Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 3, Seite 087


24] Siehe, da wolltest du denn wieder gehen. Allein es geschah wie früher, daß du denn doch wieder bliebst und dich ganz langsam zum Tische wieder niederließest und folgende Worte zu deiner Entschuldigung an die W. zu richten anfingst: Wilhelmine! jetzt aber seien Sie ruhig und hören Sie mich an, denn wenn Sie Mutmaßungen in sich wider mich hegen, so gestaltet zwar, daß ich offenkundig daraus ersehen muß, daß Sie sich in Ihrem Herzen ganz grundfalsch berichtet haben, so ist es nun meinerseits nichts mehr als eine brüderliche Pflicht, Sie in Ihrem gewaltigen Irrtums getreu zu berichtigen. Sehen Sie mir so recht fest ins Gesicht, ja in mein offenes gesundes Auge sehen Sie mir, und fragen Sie sich dann selbst, ob ich denn wohl so faustdick hinter den Ohren halte! Meinen Sie denn, ich würde Sie deshalb mit Verachtung ansehen, weil Sie derzeit etwas gewisserart tun, was wenigstens derzeit mit meinen Grundsätzen aus reiner Liebe zum Herrn sich nicht gar wohl vereinigen läßt? - O sehen Sie mir in mein offenes Auge, schaut denn da wirklich etwas so Verächtliches heraus? Hätten Sie meine Augen, so würde Ihnen gewiß ganz sonderbar zumute, so Sie Ihre Brüder und Schwestern sähen mit verbundenen Augen frohwandeln über unabsehbaren Abgründen und Klüften, daraus an eine Erlösung sehr schwer mehr zu denken ist für den unglücklichen Blinden, der da hinabgestürzt ist!

25] So Sie jemanden sähen einen Giftbecher ergreifen, daß er ihn austränke bis auf den letzten Tropfen des Todes, wie würde es Ihnen dann zumute, besonders wenn Sie schon einige Spuren der tödlichen Wirkung durch die Adern des Trinkers bemerkten! - Nun, was meinen Sie, was würde das wohl für Wirkungen auf Ihr Gemüt bringen? Oder so Sie mit diesen meinen Augen jemanden sähen auf dem Eise eines gefrorenen Stromes sich ganz unbesorgt herumtummeln, während die Fluten unter dem Eise zu wachsen anfangen und die Eisdecke hier und da zu bersten begänne, und der Mensch wegen seiner Taub- und Blindheit weder Ihre Stimme noch das Krachen der Eisschollen vernähme, ja, und wenn Sie noch dazu bemerkten von ferne her schon hohe Fluten über dem Eise Bergen gleich daherwogen! Fragen Sie sich, wie es Ihnen dann zumute würde und was alles Sie dann tun möchten zur Rettung des fröhlichen Tauben und Blinden. Würden Sie nicht sehnlichst wünschen und beten, daß der Mensch sich nur dem Ufer nähere, daß Sie ihn ergriffen und abzögen von solcher Gefahr, die mit jeder Minute und Sekunde drohender und drohender wird!? - -



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