Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 233. Kapitel: Weitere Urteile des Wirtes über die Juden.

01] Der Wirt ging vors Haus, um zu sehen, ob die Karawane ankomme, und richtig brauchte er nicht lange zu warten, so kam auch die Karawane, auf Kamelen und Eseln reitend, an, und es waren auch des Wirtes Knechte bei der Hand, um die Kamele und Esel zu versorgen samt dem Packwerk, mit dem sie beladen waren.

02] Die Menschen aber traten ins Haus, und der Wirt führte sie sogleich ins zweite Zimmer und sagte zu ihnen: »Hier sind schon die Diener; was ihr wünschet, mit dem werdet ihr auch bedient werden!«

03] Dann begab sich der Wirt sogleich wieder zu uns heraus und sagte zu Mir: »O du mein wundersamer, liebster Freund! Mit diesen jetzt angekommenen Gästen werde ich mich nicht soviel abgeben; denn ich habe sie gleich erkannt, da sie Kaufleute aus Jerusalem sind, in deren Gesellschaft sich auch drei Leviten befinden, die auch Handel treiben.«

04] Sagte Ich: »Ich hätte dir das schon im voraus sagen können; aber es wäre dir das nicht angenehm gewesen. Da du aber jetzt weißt, mit wem du es zu tun hast, so wirst du auch wissen, wie du mit diesen Menschen umzugehen hast, um mit ihnen möglichst gut auszukommen.«

05] Sagte der Wirt: »Die können auch meine noch vorrätigen Fische verzehren, die gerade nicht schlecht sind, weil sie gleich nach dem Fange gebraten und gut gesalzen worden sind; dann haben sie Brot und Wein, und damit werden sie sich schon begnügen müssen. Ich besitze wohl auch geräuchertes Schaf- und Ziegenfleisch; wenn sie es haben wollen, kann auch davon für sie etwas zubereitet werden, obschon die Juden das geräucherte Fleisch nicht genießen, besonders wenn sie unter sich sind, - wenn sie aber zu uns Heiden kommen und so recht hungrig sind, da essen sie alles, gleich was wir ihnen vorsetzen mögen.«

06] Sagte Ich: »Das werden sie auch jetzt tun, und du hast wohl daran getan, daß du sie in ein anderes Zimmer gesteckt hast!«

07] Der Wirt ging nun in die Küche und sagte es seinem Weibe, was sie den neu angekommenen Gästen zu geben habe.

08] Das Weib aber hatte schon ihre Fische auf einem Rost über die Kohlen gelegt und war mit der Herrichtung beschäftigt.

09] Es kam aber einer dieser Gäste in unser Zimmer, um mit dem Wirte zu reden, ob er keinen besseren Wein habe.

10] Sagte der Wirt: »Hier in der Nähe des Toten Meeres wächst kein besserer, und so müßt ihr euch schon mit dem begnügen.«

11] Der Gast aber bemerkte, daß Jericho auch in der Nähe des Toten Meeres liege, und doch hätten sie dort einen vortrefflichen Wein zu trinken bekommen.

12] Sagte der Wirt: »Dieser Ort hier ist kein Jericho, und wir haben auch nicht das Vermögen dazu, unsere Keller mit dem vortrefflichen Cypernweine zu versehen! Daher müssen wir uns schon mit dem begnügen, was unser kleines Landstückchen uns als Ernte bescheidet (beschert)!«

13] Als der Gast einsah, daß er mit dem Wirte nichts ausrichten konnte, da begab er sich wieder zu seinen Gefährten in sein Gastzimmer.

14] Nachdem dieser sich wieder bei seinen Gefährten befand, da sagte der Wirt zu Mir: »Ich habe schon besseren Wein, und es tut mir nun leid, daß ich ihn dir und deinen Gefährten aus demselben Grunde vorenthalten habe, aus dem ich ihn nun diesen zweiten angekommenen Gästen vorenthalte. (Aber dies) versteht sich leicht von selbst, - denn ich hielt auch euch für Juden; daß ich aber mit den Juden durchaus kein Freund sein kann, davon habe ich euch den Grund dargetan. Aber ich habe von eurer Seite nur zu bald erkannt, daß ihr wohl dem Äußern nach dem Judengeschlechte angehört; aber euer Inneres scheint weit erhaben zu sein über das gegenwärtige Judentum.

15] Ah, die alten Juden noch unter der Zeit ihrer Richter waren ganz andere Menschen, als diese nun sind! Ich bin auch ein wenig bewandert im Altertume der Juden; aber die gegenwärtigen Juden sind schlechter als schlecht! Sie geizen nur nach irdischen Schätzen und irdischem Ansehen und lassen dabei ihren Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs samt den alten Propheten - wie man zu sagen pflegt - ganz gute Wesen sein; aber ich bin der Meinung, daß auch nicht einer von den besonders hohen Jerusalemern mehr an einen Gott oder an einen Propheten glaubt. Ich gehöre zwar auch nicht zu jenen Menschen, die irgend zu besonders an eine oder die andere Gottheit glauben, aber ich habe immer vor der Wahrheit jener Weisen Ägyptens und Griechenlands die gerechte Hochachtung, weil ich durch solche Wahrheit erst zu einem Menschen geworden bin.

16] Ich habe mich zwar auch schon dann und wann mit euren Propheten abgegeben, aber sie dann wieder auf die Seite gelegt, weil sie mir zu unverständlich waren; denn der althebräischen Sprache, und noch weniger ihrer Schrift, bin ich weniger mächtig als der griechischen Sprache, in der ich geboren bin. In diese meine Muttersprache aber sind diese hebräischen Werke noch nicht übersetzt, sondern nur bruchstückweise in die römische, und somit ist es begreiflich, daß ich in der altjüdischen Weisheit überaus schwach bewandert bin.

17] Nur eines ist mir - soviel ich verstanden habe - aufgefallen, und das besteht darin, daß die Juden auf irgendeinen neuen König hoffen, der mit großer Macht und Kraft kommen und für die Juden ein großes, mächtiges und unbesiegbares Reich gründen wird. Aber ich bin der Meinung, daß dieser von den Juden erhoffte König noch sehr lange wird auf sich warten lassen, und sie werden sich die römische Oberherrschaft auch noch so hübsch lange hin gefallen lassen müssen.

18] Es wäre auch ewig schade, so sich irgend aus dem tiefen Asien heraus ein weiser und mächtiger Held erheben möchte, um das Judengesindel von der römischen Oberherrschaft zu befreien. Ich weiß zwar nicht, oh ich recht habe oder nicht, - aber meine Vernunft, die ich den griechischen Weisen zu verdanken habe, wie auch mein so ziemlich aufgehellter Verstand sagen es mir, daß ich über dieses Volk ein rechtes Urteil fälle!

19] Du, lieber Freund, bist offenbar weiser als ich und wirst mir hoffentlich nicht völlig unrecht geben; denn wie ich schon ehedem bemerkt habe, so ist dieses Volk ganz dazu geeignet, jedes dasselbe beherrschende Oberhaupt am Ende vom Throne zu stürzen und es zu steinigen! Und ich habe dich daher auch aufmerksam gemacht, ja nicht nach Jerusalem zu gehen und dich mit deiner wunderbaren Weise erkenntlich zu machen; denn dieses Volk zu Jerusalem kann niemanden brauchen, der irgend ersichtlich weiser wäre als dieses hochmütige Volk selbst.«



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