Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 3, Kapitel 139


Vom Wesen der Erde und des Mondes.

01] Sagt Cyrenius: ”So hört! Der Mond ist ein ungefähr um fünfzig Male kleinerer Weltkörper, als da ist unsere Erde, und begleitet die Erde stets auf ihrer großen Bahn um die Sonne; während die Erde einmal in 365 Tagen den großen Weg zurücklegt, hat sie der nahe Mond nahe dreizehn Male umkreist.

02] Bei diesen Umkreisungen muß der Mond notwendig auch verschiedene Stellungen durchgehend annehmen. Da er sonst ein ebenso finsterer Körper als unsere Erde ist, so wird er auch ebenso wie unsere Erde von der großen Sonne beleuchtet. Steht die Erde nahe zwischen der Sonne und dem Monde, so sehen wir den Mond ganz beleuchtet, und es ist da Vollmond; kommt aber darauf der Mond in ungefähr vierzehn Tagen infolge seiner raschen Bewegung nahe zwischen die Sonne und die Erde zu stehen, und bekommen wir dadurch nur sehr wenig von seiner beleuchteten Oberfläche zu Gesicht, so ist es Neumond.

03] Tritt aber der Mond irgendwie zufällig genau zwischen Sonne und Erde, wie das gestern der Fall war, so verdeckt er die Sonne und hält ihr Licht auf, auf einen gewissen Teil unserer Erde zu dringen, das heißt auf den, von dem aus durch den Mond hin bis zur Sonne sich eine ganz gerade Linie ziehen ließe, und da entsteht dann ganz natürlich eine Sonnenfinsternis; aber jene Teile der Erde, die sich nicht genau in der obbezeichneten geraden Linie befinden, werden von solch einer Finsternis nichts zu sehen bekommen, namentlich aber diejenigen schon gar nichts, die auf der uns entgegengesetzten Halbkugel unserer Erde sich befinden. Denn diese Erde, die wir bewohnen, ist ebensogut eine Kugel als die Sonne und der Mond und erzeugt nur dadurch Tag und Nacht, dass sie sich einmal um ihre Achse dreht und das im ganzen binnen vierundzwanzig Stunden, in welcher Zeit sie nach und nach alle ihre Länder und Meeresstriche vom Nord- bis zum Südpol unter die Sonne schiebt und sie beleuchten und erwärmen läßt.

04] Das ist allein die von den Weisen im geheimen wohlberechnete und klar eingesehene Wahrheit, wovon der Laie freilich nichts weiß, weil ihm zu solcher Einsicht die nötige Vorbildung mangelt und an der Seite solcher Lehrer, wie ihr es seid, auch mangeln muß; denn was man selbst nicht hat, kann man auch keinem andern geben. Und hättet ihr es auch, so würdet ihr es auch keinem Laien geben, weil euch der Laien Dummheit mehr einträgt als die triftigste Weisheit! Ich habe euch nun klar gezeigt, was der Neumond ist; aber nun zeiget auch ihr mir, was bei euch der Neumond ist!“

05] Sagt der Oberste: ”Was du, hoher Herr und Gebieter, uns nun gesagt hast, haben wir auf geheimen Wegen wohl auch schon in Erfahrung gebracht, und ich für meine Person bin auch sehr dafür; aber betrachte du dagegen die Schöpfungsgeschichte Mosis, und es läßt sich darin keine Spur von all dem entdecken, was du nun mir eröffnet hast und was mir nicht unbekannt war schon seit zwanzig Jahren.

06] Wir aber sitzen vor dem Volke natürlich notgedrungen als erste Hauptbekenner und Verkünder der Lehre Mosis, die dieser ganz begreiflich wahren Ansicht ex diamentro (entgegen) ist, auf dem Stuhle Mosis und Aarons. Was können wir da anderes tun, als höchstens ganz im stillen die bessere Überzeugung für uns behalten, dem Volke aber dennoch das vortragen, was wir von Moses überkommen haben!?

07] Es sollte heute einer aus uns nur versuchen, dem Volke eine andere Lehre als die Mosaische zu verkünden in was immer für einer Beziehung, und ich stehe dir dafür, dass er gesteinigt wird!.

08] Freilich sagen manche: dem, was Moses sagte, liege ein ganz anderer Sinn zugrunde, und es besage ganz etwas anderes, als was sich aus dem toten Buchstaben ersehen läßt. Auch das gebe ich für meine Person recht gerne zu; aber wie wäre solches dem großen Volke, das nicht erst wir, sondern unsere Vorfahren schon über alle Steine dumm gemacht haben, ohne Schaden beizubringen?! Fürs erste ist der geistige Sinn so tief verborgen, dass man ihn am Ende wohl selbst nicht klar genug herausfinden kann, und fürs zweite fragt sich's, wie man einem überfinsterst dummen, höchst abergläubischen Volke, dem alle höheren Wissenschaftselemente fremder als der Nordpol sind, etwas beibringen soll, von dem man sich, ganz offen gestanden, selbst noch nie eine ganz klare Vorstellung hat verschaffen können!

09] Darum ist da doch allervernünftigstermaßen nichts anderes zu tun, als das Volk beim alten Glauben zu lassen und selbst als Vorsteher der alten Lehre und Gesetze wenigstens im Angesichte des Volkes die Lehren und Gesetze strengst zu beachten; ist man aber allein, ohne dumme Zeugen, so tue und glaube man bei sich, was man als stetig wahr erkennt! Tut man anders, so wirst du diese schönen Lande nur zu bald im gräßlichsten Aufstande erschauen! - Nun magst du wieder reden und kannst mich zurechtweisen, so ich etwas Falsches in meiner Rede vorgebracht habe!“



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