Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 9


Kapitelinhalt 145. Kapitel: Die Demut der Arbeiter im Weinberg Jesu.

01] Sagte nun Petrus: »O Herr und Meister, wir waren ja auch ehedem nicht ärgerlich, und wir werden um so weniger ärgerlich sein, da wir nun völlig klar einsehen, daß wir das nimmer hintanhalten können, was Du mit aller Deiner Allmacht nicht hintanhalten magst und willst. Was sich aber dennoch wird tun lassen mit Deiner steten Mithilfe, das wird auch geschehen; denn wir wollen für die Wahrheit allzeit mit unserem Leben gegen alle Feinde der Wahrheit einstehen, und bevor ich falle, werden im Notfall tausend Feinde der Wahrheit und des Lebens fallen. Denn wir wollen nicht nur Lehrer in Deinem Namen, sondern auch Helden sein und kämpfen mit Wort und Schwert gegen die Widersacher und Feinde der Wahrheit. Mit Deinem Namen im Herzen und im Schilde besiegen wir die ganze Welt! Verlasse nur Du uns mit Deiner Gnade niemals!«

02] Sagte Ich: »So ihr werdet bleiben in Mir, da werde Ich auch bleiben in euch. Ohne Mich aber werdet ihr nichts zu tun imstande sein.

03] So ihr aber mit Mir und in Meinem Namen alles werdet getan haben, da sagt es in euch: "Siehe, o Herr, wie wir doch stets als faule und unnütze Knechte in der Bearbeitung Deines Weinbergs vor Dir dastehen!" Denn wahrlich: wer sich selbst erhöhen wird, der wird erniedrigt werden; wer sich aber selbst erniedrigen wird, der wird erhöht werden!

04] Aber dabei sollt ihr doch zu niemandem "Herr" sagen; denn nur einer ist euer Herr und Meister, und Der bin Ich! Also sollt ihr zu niemandem "Vater" sagen; denn nur einer ist euer Vater, - Der im Himmel nämlich! Also sollt ihr auch niemanden gut und heilig nennen; denn nur Gott allein ist gut und heilig!

05] Ihr alle aber seid Brüder und Schwestern untereinander. Wer aber unter euch der Erste und meiste sein will, der sei aller Knecht und Diener! Denn in Meinem Reiche ist der Demütigste und Geringste und anscheinend der Letzte eben der Erste und Größte in aller Weisheit und Macht.

06] Nun wisst ihr, was ihr zu tun und stets zu beachten habt, um Mich und Meine Kraft und Macht in euch zu erhalten und mit ihr zu wirken; tut denn auch allzeit also, da werdet ihr auch verbleiben in Mir und Ich in euch!«

07] Hier trat noch unser Bootsmann zu Mir und sagte: »O Du lieber Herr und Meister. Du sagtest, daß man zu keinem Menschen "Vater" sagen solle, da nur Gott allein der Vater aller Menschen ist! Ich sehe wohl ein, daß Du auch völlig recht hast; nur weiß ich mir nun das im Gesetze Mosis nicht zu deuten, wie man sich das erklären soll, wenn da Moses sagt: "Ehre Vater und Mutter, auf daß du lange lebest und es dir wohlergehe auf Erden!" Hier nennt Moses, der große und mächtige Prophet Jehovas, den Zeuger der Kinder doch Vater, und so heißt es auch: "unser Vater Abraham, Isaak und Jakob!" Wenn wir als Kinder unseren Zeuger nun Vater nennen, begehen wir nach Deinem hier ausgesprochenen Worte irgend eine Sünde vor Dir, o Herr?«

08] Sagte Ich: »Am Worte selbst liegt nichts, sondern nur am inneren Sinn desselben! Darum mögen die Kinder immerhin ihren Zeuger "Vater" und ihre Gebärerin "Mutter" nennen; denn die Kinder können ja nicht fassen des Wortes Geist. Ihr aber fasst nun schon des Wortes inneren Geist und wisst es, daß die ewig allerhöchste und reinste Liebe in Meinem Herzen zu euch Menschen, die Ich zu Meinen Kindern erziehe und erhebe für ewig, der einzig und allein wahre Vater ist. Also, wohl verstanden, Freund, nur unter diesem Geistsinne im Worte sollt ihr zu niemandem "Vater" sagen!

09] Merke es dir noch hinzu, daß da ein jedes pur äußere Wort, so wie auch ein Buchstabe für sich, tot ist und niemanden zum Leben erweckt; nur der innere Geist im Worte - ob ausgesprochen oder mit Buchstaben geschrieben - ist es, der da lebendig macht jeden, der nach seinem inneren, lebendigen Sinne denkt, handelt und lebt. Wer aber nur nach dem äußeren Sinne des Wortes glaubt, handelt und lebt, gleich den Pharisäern, der bleibt tot auch gleich also, wie der pure Buchstabe des Wortes an und für sich tot ist. - Das also zu eurer Beruhigung!«

10] Die Fischer und alle dankten Mir für diese nachgetragene Erklärung und dachten sehr über alles wohl nach, was Ich ihnen hier am Morgen noch vor dem Aufgange der Sonne mitgeteilt und erklärt habe.

11] Da aber nun die Sonne sich in stark rötlicher Färbung über den Horizont zu erheben begann, umlagert von rosig schimmernden Wölkchen - was einen herrlichen Anblick gewährte -, da sagte der Wirt: »Schön und herrlich ist wohl solch ein Morgen anzuschauen; nur schade, daß derlei rosige Morgen beinahe nie auch einen ebenso rosigen Abend zur Folge haben! Man sagt schon von alters her: "Morgens Rosen, und abends Kot!" Herr und Meister, werden uns auch dieses Morgens Rosen für den Abend einen Kot bereiten?«

12] Sagte Ich: »Laß du nun, solange Ich bei euch und unter euch weile, der alten Astrologen Sprüche, die dann und wann sich wohl hie und da in der Tat bestätigen; denn Der, der ein Herr des Morgens ist, ist auch ein Herr des Abends! Wenn du dieses verstanden hast, so brauchst du dich vor dem Kote des Abends nicht zu fürchten.«

13] Als Ich das dem Worte gesagt hatte, da ward er froh; denn er war nie ein Freund von einem kotigen Abend.



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