; aber da er am meisten mit den geistigen Entsprechungen sich abgab und überall die Ursache, Wirkung und den Endzweck sehen wollte, so fragte er Mich noch um den Grund dieses Zeichens.

02] Und Ich sagte zu ihm: ”Du sollst wohl vor allem das Geheimnis des Reiches Gottes recht tief fassen, und so merke denn schnell: Diese Menschen sind die Welt, die allen ihren geistigen Nährvorrat aufgezehrt hatte. Nur bei einem einfältigen Knaben war noch ein reines, unverdorbenes Gemüt, ein wenig kindlichen Glaubens; darum fand sich bei ihm auch ein Vorrat von fünf Gerstenbroten und zwei Fischen.

03] Die fünf Brote bezeichneten, daß seine fünf Sinne noch rein und unverdorben sind und darum auch sein Gemüt und seine Seele, was sich auch dadurch gleich zeigte, daß er mit der größten Freude in Mein Verlangen willigte. Die zwei Fische aber, sich wie der Liebe Gutes und des Glaubens Wahres verhaltend, oder wie Liebelebenswarmes, wie ein Feuer und Lebensweisheitslicht, zeigten seinen kindlichen Glauben, sein Vertrauen und seine Liebe an. Zugleich aber stellte seine Einheit und persönliche Wenigkeit auch das dar, wie schwach und wie wenig nun in der Welt das Gute und Wahre aus den Himmeln mehr unter den Weltmenschen vertreten ist.

04] Noch aber bezeichnen die fünf Brote Meine Lehre an die Menschen. Sie scheint viel zuwenig zu sein für alle Menschen der Erde; aber sie wird sich vermehren wie diese Brote, und dennoch wird daraus selbst für die Weisesten, die im Geiste von Mir belehrt und gesättigt werden, für die ganze Ewigkeit stets neue und tiefere Weisheiten zu erforschen und zu erkennen endlos vieles übrigbleiben. Denn die zwölf Körbe entsprechen den zwölf Stämmen Israels und diese der Gesamtheit der göttlichen, nie erreichbaren Vollkommenheit in allem.

05] Das, Mein lieber Johannes, ist die Entsprechung dieses Zeichens, und dieser Menschen Sinn, Mich zu einem Weltkönige zu machen, ist ihr finsterer und verdorbenster Weltsinn, weil sie ein mächtigstes und gefürchtetes Weltvolk sein möchten und aufs Haupt schlagen allen ihren vermeinten Feinden, was der Tendenz Meiner Lehre schnurgerade dawider wäre. Und so denn werde Ich nun auch schnell entweichen. Ihr aber tut, wie Ich es euch gesagt habe!“

Rückzug Jesu vor der Menge auf einen Berg

06] Darauf versteckte Ich Mich hinter der Schar der Jünger in ein Gebüsch und drang durch dasselbe schnell bis zur vollen Höhe des Berges; denn für Mich fand sich bald ein gebahnter Weg vor, - nur für die Mir Nacheilenwollenden nicht. Hierauf machte sich das Volk an die Jünger und wollte sie ordentlich zur Verantwortung ziehen, darum, daß sie Mich hätten fortgehen lassen.

07] Da trat Johannes hervor und sagte: ”Ihr seid euer doch mehr, denn wir da unser sind! Warum mochtet denn ihr Ihn nicht aufhalten? Haltet auf den Sturm und den Blitz! Gebietet den Wogen des Meeres, wenn sie empört euch zu verschlingen drohen! Und ich, nur ein Jünger, vermag es euch kundzutun: Leichter und wirksamer mögt ihr den empörten Elementen Ruhe gebieten als den Willen des Gottmenschen beugen! Lasst euch darum belehren, und seid nicht so törichten Sinnes! Wie wollt ihr Den zu einem eitlen Weltkönige machen über die Juden, dessen Geist ein ewiger Herr ist über alles im Himmel und auf Erden! Solches habt ihr ja doch aus den vielen Zeichen, die Er vor euren Augen verrichtete, klar entnehmen können. Er braucht nur zu wollen, und es ist und geschieht, was Er will. Aber Seine Allsehe und Sein Wille reicht noch bis her, wie auch endlos weiter; daher seid nicht unsinnig, und begebet euch zur Ruhe, damit euch nicht etwas Unangenehmes begegne!“

08] Auf diese Rede des Johannes begaben sich viele zur Ruhe; aber einige murrten und wollten Mich um jeden Preis suchen gehen auf den Berg. Aber sie stießen bald auf derartige unübersteigbare Hindernisse, die zu besiegen die reinste Unmöglichkeit war, kamen bald ganz erschöpft von ihrer fruchtlosen Mühe zurück und konnten nun nicht begreifen, wie Ich über die fürchterlichsten Felswände emporgeklettert sei. Abwärts aber könnte Ich nirgends entwichen sein, da die möglichen Abgänge von diesem Rasenplatze alle von ihnen besetzt waren und sie Mich irgend hätten ersehen müssen. Kurz, sie sahen, daß sie nichts auszurichten vermochten, und fingen dann an, Rat zu halten, was da zu machen sein werde. Einige fragten die Jünger, was sie nun ohne den Meister tun werden, oder ob er wieder zurückkommen werde.

09] Die Jünger aber sagten: ”Was werden wir nun sonst wohl machen als ziehen in unsere Heimat gen Kapernaum! Daselbst wird Er wohl wieder zu uns kommen, wie und wann Er will.“

Die Jünger fahren ohne Jesus über das Meer nach Kapernaum.

10] Darauf fingen die Ärgsten an, sich davonzumachen; aber viele warteten noch und wollten sehen, was die Jünger tun würden. Als es schon gegen Abend hin zu werden begann, da erhoben sich die Jünger und gingen eilig hinab ans Meer, wo schon ein großes Schiff ihrer harrte - wie Ich es ihnen zuvor gesagt hatte -, das sie schnell bestiegen und noch eher abfuhren, als die vielen Menschen vom Berge herab an das Meer gelangen konnten; denn der Abweg war ziemlich beschwerlich und für die ungeübten Bergsteiger nur mit mancher Mühe und Vorsicht zurückzulegen. Da aber ging es nun nach der Stadt Tiberias, und viele mieteten da auch Schiffe nach Kapernaum. Einige fuhren gleich ab, andere wieder harrten, ob Ich nicht vom Berge käme und dann mit ihnen nach Kapernaum führe. Da Ich jedoch nirgends zum Vorscheine kam, so fuhren sie erst am Morgen dahin. (Johannes.06,16*)

  • Johannes.06,17] und traten in das Schiff und kamen über das Meer nach Kapernaum. Und es war schon finster geworden, und Jesus war noch nicht zu ihnen gekommen. (⇒ jl.ev06.042,11)

11] Die Jünger aber fuhren mit gutem Winde schnell über das Meer in der Richtung gen Kapernaum. Die Jünger aber meinten, daß Ich ihnen mit einem andern Schiffe nachfahren und sie einholen werde; denn die Fahrstrecke war eine ziemlich weite, und so war es schon ganz finster geworden, als sie noch eine ziemlich weite Strecke nach Kapernaum zu segeln und zu rudern hatten, weil sie da einen Gegenwind eine Zeitlang zu bekämpfen hatten. Sie schauten immer um sich, ob und von woher Ich etwa zu ihnen käme; aber Ich war noch nirgends zu ersehen und wahrzunehmen und war somit trotz ihrer großen Sehnsucht noch nicht zu ihnen gekommen. Da wurden sie traurig und sagten unter sich, Ich werde sicher erst morgens zu ihnen kommen. (Johannes.06,17*)

12] Als sie so dachten, da erhob sich plötzlich ein starker Wind, und das Meer fing an, hohe Wellen zu werfen. (Johannes.06,18*)

13] Da sagten die Schiffsleute: ”Die Segel schnell ganz einziehen, und alles greife kräftig zu den Rudern, sonst haben wir Unglück, so wir nicht bald in den Hafen kommen!“

Jesus wandelt zum zweiten Mal auf dem Wasser

Anm. d. Hrsg.: Eine nahezu identische Episode vom ersten Wandeln Jesu auf dem Wasser berichten Matthäus.14,22-33 und Markus.06,45-52, geschildert in Jesu Neuoffenbarungen in ev02.100-102

  • Johannes.06,19] Als sie nun gerudert hatten etwa fünfundzwanzig oder dreißig Feldwege, sahen sie Jesus auf dem Meer dahergehen und nahe an das Schiff kommen; und sie fürchteten sich. (⇒ jl.ev06.042,14)

14] Da griff alles zu den Rudern. Und als sie also gerudert hatten bei 25-30 Feldweges weit, da ersahen sie Mich auf dem stark wogenden Meere dahergehen bis an ihr Schiff; aber trotzdem sie das b schon einmal bei einem ähnlichen Falle von Mir erlebt hatten, so übermannte sie dennoch eine große Furcht. (Johannes.06,19*; b Matthäus.14,22-33 und Markus.06,45-52, ev02.100-102)

15] Da Ich das wohl sah, redete Ich sie alle an und sagte: ”Was fürchtet ihr euch alle denn? Seht ihr denn nicht, daß Ich es bin?“ (Johannes.06,20*)

16] Da wollten Mich die Jünger in das Schiff aufnehmen, da noch eine weite Strecke bis ans Land sich zeigte; aber als sie das wollten, siehe, da war das Schiff auch in demselben Augenblicke fest am Lande! (Johannes.06,21*)

17] Es machte aber das bei den neuen Jüngern, da sie so etwas noch nicht erlebt und auch nie gesehen hatten, ein übergroßes Aufsehen. Auch die Schiffer kamen ganz außer sich und meinten noch immer, Ich sei irgendwo gestorben und wandle nun als ein Geist sichtbar umher, vielleicht verwunschen von einem Zauberer, oder Ich sei selbst einer und habe den Wassergeistern befohlen, Mich übers Meer zu tragen. Denn die Schiffer waren Griechen, und somit auch Heiden, und konnten natürlich nicht anders urteilen, da sie vom wahren, geistigen Judentume wohl nur sehr wenig und wohl auch gar nichts wußten, darum sie denn auch bei ihrer Meinung bis auf ein späteres belassen wurden.

18] Wir aber begaben uns bald in eine uns wohlbekannte Herberge, allwo Ich schon einen Gichtbrüchigen, der samt dem Bette durch eine Dachöffnung zur Heilung ins Zimmer vor Mich hinabgelassen ward, geheilt hatte. Da wurden wir gut aufgenommen und auch sogleich bestens bewirtet. (Matthäus.09,01-08; Markus.02,01-12)



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