Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 4, Kapitel 196


Oubratouvishar versucht seine Landsleute von der Göttlichkeit Jesu zu überzeugen.

01] Sagt Oubratouvishar: ”Meint ihr denn, dass ich leichtgläubiger bin als ihr es seid? Oh, da seid ihr im ersten und größten Irrtume über mich! Habt ihr denn nicht gesehen, welche Beweise mir, nur auf einen leisesten Wink jenes Herrn, jener überschöne Junge, der offenbar ein Geist aus den Himmeln ist, auf alle meine Zweifel gegenwirkend geliefert hat?“

02] Sagen die zwanzig: ”Wir sahen wohl allerlei und vernahmen hie und da auch ein und das andere Wort, konnten uns aber jedoch keine Bedeutung entziffern und noch weniger irgendeinen Zusammenhang finden; denn dieser Tisch ist dafür zu entfernt vom Haupttische!“

03] Sagen darauf die Neuangekommenen: ”Wir kamen wirklich etwas wunderbarerweise im selben Momente erst an diesen zweiten, früher leer gestandenen Tisch, als du eben vor jenem Herrn dich tiefst verneigtest und darauf zu uns herüberzogst, und können daher von all dem, was du mit jenem holdesten Jünglinge vorhattest, unmöglich etwas bemerkt haben! Rede darum, was du weißt und gesehen hast, und wir werden daraus gleich entnehmen und sehen, woran wir sind!“

04] Sagt der Anführer: ”Wohl denn, und so hört mich denn noch einmal an: Euch allen ist bekannt mein jüngster Fund in einem Graben voll Gerölles. Diesen wollte ich bei unserer Abreise hierher mitnehmen und ihn in Memphis dem Obersten zu einem sicher recht angenehmen Geschenke machen; allein in der Hast unserer Abreise vergaß ich denselben rein ganz, erinnerte mich erst später dessen, und der Fund blieb darum, gut in Linnen eingewickelt, in meiner Hütte in einem Winkel, mit einer Kürbisschale zugedeckt. Als ich hier Beweise verlangte von und wegen dem, wie auch ihr sie nun von mir verlanget, da erinnerte mich jener holde Jüngling an jenen zu Hause vergessenen Fund und sagte es mir genau, wo und wann ich den schönen Stein gefunden, wo ich ihn in der Hütte versteckt hatte, und wem ich damit ein Geschenk machen wollte.

05] Freunde und liebe Brüder! Das mußte mir denn doch etwas sonderbar vorkommen und mich wahrlich im höchsten Grade überraschen! Wie konnte jener Jüngling um ein Geheimnis wissen, das so weit von hier im tiefsten Winkel meiner Hütte verborgen lag?

06] Freunde und Brüder, um das zu wissen, dazu gehört mehr denn alle Weisheit aller Menschen! Für mich wäre das schon ein hinreichender Beweis gewesen, weil ich das wohl zu begreifen imstande bin, was im allergrundweisesten Falle einem Menschen zu wissen möglich ist! Aber bei dem ließ es jener Jüngling nach einem erhaltenen Winke jenes Herrn dort am Tische nicht bewendet sein, sondern er fragte mich, ob es mir nicht wünschenswert wäre, so er mir den bewußten Fund aus meiner Hütte in Nouabia hierher schaffte! Dieser Antrag mußte mich denn doch wohl im höchsten Grade überraschen, und ich nahm den Antrag des holden Jungen an.

07] Nun werdet ihr euch denken, dass der Junge mich darauf eine Zeitlang im Warten ließ? O mitnichten! Im selben Augenblick überreichte er mir zuerst den Stein und gleich darauf sonderlich auch noch die Kürbisschale, mit der im tiefsten und äußersten Winkel meiner Hütte der schöne Fund zugedeckt war, und es ward mir darauf handgreiflich klar erklärt, wo dieser sehr schöne Stein herrühre!

08] Damit ihr aber nicht denkt oder mich etwa gar der Leichtgläubigkeit beschuldiget, so betrachtet alle diesen Stein und diese Kürbisschale, ob das alles nicht dasselbe ist, was ich euch allen daheim gezeigt habe! Und hier mein Diener weiß es auch, wo ich ihn in meiner Hütte verwahrt habe und wie! Was sagt ihr nun dazu? Vermag so etwas auch ein Magier der berühmtesten Art aus Cahiro? (Kahi roug = des Kahi, eines der größten Stiere dieser Gegend, Horn, das geheiligt war.) -. Ich habe nun geredet, nun ist die Reihe wieder an euch!“

09] Sagen nun alle: ”Wenn also, woran keiner aus uns zweifelt, dann Heil uns allen, denn hier wird dann das Unglaublichste zur belebendsten und lichtvollsten Wahrheit! Heil uns und unserem Lande und allen, die mit großer Sehnsucht daheim unser harren; denn auch unter ihrer schwarzen Haut soll es bald sonnenhelle werden!

10] Aber nun sage du uns, wie du dir das zusammenreimen kannst, dass dieser Mensch zugleich das allerhöchste Gottwesen sei, von dem die ganze Unendlichkeit erfüllt ist, und das überall allmachtskräftig wirkt, leitet und alles erhält und ernährt. Wo hat in ihm solch eine ewig unbegrenzte Weisheit und solch eine allmächtigste Willenskraft Platz?! Hier, gleich uns, nur ein begrenzter Mensch, und dort durch die ganze Unendlichkeit mit der höchsten Einsicht, Weisheit und mit der allerunbeschränktesten, höchsten Kraft wirkend; hier auf und in allen den unzählbarsten Punkten der ganzen Erde, wie dort in den fernsten Tiefen der unendlichen Schöpfung gleich sehend, wissend, empfindend, berechnend und mit nie geschwächter, ewiger Kraft und Macht wirkend?! Fassest du diese unbegreiflichste Möglichkeit?“

11] Sagt der Anführer: ”Das fasse ich wohl ganz sicher noch nicht; aber ich fasse auch samt euch nicht, wie jener Junge mir diesen daheim vergessenen Stein in einem schnellsten Augenblick hierhergebracht hat! Gedulden wir uns aber in aller Demut und wahrer Liebe zu diesem Einzigen, und es wird uns sicher noch mehr des Lichtes werden!“

12] Damit stellen sich vorderhand alle, sehr nachdenkend, zufrieden und warten, was da noch weiteres kommen werde.



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