Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 97


Die rechte Betätigung der Nächstenliebe.

01] (Der Herr:) ”Aber Ich sehe nun in einigen von euch einen bösen Gedanken aufsteigen, den euch Satan geheim eingeflüstert hat! Der Gedanke aber lautet also: Euch hat es Mühe gekostet und viele Arbeit, dass ihr zu eurem Golde für euch und eure Nachkommen gekommen seid, und nun sollt ihr es vergeuden an solche, die in allerlei Trägheit ihr Leben verschleudert haben?! Lasst sie arbeiten und von euch ihr Brot verdienen, das ihr ihnen nach ihrem Verdienste stets nur karg zumessen mögt! Wer nicht arbeiten kann und mag, der soll zugrunde gehen wie ein Hund auf offener Straße!

02] Oh, Ich sage es euch, das ist ein schlechter Gedanke, der euch eingegeben ward! Wie soll ein Blinder arbeiten? Und doch ist er euer Bruder, der dasselbe Recht zu leben hat wie ihr, die ihr seht und hört und gerade Glieder habt. Wie sollen arme Greise und schwache Kinder verarmter Eltern arbeiten, denen dazu die nötige Kraft gebricht? Wie sollen Lahme und Krüppel arbeiten um euren Lohn, den ihr noch so karg als möglich zumessen wollt?

03] Wie sollen jene Menschen arbeiten, die von Tag zu Tag Arbeit suchen und nirgends eine finden? Denn zu wem sie kommen, der weist sie damit weiter, dass er derzeit keine Arbeit für sie habe. Und doch verweiset ihn euer böser Gedanke, Arbeit zu suchen, die er irgendwoanders ebensowenig wie bei euch finden kann. Aus dem Menschen wird endlich ein Bettler; den schmähet ihr dann und heißt ihn einen faulen Tagedieb. Aus einem andern wird ein Dieb; den fanget ihr wie ein reißendes Tier, mißhandelt ihn und werft ihn dann erst in einen Kerker. Aus einem dritten wird gar ein Raubmörder oder zum wenigsten ein gefürchteter Straßenräuber. So ihr den fanget, wird er verurteilt, in einen Kerker geworfen und kurze Zeit darauf qualvoll getötet.

04] Seht, das sind zumeist Erfolge eurer bösen Gedanken, die euch ganz geheim der Fürst der Finsternis eingehaucht hat zu allen Zeiten. Aber von nun an soll es nicht also sein! Solche Gedanken gehören der Hölle an, - aber in euren Gemütern sollen sie nimmer stattfinden.

05] Es wird nicht verlangt, dass ihr alle eure Habe darum an die Armen verteilen sollt, dieweil ihr Meine Jünger seid; aber weise Verwalter des euch anvertrauten Vermögens sollt ihr sein, auf dass ihr die unverschuldet Armen nicht darben und schmachten lassen mögt, wenn sie vor eure Türe kommen!

06] Seht an hier den Freund Ebahl aus Genezareth! Der hat, seit er ein Wirt ist, Tausende von allerlei einheimischen und auch weltfremden Armen beherbergt, und das nie mit Widerwillen oder mit einer Art Ängstlichkeit der Seinen wegen, - und doch ist sein Vermögen um nichts geschmälert worden! Er besitzt nun im Gegenteile so viele und große Erdenschätze, dass er sich dafür ein großes Königtum erkaufen könnte; aber er legt auf alle diese Schätze nur darum einen Wert, weil er dadurch um so mehr in den Stand gesetzt ist, noch mehr Armen kräftigst unter die Arme greifen zu können. Er denkt nicht an sein ganzes Haus und an seine Kinder nur so weit, dass sie alle in der Erkenntnis des einigen und allein wahren Gottes stark und kräftig werden; dafür aber sorge dann Ich für alles andere seines Hauses, und Ich stehe euch dafür, dass sein Haus an nichts je einen Mangel leiden wird!

07] Den Ängstlichen aber überlasse Ich die Sorge um ihr Haus und überschütte ihre Scheuer nimmer mit Weizen und Korn, und ihre Kelter soll nicht überfließen vom Weine. Ihrer Gärten Bäume sollen nicht strotzen vor Schwere Meines Segens, und ihre Teiche sollen nicht zu sehr getrübt werden vor zu großer Menge der edlen Fische, und ihre Herden sollen im Lande nicht die fettesten sein! Denn, wie her so auch hin, - und es ist nirgends zu erwarten ein zu großer Gewinn! Wer auf Mich schwach vertrauend baut, der soll auch ernten nach seinem Vertrauen! Ich werde jedermann geben nach seinem Vertrauen und nach seinem Glauben, der stets eine Frucht der Liebe zu Mir und zum Nächsten ist.

08] Seid darum stets und allzeit barmherzig, und ihr werdet dann auch bei Mir eben allzeit Barmherzigkeit finden! Wie ihr euch verhalten werdet gegen die armen Brüder und Schwestern, also werde auch Ich Mich verhalten gegen euch. Ich sage und rate es euch allen: Seid voll Dienstfertigkeit untereinander, überbietet euch im Wohltun, liebt euch wahrhaft untereinander, also wie auch Ich euch liebe, so werdet ihr aller Welt zeigen, dass ihr wahrhaft Meine Jünger und in eurem Geiste vollends Meine wahren Kinder seid.

09] Dies ist die Bestimmung aller Meiner Kinder, dass sie sich hier auf dieser Erde gleichfort üben sollen im einstigen großen Geschäfte in Meinen Himmeln; denn dort wird alles und allein nur die Liebe zu tun haben, und jede Weisheit, die nicht dem Flammenlichte der Liebe entstammt, wird in Meinen Himmeln für immer und ewig nie eine Aufnahme finden und ebenalso auch nichts zu tun bekommen!“



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