Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 01, Kapitel 195


Jairuth und Jonael aus Sichar in Kis. Jairuths Engel schafft Speisevorrat von Kisjonahs Alpe herbei.

01] Als wir solches miteinander besprochen haben, waren wir auch am Ufer, und zwar gerade an Kisjonahs Landungsplatze, von wo aus man sogleich durch seinen großen und schönen Garten zu den weiträumigen Gebäuden und Wohnhäusern des Kisjonah kam, in denen zu unserem Empfange schon alles vorbereitet war. Denn Kisjonah hatte schon im Hause Barams geheim von Mir erfahren, dass Ich wieder zu ihm heimkehren werde, und so sandte er mittels eines kleineren Fahrzeuges sogleich Boten nach Hause, die ihre bestimmten Aufträge hatten.

02] Wen trafen wir aber noch dort? - Jairuth, den reichen Kaufmann von Sichar, der das alte Schloß Esaus bewohnte und innehatte, und den Jonael, den schon bekannten Oberpriester von derselben Stadt; beide wurden durch den Engel, der bei Jairuth war, dahin geführt; denn sie hatten gar wichtige Dinge mit Mir zu besprechen. Und so war das wahrhaft eine sehr angenehme Überraschung echt himmlischer Art.

03] Diese beiden, als sie Meiner ansichtig wurden, von innerster Freude durch und durch ergriffen, vermochten kein Wort über ihre Lippen zu bringen; sie legten ihre vor tiefster Rührung und Freude bebenden Hände auf ihre Brust und begrüßten Mich also mit aller Liebe ihres Herzens.

04] Ich aber sagte zu ihnen: »Meine lieben Freunde und Brüder! a Ersparet die Mühe eurer Zunge; denn die Sprache eurer Herzen gilt bei Mir in einem Worte mehr als tausend noch so schöne Worte von der Zunge gesprochen, von denen das Herz gar oft nicht viel weiß! (a Matthäus.06,07; Jesaja.01,15Jesaja.29,131. Könige.18,26.jl.ev01.195,04jl.ev02.111,04-07;  jl.ev03.036,05jl.ev03.112,08-10;  jl.ev03.209,03-04;  jl.ev04.001,13-15;  jl.ev10.032,04-05)

05] Erholt euch erst von eurer weiten und beschwerlichen Reise; dann erst will Ich euch kundtun, was ihr daheim alles zu tun haben sollt gegen den von den Erzsamaritern neben dir, du Mein Jonael, aufgestellten Oberpriester und Besorger des nichtigen, blinden Dienstes auf Garizim. Aber, wie gesagt, vor allem tut euch Ruhe und Erholung not, und so pflegt vorderhand dieser!

06] Du, Mein Bruder Kisjonah, aber bringe ihnen Erfrischung und bediene dich des Dieners dieser zwei aus Sichar hierhergekommenen Freunde; denn der ist nicht müde, und er wird dir schnelle und gute Dienste leisten und ist in deinem Hause schon so eingeweiht, als wäre er schon viele Jahre als ein erster Knecht bei dir im Dienste gestanden. Daher bediene dich nun nur ganz unbesorgt seiner und laß deine müden Leute auch eine Weile ruhen; es geht der Tag wohl schon zu Ende, aber es soll das deinem Haushalte keinen Eintrag machen, so die Müden heute früher zur Ruhe kommen als sonst; denn dieser Diener wird sie alle wohl vertreten.«

07] Sagt Kisjonah: »Herr, dass Dir alle Dinge möglich sind, davon bin ich allerlebendigst überzeugt und bin da ganz der Ansicht und des Glaubens unseres jungen Pharisäers Ahab; aber wie dieser allerzarteste mehr Knabe als Jüngling alle die noch vielen Arbeiten verrichten und uns alle, die wir nun doch mehrere Hunderte an der Zahl da sind, bedienen wird, das, Herr, ich zweifle zwar nicht im geringsten daran - ist mir aber etwas zu rätselhaft!«

08] Sage Ich: »Freund, du hast zu wenig Milch, Käse und Butter daheim; aber auf deinen Alpen gibt es einen großen Vorrat. Laß vorerst durch diesen Knaben allen deinen Vorrat von der Alpe holen; es ist besser, du hast den Vorrat hier als oben auf den Bergen, die heute in der Nacht von einer Horde wilder Skythen bestreift werden, ob da ein Raub zu machen wäre.«

09] Sagt Kisjonah: »Ah, nun geht mir schon ein Licht auf! Dieser Knabe wird sicher auch einer von denen sein, wie uns auf den Alpen drei gedient haben?« Sage Ich: »Nun ja, frage und rate nicht lange, sonst wird es zu spät!«

10] Kisjonah begibt sich nun schnell zum Jünglinge hin und gibt ihm allerliebfreundlichst seinen Wunsch kund. Sagt der Jüngling: »Sei du, lieber Freund Meines Herrn und Gottes, ganz ruhig; in wenig Augenblicken wird alles in der besten Ordnung sein, denn bei mir ist hier und dort und überall eins, und unter meiner Füße Gewalt, wenn ich auch einer der Schwächsten bin, muß dennoch die ganze Erde erbeben!«

11] Über solche Rede erstaunte Kisjonah übergewaltig und konnte sich von der Möglichkeit durchaus keinen Begriff machen und merkte vor lauter Staunen kaum, dass der Jüngling bei den letzten Worten das Zimmer verließ, um seinem Auftrage nachzukommen.

12] Kisjonah aber war noch lange mit seinem Staunen nicht fertig und wollte Mich gerade fragen, wie solches denn doch möglich wäre, da stand schon der Jüngling ganz geschmeidig vor ihm und sagte lächelnd: »Nun, du sinnest noch nach, wie solches möglich wäre, und siehe, ich bin schon mit allem in der Ordnung! Sogar was deine Schreiber, da heute ein starker Mauttag war, nicht vermochten bei all ihrem redlichsten Fleiße in die Tages- und Rechenbücher einzutragen, darin habe nun ich ihnen in aller Schnelligkeit überholfen - so, dass sie nun vollends frei und arbeitslos sind!«

13] Kisjonah, ganz verblüfft, weiß gar nicht, wie es ihm bei dieser Geschichte zumute ist, und sagt ganz voll Staunens: »Aber Liebster, wie ist das möglich?! Du hast ja noch kaum das Zimmer verlassen und solltest nun schon mehr getan haben, als solches alle meine Leute in einer Woche bei all ihrem Fleiße vermöchten? Das ist mir denn doch ein wenig zu unglaublich! Du müßtest nur tausend Hände und des Blitzes Schnelligkeit besitzen?!«

14] Sagt der Jüngling: »Nun, so gehe denn hinaus und überzeuge dich von allem!«



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