Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 10


Kapitelinhalt 21. Kapitel: Jesus über die Seelensubstanz und deren stufenweise Befreiung aus der Materie.

01] (Jesus:) »Was aber noch einen dritten Grund, den alle Meine Jünger wohl auch schon kennen, anbelangt, so wirst du ihn in der Folge auch noch genauer kennenlernen, als man ihn dir jetzt für deinen inneren Verstand begreiflich darstellen könnte. Nur so viel kann Ich dir jetzt sagen und andeuten, daß da alles und noch mehr, was diese Erde enthält von ihrem Mittelpunkte an bis weit über ihre höchste Luftregion hinaus, Seelensubstanz ist, doch bis zu einer gewissen Lösezeit in einem mannigfach härter oder milder gerichteten Zustande, darum sie dem fleischlichen Auge des Menschen auf dieser Welt, wie auch seinem Gefühle entweder als ganz tote, härtere oder weichere Materie ersichtlich und fühlbar wird. Dahin gehören einmal alle Steinarten, Mineralien, Erdarten, Wasser, Luft und alle noch ungebundenen Stoffe in ihr.

02] Dann kommt alles Pflanzenreich im Wasser und auf der Erde samt seinem Übergang ins Tierreich. In diesem Reich erscheint das Gericht schon milder, und die Seelensubstanz befindet sich schon in der Periode der vollkommeneren Löse, als sie es im früheren harten Gerichtszustande war, und die Sonderung und Einzelbildung in Hinsicht der Intelligenzwerdung eben der früher wie chaotisch gemengten Seelensubstanz in diesem zweiten Reiche ist denn darum auch in einer großen Mannigfaltigkeit sich befindend.

03] Aber die Seelensubstanz, so sie wegen der besonderen Intelligenzbildung im zweiten Reich einer großen Sonderung unterworfen sein mußte, muß im dritten Reich der Tiere, das noch um sehr vieles mannigfaltiger ist, wegen der noch vollendeteren Gewinnung der helleren und freieren Einzelintelligenzen zu einer stets größeren Einigung gebracht werden. Und darum vereinen sich da denn auch zahllose Kleintierseelensubstanzteile von verschiedener Art und Gattung in eine größere Tierseele, wie zum Beispiel in die eines größeren Wurmes oder eines Insektes.

04] Zahllos viele solche Insektenseelen von eben wieder verschiedener Art und Gattung, so sie ihrer sie bindenden materiellen Hüllen ledig geworden sind, vereinen sich dann wieder in eine Tierseele größerer und vollkommenerer Art, und das also fort bis zu den großen und vollkommenen Tieren teils noch wilder und teils dann sanfter Art; und aus der letzten Einung dieser Tierseelen gehen dann erst die mit allen möglichen Intelligenzbefähigungen wohlversehenen Menschenseelen hervor.

05] So ein Mensch in diese Welt geboren wird und wegen seiner vollen Freiwerdung noch einen Leib zu tragen bekommt, so ist das höchst weise von Gott schon also eingerichtet, daß er als eine vollständige Seele sich aller der notwendigen Vorzustände in ihren übergänglichen, aber noch immer gesonderten Beständen ebensowenig erinnern kann und mag, wie dein Auge die kleinen Einzeltropfen des Meeres, aus denen es besteht, sehen und unterscheiden kann. Denn wäre einer Menschenseele das gegeben, so würde sie diese Einung aus so endlos verschiedenen Seelensubstanz- und Intelligenzteilen nicht ertragen, sondern sich selbst allerhastigst aufzulösen trachten, gleichwie sich da auflöst ein Wassertropfen auf glühendem Eisen.

06] Um die Seele des Menschen zu erhalten, muß ihr eben durch die Einrichtung ihres sie einschließenden Leibes jede Rückerinnerung völlig benommen werden bis zur Zeit ihrer vollen inneren Einigung mit ihrem Geiste der Liebe aus Gott; denn dieser Geist ist gleichsam der Kitt, durch den alle die endlos verschiedenen Seelenintelligenzteile zu einem ewig unzerstörbaren Ganzwesen gefestet werden, sich in aller Klarheit durchleuchten, erkennen, begreifen und als ein vollendetes, gottähnliches Wesen Gottes Liebe, Weisheit und Macht loben und preisen.«



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