Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 67. Kapitel: Die verschiedenen Stufen der Seligkeit vollendeter Seelen.

01] (Der Herr:) »Das steht also solch einer vollendeten Seele sicher und sogar notwendig bevor, und doch ist diese Eigenschaft einer lebensvollendeten Seele als ein mindester Grad der eigentlichen großen Seligkeit anzusehen, weil das allein eine vollendete Seele mit der Weile ebenso anzuwidern anfangen würde, wie es dich hier anwidern würde, wenn du diese noch so schöne Landschaft nur hundert Jahre nacheinander fort betrachten und bewundern müßtest.

02] Die größere Seligkeit einer Seele besteht doch offenbar nur darin, daß die vollendete Seele auch mit der wahrhaften göttlichen Schöpferkraft ausgerüstet und versehen ist und aus gottähnlicher Weisheit alles bewirken kann, was Gott Selbst auf ganz dieselbe Art und Weise bewirkt und hervorbringt.

03] Ein noch höherer und eigentlich schon beinahe allerhöchster Seligkeitsgrad einer vollendeten Seele aber besteht darin, daß sie Gott, den alleinigen Herrn und Schöpfer der Unendlichkeit, als ihren höchsten Lebensfreund fort und fort um sich haben und Ihn ohne alles Maß und ohne alle Grenzen lieben kann und mit Ihm in einem Augenblick die ganze geistige und materielle Schöpfung übersehen kann.

04] Das gar Allerhöchste der Seligkeit einer vollendeten Seele aber besteht darin, daß sie sich, als mit Gott durch die Liebe völlig vereint, auch in der vollsten göttlichen Freiheit befindet.

05] Wie aber das dir nun Gesagte völlig wahr ist, das kannst du allein an diesem Meinem jungen Diener schon mit deinen leiblichen Augen gar wohl entdecken. Du fragtest Mich schon ein paarmal, was es mit diesem Jungen für eine Bewandtnis habe, woher und wer er sei. Und nun will Ich es dir kundtun:

06] Siehe, dieser Jüngling ist schon lange ein reiner Geist, hat aber schon einmal auf dieser Erde als ein Mensch im Fleische gelebt! Sein Name war Henoch, und er war ein erster Prophet und Gotteslehrer der ersten Nachkommen Adams.

07] Da seine Seele in jener Urzeit der Menschen dieser Erde in der höchsten und reinsten Liebe zu Gott entbrannte, so löste eben solche Liebe seinen Leib in eine ätherische Substanz auf, mit der die freie Seele bekleidet ward und sofort für immer ein Erzengel der höchsten Himmel Gottes, das heißt der höchsten göttlichen Freiheit, wurde, was du wohl daraus ersehen kannst, daß sie hier zu nächst um Mich ist.«

08] Hier machte Agrikola große Augen und sagte: »Wie? Das wäre ein Geist, und das ein reiner und vollendeter auch noch dazu?! Er hat ja doch sichtbar Haut, Fleisch und Blut und ißt und trinkt wie unsereins!

09] Daß er Wunderbares gleich Dir bewirken kann, das habe ich mir also erklärt, daß er schon lange Dein Jünger sein werde und als solcher von Dir dazu die gehörige Weisheit und Macht erhalten habe; denn als einen ganz reinen Geist könnten wir Menschen ihn ja nicht sehen. So man ihn angreift, so fühlt man alles wie bei einem ganz natürlichen Menschen. Aber Du hast es nun gesagt, und ich muß es Dir glauben, obschon das all mein Denken noch mehr verwirrt. Wie hat denn dieser reine Geist nun einen Leib?«

10] Sagte Ich: »Ich habe es dir ja ehedem gesagt, daß wir nun so manches verhandeln können, weil wir dazu Muße haben, und so werden wir mit dem schon auch noch ins reine kommen. Siehe, da steht schon Mein Raphael - Henoch vor uns, und Ich sage dir nun, daß du das Weitere, was du wissen willst, mit ihm selbst verhandeln kannst; denn er wird dir ganz dieselbe Auskunft geben, die Ich dir geben würde, und was er dir sagen und zeigen wird, das wird er dir sagen und zeigen aus seiner selbständigsten Freiheit, Macht, Weisheit und Kraft, weil er sich solche aus Gott völligst zu eigen gemacht hat. - Und so magst du nun mit ihm deine Erforschungen beginnen!«



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