Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 219. Kapitel: Das Leben Julius Cäsars im Jenseits.

01] (Der Herr:) »(Julius Cäsar:) "Ich war darob hoch erfreut und begab mich mit meinem Freunde an das Ufer des Sees. Der Schiffer stieg alsbald ans Land und sagte: "Da oben am Ufer des Sees, rechts landwärts, gibt es noch einen argen Sumpf, worin sich noch allerlei arges Geschmeiß aufhält und zuweilen die Luft dieser Gegend verunreinigt. Diesen Sumpf wollt ihr austrocknen! Tragt gutes Erdreich so lange hinein, bis die Sumpftiefe, die nicht bedeutend ist, ausgefüllt sein wird, und ihr werdet dadurch diese eure Gegend um ein bedeutendes verbessern und dadurch ein fruchtbares Stück Landes mehr haben!" Der Freund und auch ich dankten ihm mit Freuden für diesen Rat. Er fuhr darauf schnell wieder ab, und wir machten uns aber auch gleich an die wahrlich schwere Arbeit.

02] Im Hause fanden sich zu der angeratenen Arbeit auch gleich die nötigen Werkzeuge vor. Wir nahmen sie mit aller Lust und Freude, gingen an die bezeichnete Stelle und begannen zu arbeiten. Aber es ward mir beim Anblick des bedeutenden Sumpfes dennoch angst und bange; denn da gab es ein gar greulich aussehendes Geschmeiß aller Art und Gattung in einer solchen Menge, daß ich zum Freunde sagte: "Höre, bis wir den Sumpf austrocknen, vergehen auf der Erde mindestens hundert volle Jahre!"

03] Sagte darauf der Freund: "Was kümmern uns da die vergangenen Jahrzeiten der Erde! Hier gibt es keine solche Zeit, denn hier dauert ein und derselbe gleiche, ewige Tag, und unsere Zeit liegt in unserem Willen. Dieser Sumpf aber ist nur eine notwendige Erscheinlichkeit deiner inneren, deinem Herzen noch anhaftenden Unlauterkeit, und es ist hier vor allem deine Aufgabe, dich davon zu reinigen durch den ernsten Willen und durch die Geduld, die du auf der Erde gar nicht kanntest. Ich aber will dir helfen, und so wird auch dieser ekelhafte Sumpf bald und leicht in ein fruchtbares Land umgestaltet werden!"

04] Als ich das erfuhr, da festete ich meinen Willen und fing mit aller Geduld an zu arbeiten. Im Anfang hatte die Sache wohl das Gesicht, als wollte der Sumpf ewighin nimmer voll werden; aber nach und nach zeigte es sich doch, daß wir nicht vergeblich arbeiteten, und so ward der arge Sumpf denn auch bald mit guter Erde völlig ausgefüllt, das Geschmeiß wurde von der Erdlast erdrückt und begraben für ewighin, und wir gewannen ein gutes und schönes Stück Land und setzten auch bald eine neue Wohnhütte hin, die wir für die ankommenden Fremden in Bereitschaft halten, denen wir zumeist auf dieselbe Weise forthelfen, wie der besagte Freund mir fortgeholfen hat.

05] Der Schiffer aber ist seitdem schon mehrere Male bei uns gewesen und hat uns stets wieder neue Arbeiten angezeigt, die wir auch verrichteten und dadurch unsere Gegend in ein wahres Eden umwandelten. Ich wohne noch daselbst und verlange für mich auch nichts Höheres, Schöneres und Besseres. Lasse du demnach auf dieser Welt ab von allem, was da irdisch groß und wertvoll ist; denn bei uns hüben haben nur die wahrhaft edlen und guten Werke und Taten einen Wert!"

06] Sagte hierauf ganz verblüfft der gestrenge hohe Ratsherr zum Geiste des Julius Cäsar: "Wo befindet sich denn irdisch die von dir nun treulich beschriebene Gegend?"

07] Sagte Julius Cäsar: "Auf dieser Erde befindet sich die beschriebene Gegend wohl nirgends, kann aber örtlich dennoch auch überall vorhanden sein; denn wo ich bin, da ist auch die Gegend. Ich habe nach und nach das wohl kennengelernt, daß der Ort, die Gegend und alles, was mich in unserer Welt als scheinbar leblose Materie umgibt, aus mir - gewisserart wie ein Baum aus der Erde - hinausgewachsen ist, oder: ich selbst bin der Schöpfer der Welt, die ich bewohne. Ich und meine Freunde, weil wir von einer gleichen Liebe, vom gleichen Willen und somit auch von einer gleichen Denkweise sind, bewohnen darum auch eine gleiche Landschaft; aber es können auf demselben Punkte auch noch zahllos viele andere Geister wohnen, und ein jeder in einer anderen Gegend. Das ist der große Unterschied zwischen uns Geistern und euch noch irdischen Menschen."

08] Sagte der Ratsherr: "Das verstehe ich nicht! Wie können denn auf ein und demselben Punkte mehrere Gegenden und Landschaften vorhanden sein?"

09] Sagte Julius Cäsar: "Oh, ganz leicht, und am Ende sogar ganz natürlich auch noch dazu! Siehe, in ein und demselben Gemach schlafen zum Beispiel hundert Menschen, und alle träumen! Der eine ist in Rom, der andere in Athen, ein dritter in Jerusalem, ein vierter in Alexandria und so fort, ein jeder ganz woanders, und das so lebhaft, daß er am Tage nicht genug davon erzählen kann. Ja, wie möglich kann denn das wohl sein? Alle hundert in ein und demselben Schlafgemach - und doch ein jeder in einer ganz anderen Gegend?! Ja, wie ist denn aber das, wenn auf einem Felde sich Tausende von Menschen befinden und ein jeder in ein und demselben Momente etwas anderes sieht?

10] Siehe, also aber stehen ungefähr die Dinge und Sachen in der andern, oder besser, in unserer Geisterwelt! Der Unterschied zwischen unserer und dieser eurer Welt besteht bloß darin: Wir Geister wohnen so ganz eigentlich in unserer völlig eigenen Welt, ihr aber wohnt in der Gotteswelt. Denn unsere Welt ist das Werk unserer Gedanken, Ideen, Begierden und unseres Willens; diese Welt aber ist das Werk der Liebe, der Gedanken, der Ideen und des Willens Gottes,

11] Darum ist der Mensch das Ebenmaß Gottes, hat in sich die schöpferische Eigenschaft und kann sich im reingeistigen Zustande seine Welt selbst erschaffen und sonach in seinem vollkommenen Eigentume wohnen. Dieses wirst du nun doch verstanden haben?!"

12] Sagte der Ratsherr: "Dann sind die Menschen, die dich umgeben und mit dir umgehen, ja auch nur deine Werke und dein Eigentum in der Welt, die aus dir wie ein Traumbild hervorgegangen ist!"

13] Sagte Julius Cäsar: "Auch das zum Teil; aber ich könnte ohne ihr Wollen sie mir nicht vergegenwärtigen und noch weniger mit ihnen umgehen, sie sehen, hören und sprechen. Es hat aber das auch eine sehr bedeutende Ähnlichkeit mit dem diesirdischen Sehen, Hören und Fühlen der Nebenmenschen. Denn du siehst den wirklichen Menschen auch nicht, sondern nur sein Abbild in dir, fühlst ihn nur durch dein eigenes Gefühl und hörst den Ton seiner Rede in deinem Ohr, das also eingerichtet ist, daß es die durch die Luft zu ihm gelangenden Tone nachahmt. Bist du aber blind, taub und gefühlsstumm, so besteht für dich kein Nebenmensch, wenn er sich auch in deiner nächsten Nähe befände. Wenn du aber auch hörst, siehst und fühlst und dir in deiner Idee auch noch so viele Menschen vorstellst, so wirst du aber, (wenn kein Mensch da ist), dennoch keinen sehen, hören und fühlen.

14] Und so muß auch in der Geisterwelt der Geist, mit dem du verkehren willst, dasein zum wenigsten mit seinem Willen, seiner Liebe und seinem Erkennen. Ohne das bist du allein, oder die Menschen, die du auf Augenblicke siehst, sind nichts als Phantome deiner Phantasie, haben für sich kein Sein, keine Realität und können sonach mit dir auch in keinen Wechselverkehr treten; denn all das Ihrige bist du selbst.

15] Darin aber besteht auch der ewig gleiche und endlos große Unterschied zwischen Gott und uns Ihm ähnlichen Menschen, daß nur Gott allein aus Seinen großen Gedanken Menschen ins vollkommene, selbständige und ganz freie Dasein rufen kann, während wir Geister wohl Phantome, aber keine Realitäten ins erscheinliche Dasein stellen können. So ist auch die Welt, die ein Geist bewohnt, nur mehr ein Phantom denn eine Wirklichkeit; denn es haben mich vollkommenere Geister auch ihre Welt sehen lassen auf ein und demselben Flecke, und solche Welt hatte ein ganz anderes Aussehen denn die, welche ich bewohne. Doch das wirst du erst dann völlig verstehen und einsehen, wenn du selbst ein Bewohner deiner inneren Geisteswelt werden wirst.

16] Jetzt aber habe ich dir zur Genüge gezeigt, wie es mit dem Leben nach dem Abfall des Leibes steht; darum frage du uns nun um nichts Weiteres mehr!"«



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