Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 229


Cyrenius bittet um Verdeutlichung der Gehirnlehre.

01] Sagt Cyrenius: ”Herr, aufrichtig gefühlt und gesprochen, um diese Deine Erklärung ganz richtig verstehen zu können, müßte man doch irgendeine Kunde vom Gehirn im Menschenkopfe haben, da man sich sonst doch unmöglich die Gehirntäfelchen, auf die entweder in der rechten Bildungsweise die seelisch-geistigen Bilder oder bei der schlechten und verkehrten Bildungsweise die materiellen, groben Weltbilder zuerst gezeichnet werden, irgend richtig vorstellen kann und noch weniger, wie auf solche Täfelchen die verschiedenartigen Lebensbilder gezeichnet werden.

02] Wäre es Dir, o Herr, denn nicht genehm da Dir doch alle Dinge möglich sind -, uns so ein Beispiel oder Ebenbild eines Gehirntäfelchens, sowohl des Vorderhauptes wie auch des Hinterhauptes, vorzustellen, auf dass wir dann auch eine richtige Vorstellung von dem,was Du Selbst als Wichtigstes zu erkennen angeraten hast, überkommen möchten?! Denn wenn man bei einer so ungeheuer wichtigsten Belehrung sich von einer dabei vorkommenden Sache keinen völlig richtigen Begriff machen kann, so muß dann offenbar auch das Ganze darunter leiden!

03] Unsere Seele ist sicher noch viel zu lichtlos, um selbst des Hauptes Gehirntäfelchen sowohl ihrer Form als auch ihrer Brauchbarkeit nach richtig zu beurteilen oder gar hellseherisch zu beschauen, um sich selbst davon einen rechten Begriff zu schaffen. Es ist also notwendig, dass uns schwachseelischen Weißen wenigstens von jenem Organismus unseres Leibes eine richtige Kenntnis verschafft wird, von dessen gerechter Ausbildung des Menschen Lebenswohl oder -übel sozusagen nahezu ganz allein abhängt. Wenn, wie gesagt, o Herr, es Dir genehm wäre, so möchte ich wohl gerne so ein oder mehrere Gehirntäfelchen zu sehen bekommen; aber auch, wo tunlich, mit den rechten und dann mit den unrechten Zeichnungen!“

04] Sage Ich: ”Ich wußte es ja,dass Ich euch darauf hinbringen werde, wo ihr das Mangelnde an euch selbst erkennen und ein rechtes Bedürfnis fühlen würdet, die Lücken in euch auszufüllen; und siehe, dies dein Verlangen ist Mir lieber denn ein anderes, laut dessen du dich ehedem nahezu aufgehalten hast, als Ich zu erkennen gab, dass die Seele selbst eines völlig wiedergeborenen Menschen für sich in der materiellen Kreaturenwelt nimmer das Wunderbare leisten wird, das eine urunverdorbene Seele für sich und aus sich vollbringt!

05] Ich sagte dir zwar wohl, dass ein Wiedergeborener das zu leisten vermöchte, was Ich Selbst zu leisten vermag, freilich nur in und durch Meine Ewigkeitsordnung; aber damit schienst du nicht so ganz zufrieden gewesen zu sein! Du beachtest aber dabei nicht, dass diese urvollkommenen Seelen sonst auch nichts vermögen als nur das, was in Meiner Ordnung zulässig und nutzbringend wohl möglich ist.

06] Denn alles, was sie mit der Kraft ihrer seelischen Außenlebenssphäre als euch scheinend Wunderbares wirken, ist etwas, das ebenso natürlich ist, als wie natürlich es ist, dass hier dieser Boden mit Moos und Gras bewachsen ist und das Wasser dieses Binnenmeeres in der großen Grube stehenbleibt vermöge der ihm innewohnenden Schwere. Findest du aber diese beiden dir nun angeführten Naturerscheinungen in der Ordnung und vollen Natürlichkeit, so wirst du auch das ganz leicht in derselben Ordnung und Natürlichkeit finden, was diese urvollkommenen Seelen als für ihre irdische Lebenssphäre und für das von ihnen bewohnte Land notwendig zu leisten imstande sein müssen.

07] Diese Mohren haben wohl eine sehr schwarze Haut, aber dafür eine desto lichtvollere Seele. Sie kennen auch zum größten Teile die wichtigsten Organe ihres inneren Hauptleibeslebensorganismus, und die Gehirntäfelchen sind ihnen wohlbekannt; denn ihre urvollkommenen Seelen können von innen heraus ihren Leib beschauen, und ist am selben etwas krank,so sehen sie die Stelle, wo das Übel sitzt, wie auch das, worin das Übel besteht.

08] Mit ihrer Außenlebenssphäre, die in solchen Momenten sehr kräftig wirkt, finden sie auch bald das Kraut, durch dessen Gebrauch das Übel so oder so bald beseitigt wird. Nur wenn bei ihnen die Sehnen und Spannadern faul und schlaff werden und dicker das Blut, so glauben sie, dass es dann kein Kraut mehr gäbe, dem allgemeinen Gebrechen des alt und aus ganz natürlichen Gründen schwach und sehr müde und träge gewordenen Leibes abzuhelfen; dann sei es schon am besten, dass die Seele für sich sorge, sich zusammenraffe und den für weiterhin gänzlich unbrauchbar und häßlich gewordenen Leib verlasse und sich begebe, von allen irdischen Banden frei, in das Land der Wonne, das da sei zwischen Sonne, Mond und Erde für immerdar und ewig.

09] Diese Menschen haben denn auch nicht die geringste Furcht vor dem Tode, wohl aber fürchten sie eine Krankheit des Leibes, weil dadurch die Seelenkräfte unnötigerweise in einen tätigsten Anspruch genommen würden und dadurch die Seele selbst nachher auf eine Zeitlang schwach und somit unvollkommen bleiben müßte.“



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