Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 3


Kapitelinhalt 51. Kapitel: Henochs Gespräch mit König Lamech über die Wahrheit. Vom Gehorsam und der Ordnung des Herzens. Der Zug des Volkes nach dem Bergtempel. (01.06.1843)

01] Es fragte aber noch der Lamech in der Geschwindigkeit den Henoch, in welcher Ordnung der Zug auf den Berg geschehen solle.

02] Der Henoch aber beschied den Lamech mit folgenden Worten: »Bruder Lamech, siehe, ich könnte es dir wohl sagen; aber es ist mir und dem Herrn lieber und angenehmer, so du solches entweder in dir selbst findest, oder dich von dem weisen Manne bescheiden läßt und dir weisen lässest die rechte Ordnung von ihm!

03] Und es wird dir solches mehr frommen, weil du es entweder ganz auf deinem Grunde wirst gefunden oder doch wenigstens aus deinen Weisen überkommen haben, die dir näherstehen denn ich, - ganz besonders aber der weise Mann, der dir ums unvergleichliche nähersteht denn ich!«

04] Der Lamech aber entgegnete dem Henoch: »Bruder Henoch, aber die Wahrheit bleibt doch Wahrheit, und es wird in ihr das doch sicher keinen Unterschied machen, aus wessen Munde sie kommt?! Wenn du mir demnach aber denselben Bescheid geben kannst, den mir der weise Mann geben kann, da sehe ich im Ernste nicht ein, warum ebendieselbe Wahrheit aus dem Munde des weisen Mannes besser sein solle, als so sie käme aus deinem Munde!«

05] Der Henoch aber entgegnete ihm: »Der Mensch sieht nicht alles auf einen Blick ein; daher soll es dich auch nicht wundern, wenn du nun so manches nicht einsiehst; gehe aber nur hin und folge meinem Rate, und es wird dir mit der rechten Zeit schon auch die Einsicht werden, derzufolge du erkennen wirst, warum man einen nahe stehenden Redner leichter versteht als einen, der da aus einer Entfernung spricht!«

06] Und der Lamech erwiderte dem Henoch: »Geliebtester Bruder, deine Worte klingen zwar etwas rätselhaft und lassen mich im tiefen Hintergrunde etwas Großes ahnen; aber dessenungeachtet bleibe ich bei meinem Grundsatze, daß die Wahrheit stets unverändert Wahrheit bleibt, ob sie aus dem oder aus jenem Munde kommt!

07] Wenn zum Beispiel du, ich, die Naeme, der weise Mann und gar auch die Schlange sagen müssen: 'Gott ist der Herr Himmels und der Erde!' wird das nicht aus jedem Munde eine und dieselbe ewige Wahrheit sein?«

08] Und der Henoch sagte darauf zum Lamech: »Bruder, ich sage dir, laß dich nicht ein in derlei Grübeleien, aus denen wenig gute Früchte erwachsen können!

09] Gehorsam aber in billigen Dingen ist besser als alle noch so feine Grübelei; daher tust du besser, so du alsbald tust, was ich dir geraten habe, als wenn du noch so fein zu grübeln anfangen möchtest!

10] Wenn du aber schon vor mir grübeln möchtest in weiser Art, da sage ich dir im voraus: Du wirst den Kampf mit mir nicht bestehen!

11] Denn solange du nicht weißt, warum der Stein hart und schwer ist, und weißt nicht, woher die Winde kommen, und kennst nicht ihr Vaterland, und woher das Meer seine Nahrung hat und die Erde ihr Futter, und auch nicht weißt die Wege, die Quellen zu erforschen in der Erde, und nicht kennst die Geburtsstätte des Feuers, und nicht verstehst die Sprache der Tiere und der Pflanzen und so noch gar vieles, das dir noch fremder ist denn der Abgrund des großen Meeres, so lange auch laß es mit allen Grübeleien nur gut sein; denn du wirst da nichts herausbringen, da das allein Sache des Herrn ist und Er es geben kann, wem Er es will!

12] Daher folge mir, und tue, wie ich dir geraten habe; denn nur auf dem Wege des Gehorsams, welcher eine wahre Frucht der Demut ist, kannst du zur wahren, inneren Weisheit Gottes in dir gelangen!

13] Wenn du dich aber vor Menschen rechtfertigst, da suchst du ihr Lob; ich sage dir aber, das ist eitel, wie das Lob der Menschen eitel ist.

14] Willst du aber bei Gott angenehm sein, so mußt du dich möglichst tief demütigen vor Ihm; dadurch wirst du Ihm ein höchstes Lob darbringen, und Er wird dich lieben mit Seiner göttlichen Fülle!

15] Siehe, das ist die rechte Weisheit aber, daß wir Gott lieben über alles! Also gehe hin und tue nach meinen Worten! Amen.«

16] Hier ersah der Lamech die Macht Henochs und folgte ganz zerknirschten Herzens dem Rate Henochs, ging sogleich zum weisen Manne hin und fragte ihn um die Ordnung des Zuges auf den Berg.

17] Der Mann aber sagte zu ihm: »Höre, Bruder, die beste Ordnung vor Gott ist die Ordnung des Herzens! In dieser Ordnung sollst du auch ziehen mit uns allen auf den Berg!

18] Jede andere Ordnung aber ist eine äußere Rangordnung nur, welche aber vor Gott ein Greuel ist. Siehe aber an, wie Gott die Kräuter und das Gras auf dem Felde ordnet, und du wirst daraus klar entnehmen können, welche Ordnung Gott am angenehmsten ist!

19] Mache daher im Zuge keinen Unterschied, und der Herr wird mit dir sein! Das ist Mein Rat; hast du aber einen besseren, da folge ihm!«

20] Hier sagte der Lamech nichts mehr, sondern verkündete sogleich den freien Aufbruch auf den Berg; und alles erhob sich und zog bunt durcheinander auf den Berg.



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