Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


11] »Siehe, der Herr hat mich einen Schatz finden lassen im sumpfigen Walde! Es ist ein artiger Knabe. Siehe, dieser ist doch gewiß vater- und mutterlos, daher lasse uns seine Eltern sein! Denn wo zwölfe essen, da soll auch das dreizehnte nicht zugrunde geben. Und müßte ich betteln für dich und unsere zwölf Kinder, so wird das dreizehnte auch keinen Unterschied in unserer Not machen!« - Und sogleich nahm mir mein getreues Weib das Kind vom Arme, küßte und pflegte es bis zur Stunde gleich den eigenen. - Daher, o edler, guter Fürst, wolle nicht zürnen, daß ich dir solches verschwiegen habe!«

12] Und siehe, da der Fürst solches vernommen hatte, ging sein Herz über, seinem Auge entrollten freudige Tränen des Mitleids und er lobte darob den Alten gar sehr, sagend:

13] »Solches zu vernehmen, macht mir eine große Freude! Und da ihr so stilledel gehandelt habt und dem Fremden bei eurer Dürftigkeit ein Vater wart und ehedem ein Retter seines Lebens, so will ich von nun an euer aller wohlbesorgter Vater sein! Und da das fremde Kind eine Waise ist, so führt es zu wir, und es soll keine Waise hinfort mehr sein! Denn Ich bin sein Vater und die Fürstin seine Mutter. Und nun verlaßt diese Wohnung und kommt mit mir, meine große Burg wird wohl Raum für euch haben. Da aber, wo diese Wohnung steht, soll ein ewiges Denkmal errichtet werden und euren Namen führen.«

14] Nun siehe du, Mein lieber A. W., diese Geschichte und lerne von ihr das, was du wissen möchtest! Denn Ich bin der Fürst, du bist der arme Mann und dein Notkind ist der gefundene Fremdling im Walde!

15] Tue, so viel du kannst, und denke nicht: wie, wann, wo, wofür, zu was, warum und wodurch? - noch wozu du den vom Mutterleibe aus Kranken und Schwachen wohl füglich verwenden könnest? - Siehe, es wird sich gar wohl finden. Führe ihn nur recht fleißig zu Mir, den Engel in seiner schwachen Prüfung (d.h. in seiner ihm zur Prüfung auferlegten Schwäche), und sei dabei voll Heiterkeit und habe ein aufmerksames Auge auf ihn! Und du wirst so manches an ihm erleben, das dir innerlich gut zustatten kommen wird.



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