Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


07] Das ist nun das Materielle, was ihr beobachtet habt. - Allein Ich hatte euch auch vorhinein von gewissen, euch noch bis dorthin fremd gebliebenen Gefühlen vorhergesagt. Nun frage Ich euch, habt ihr auch davon etwas wahrgenommen? - Ja, sage Ich, denn wenn Ich etwas verspreche, dann halte Ich auch pünktlich Mein Wort. Und Ich sage euch, ihr hättet noch viel mehr empfunden, wenn ihr in euren Gefühlen geblieben wäret.

08] Allein Ich muß euch hier auf einen bei den Menschen allgemein vorkommenden Fehler aufmerksam machen, durch welchen sich die Menschen um eine große Seligkeit diesseits bringen. Und dieser Fehler besteht darin, daß, so die Menschen etwas Außerordentliches erwarten, dann spannen sie ihre Erwartungen (oft) so hoch und weit über sich, daß auf diese Art, durch die erwartende Tätigkeit, alles Herrliche und Erhabene, das in ihnen vorgeht, unbeachtet gelassen wird, während ihre Blicke, Ohren und sämtliche anderen Sinne weit und breit, ja wenn's möglich wäre, sogar die Unendlichkeit überblicken und überfühlen.

09] Seht, das ist auch so bei euch ein kleiner Fehler gewesen. Ihr habt eure Blicke auf äußere Außerordentlichkeiten gewendet und habt gewisserart erwartet, daß ein solches vorbenanntes Gefühl gleich einem unsichtbaren Vogel in euch hätte hineinfliegen und dann in euch gewisse zauberhafte Wirkungen hervorbringen sollen.

10] Darum merkt euch für ein nächstes Mal dieses kleine Gleichnis:

11] »Einst fuhr ein großer König in eine fremde Stadt. Alles Volk ging ihm bis weit aus der Stadt entgegen, um da den großen König und seinen herrlichen Einzug zu sehen. Der große König aber war durchgehends kein Freund von so großartigem Majestätsgepränge. Er stieg noch weit vor der Stadt aus seinem goldenen Wagen und mietete ein unansehnliches Fuhrwerk, befahl seinem Hoftrosse, langsamer zu fahren, er aber fuhr eilends auf diesem unansehnlichen Fuhrwerke, von allen ihm entgegenströmenden Menschen unbemerkt, in die große, seintwegen fast ganz menschenleere Stadt.

12] Als er daselbst anlangte, wollte er eine Erfrischung haben. Er fuhr von einem Gasthause zum andern und fand eines um das andere leer, bis er endlich in ein ganz kleines Wirtshäuschen eintrat, woselbst ihnen ein weinender Diener entgegenkam und ihn fast unwillig fragte, was er möchte.



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