Jakob Lorber: 'Die zwölf Stunden'


Zwölfte Stunde

Der große Schöpfungsmensch und seine Rückkehr.

25. März 1841, von nachmittags 4 Uhr bis abends ¼ 9 Uhr. Schreibende: K. G. L. - F. S. - Andr. und Ans. H.

Originaltext Erstauflage 1864

Originaltext in neuer Rechtschreibung

durch Project True-blue Jakob Lorber

01] Nachdem wir in der eilften Stunde den verlornen Sohn von seinem Aufgange bis zu seinem Niedergange begleitet und beleuchtet haben, und haben auch die Zeit berechnet, und die Stunde nahe bestimmt, die da zeugen solle von seinem Untergange, so wollen wir in dieser zwölften Stunde sehen, wo und wie dieser verlorne Sohn wieder zurückkehren wird, durch und durch gedemüthiget in das große Vaterhaus.

02] Um aber dieses vollends zu verstehen, ist es nicht nur hinreichend, daß wir das Weltstäublein, Erde genannt, ein wenig durchschauet haben; sondern, da Ich zu diesem Zwecke in der euch bewußten Camera obscura des Geistes eine schon erwähnte kleine Vorrichtung hinzu gegeben habe, noch einmal in dieser neu vorgerichteten Kammer einen etwas weiter gedehnteren Blick zu thun. - Ich sage euch aber zum Voraus, machet euch gefaßt; denn dieser Anblick wird euch Etwas vor Eure Augen führen, das noch bis auf diese Zeit in keines Menschen Sinn gekommen ist.

03] Vermöge dieser neuen Vorrichtung wird die Tafel zur Aufnahme eines so großen Bildes auch wohl natürlicherweise selbst etwas vergrößert werden müssen, und statt der früheren wagrechten Lage eine senkrechte annehmen. Nun sehet, unsere Vorrichtung ist getroffen; so richtet denn eure Blicke hin auf die weitgedehnte Tafel, und sogleich werdet ihr das große Bild auf derselben erblicken. Denn nur auf diese einzig und alleinige Art ist es möglich, die endlos ausgedehnte Schöpfung unter einem Bilde euch vor die Augen zu stellen.

04] Nun sehet nur genau hin auf die Tafel, und sobald Ich das Wort Epheta aussprechen werde, werdet ihr das großartige Bild auf der Tafel erschauen. Und nun denn, da eure Blicke dahin gerichtet sind, sage Ich: Epheta!

05] Nun, was saget ihr zu dem Bilde? Nicht wahr, ihr erblicket auf dieser Tafel nichts mehr und nichts weniger, als die deutliche Figur eines Menschen, dessen Lenden nur kaum von einigen Lumpen bedecket sind, und dessen Haare zottigen Aussehens ihm bis über den halben Leib von Kopfe herab hängen.

06] Nicht wahr, ihr werdet euch wohl denken, an diesem Bilde ist gerade nichts Besonderes zu sehen, außer daß es auf dieser Tafel in einer sehr kolossalen Form dargestellt ist. Uebrigens aber hätte ein solches Bild auch ein jeder nur einigermaßen bewanderter Figurenzeichner mit einer weißlichten Farbe auf eine schwarze Tafel entwerfen können, und Ich kann euch nichts Anderes dazu sagen, als daß euer Schluß vor der Hand seine Richtigkeit hat; und so ihr noch etwas tiefer denken wollt, so möchtet ihr auch wohl bald in dieser weißlichten Figur die Gestalt des verlornen Sohnes erblicken.

07] Aber sehet, Meine lieben Kinder! Die Tafel ist ein wenig zu weit gestellt für euere Augen, daher gehen wir vollends an die Tafel hin; denn die ganze Gestalt habt ihr jetzt schon gesehen, daher wollen wir die Farbe, mittelst welcher diese Figur an diese Tafel aufgetragen ist, ein wenig näher untersuchend beschauen.

08] Nun, jetzt sind wir an der Tafel. Seht, diese klafterbreite schimmernde Fläche ist ein Theil des Fußes dieser ganzen Figur. Sehet nur recht nahe hin, und saget Mir, was ihr darauf entdecket. Seht nur recht genau; nicht wahr, ihr entdecket nichts, als lauter nahe an einander gereihte kleine schimmernde Kügelchen. Ihr wißt, daß dieses Bild kein gemaltes, sondern nur ein Lichtbild ist eines äußeren Gegenstandes.

09] Was meint ihr wohl, was diese Kügelchen in der Wirklichkeit sind? Sehet, Ich will euch nicht lange herum rathen lassen; aber, wie ihr meint, daß diese Kügelchen etwa Abbilder sind von entfernten Sonnen, Planeten, Monden und Kometen, höret, da müßt Ich euch wohl sagen: Kinderchen! Urtheilet nicht zu vorschnell, sonst möchtet ihr euch gar gewaltig irren! Jedoch bevor Ich euch das Wesen dieser kleinwinzigen Kügelchen enthülle, bemühet ihr euch auf einem linsengroßen Flecke diese Kügelchen zu zählen!

10] Nun, seid ihr schon fertig? - Ja, ja, Ich sehe schon, ihr werdet damit nicht leichtlich fertig; denn es ist eine für euch kaum aussprechbare Zahl solcher Schimmerpünktchen auf dieser linsengroßen Fläche vorhanden, und möchten ihrer wohl mehr denn eine Trillion sein; und da ihr euch so ein wenig vertraut gemacht habt mit der Farbe, so sage Ich euch, wovon ein solches Pünktchen eigentlich ein Abbild ist. Wie schon gesagt, nicht etwa von einer Sonne, oder von einem anderartigen Weltkörper, sondern ein jedes solches Pünktchen, oder wie es sich euren geistigen Augen darstellet als Kügelchen, ist nichts mehr und nichts weniger als das Abbild einer Hülsenglobe; was es aber mit der Hülsenglobe für eine Bewandtniß hat, brauche Ich euch nicht mehr zu erklären.

11] Nun treten wir wieder ein wenig zurück, und schauen uns wieder die ganze Figur an. Sehet, wie es ist eine vollendete Menschengestalt; und da ihr nun diese Figur hinreichend beschauet habt, so sage Ich euch: Diese Figur stellet aus und nach Meiner ewigen Ordnung das Universum dar; und ist in seiner Art von Niemanden, außer von Mir in der Wirklichkeit also erschaulich. Auch hat dieses Bild, wie ihr es jetzt erschauet habt, noch nie ein geschaffener Geist gesehen.

12] Aber Ich sehe schon wieder, was in euch steckt. Ihr möchtet wohl gerne eure Erde in diesem Menschen erblicken. Solches euch zu zeigen, kann wohl nicht sein, so lange die ganze Figur auf der Tafel pranget. Aber wartet ein wenig; denn sehet, Ich bin ein sehr guter Optiker, daher will Ich in unserer Camera erst eine kleine optische Veränderung vornehmen, nach welcher Veränderung von dieser ganzen Figur nichts als nur ein einziges leuchtendes Pünktchen zurück bleiben wird.

13] Nun sehet, die Figur ist verschwunden; es ist bereits Alles in der Ordnung. Treten wir jetzt nur wieder näher der Tafel, und suchen unser Pünktchen auf. Nun, habt ihr es schon gefunden? - Eines allein giebt freilich nicht viel Licht; aber strenget eure Sehe nur an, ihr werdet es schon finden.

14] Ihr müßt nicht hinaufschauen auf die hohe weitgedehnte Tafel, sondern da ganz zu unterst sehet hin, da ihr früher den linken Fuß der ganzen Figur gesehen habt, und da zwar am äußersten Ballen des kleinen Zehens. Dieses Kügelchen ist diejenige Hülsenglobe, innerhalb welcher sich auch euere Erde befindet;

15] damit wir aber zu unserer Erde gelangen können, werde Ich denn schon auch wieder mit Meinem Epheta über das Schimmerpünktchen kommen müssen, und so spreche Ich denn Epheta! Nun seht, wie dieses Kügelchen auseinander gegangen ist, und nimmt nun beinahe die ganze große runde Gestalt der Tafel ein.

16] Sehet die zahllosen leuchtenden Pünktchen nun wieder durch einander schimmern. Suchet nun euch eure Erde heraus. Nicht wahr, ihr möget sie nicht finden aus der großen Unzahl dieser Schimmerpünktchen heraus. Ja, Ich sage euch, ihr würdet euch auch vergebliche Mühe machen; denn diese Pünktchen, die ihr da sehet, sind schon wieder keine Sonnen, sondern sind ganze Sonnenwelten-Gebiete;

17] daher werde Ich nun wieder ein Pünktchen, und zwar das rechte heraussuchen, und alles Uebrige auslöschen von der großen Tafel. Nun, da ist das erwählte Pünktchen, und damit wir schneller zum Ziele gelangen, sage Ich alsogleich wieder Epheta!

18] Nun sehet, unsere Tafel ist schon wieder voll neuer leuchtender Pünktchen. Allein diese leuchtenden Pünktchen sind schon wieder keine Sonnen, sondern sind lauter Sonnenwelten-Alle; daher wird es mit der Auffindung der Erde sich auch hier nicht thun.

19] Und so will Ich aus diesen Pünktchen auch wieder das rechte erwählen, und alles Uebrige von der Tafel löschen. Nun, da ist das Pünktchen. Sehet, wie es einsam matt schimmert auf der großen Fläche! Aber nur Mein Epheta! und das Pünktchen soll gleich einem größeren Ausdehnung bekommen; darum Epheta!

20] Nun sehet, unsere Tafel ist denn schon wieder voll von lauter glänzenden Pünktchen. Möchtet ihr euch da nicht die Erde heraussuchen aus all' diesen trillionenmal trillionen Pünktchen? Allein Ich muß euch schon hier auch wieder sagen: Gebet euch keine Mühe; denn auch diese Pünktchen sind noch keine Sonnen, sondern einzelne Sonnengebiete, und sind das, was ihr unter euren sogenannten Nebelsternen begreift.

21] Allein, damit wir schneller zum Ziele gelangen, will Ich auch da das rechte Pünktchen erwählen, und alles Uebrige von der Tafel löschen, und zugleich das Epheta hinzufügen.

22] Nun sehet hin auf die Tafel. Nicht wahr, ihr sehet eine Schimmergrieswolke, die sich horizontal über die ganze Tafel verbreitet, und ist siebenmal so lang als breit. Nun sehet, da hübsch gegen die Mitte wollen wir uns wieder ein solches Schimmergrieswölkchen wählen, und alles Uebrige wieder auslöschen von der Tafel. - Nun, es ist schon Alles wieder geschehen, wie ihr sehet, und Mein Epheta gebe diesem Pünktchen wieder seine rechte Gestaltung.

23] Nun sehet hin recht genau; jetzt werdet ihr euch wohl schon auskennen. Sehet, da in der Mitte ein leuchtendes linsengroßes Scheibchen; seht, es ist das Bild eurer Sonne, und seht nun genauer hin; der dritte schimmernde Punkt von der Sonne auf der linken Seite etwas abwärts ist eure Erde.

24] Ich brauche euch nun dieses Bild nur ein wenig zu vergrößern, und ihr werdet eure Erde sogleich erkennen; und so thue du Erdenpunkt dich auf, auf daß dich Meine Beschauer erkennen mögen. Und sehet, wie nun dieser Punkt sich allmählig ausdehnt, und nun denjenigen Durchmesser erreicht hat, der da hinreichend genügt zu erkennen euer naturmäßiges schmutziges Wohnhaus.

25] Da wir nun jetzt Alles gesehen haben, so kehren wir wieder zu unserem verlornen Sohne zurück. Und sehet hin auf die Tafel; schon wieder prangt unsere erste Figur auf derselben. Aber sehet, jetzt wird diese Figur kleiner und kleiner, und sehet, jetzt hat sie nur kaum noch die Größe eines Kindes, und sehet abermals hin, nun ist auch dieses Kind zu einem Punkte zusammen geschmolzen; aber sehet, auf der rechten Seite der Tafel fängt ein anderes großes Menschenbild an aufzutreten; und nun ist es auch in der Mitte der Tafel, und unter seinem linken Fuße entdecket ihr noch das früher eingegangene Pünktchen, welches da ist im rechten Verhältnisse seiner Größe zur Größe dieses neuen Bildes.

26] Was meint ihr wohl, was dieses neue Bild vorstellt? Ihr werdet euch vielleicht denken, die ihr mehr oder weniger den großen Menschen in den Schriften Swedenborgs habet kennen gelernt, das sei dieser größte Mensch. Ich aber sage euch: Weit fehl geschossen! Dieser Mensch, den ihr da sehet, ist nichts mehr und nichts weniger als der sich selbst wieder gefundene verlorne Sohn, aber nicht etwa in seiner Allheit, sondern es ist derjenige verlorne Sohn, der sich in einem jeden einzelnen wiedergebornen Menschen wiedergefunden hat; oder mit andern euch leichter verständlichen Worten gesagt: das ist ein Allergeringster in Meinem neuen Reiche, und es ist hier in diesem Bilde euch ein gerechtes Verhältniß dargestellt, und zeigt euch das vollkommene Maß eines Menschen, welches unendlichmal erhabener ist, denn das ganze euch durch die frühere Zergliederung gezeigte endlos scheinende Universum in der Gestalt des verlornen Sohnes!

27] Wenn ihr nun so dieses Bild ein wenig beherziget, so dürftet ihr auch schon ein wenig zu begreifen anfangen, was es mit der Rückkehr des verlornen Sohnes für ein Bewandtniß hat.

28] Ihr müßt euch nicht etwa denken, dieser euch in der eilften Stunde bekannt gegebene gefallene Lucifer wird als Ganzer wieder zurückkehren; wenn solches möglich gewesen wäre, wahrlich, es hätte nie eine materielle Schöpfung stattgefunden, sondern

29] in einen jeden einzelnen Menschen, der nach Meinen Worten lebt, und wiedergeboren wird durch das Wort und durch die Erlösung, wird dieser Verlorne wiedergefunden, und zurückkehren in das große Vaterhaus!

30] Ich sage euch nicht umsonst: in das große Vaterhaus; denn für so groß gewordene Menschen muß auch ein gar großes Haus bereitet sein, allda sie werden Wohnung nehmen können wieder bei ihrem Vater.

31] Daß es aber also ist, könnet ihr aus all' dem Vorhergegangenen ja klar und deutlich abnehmen; denn leidet nicht bei den allgemeinen Drangsalen ein jeder Mensch in sich selbst, und wird Jeder geschlagen für seine eigene Person? Es gelten aber alle diese Schläge einem und demselben verlornen Sohne.

32] So aber ein Mensch geschlagen wird, ist es nicht also, daß nur er als der Geschlagene den Schmerz empfindet, während der Ungeschlagene oft genug nur zu schmerzlos zusieht? Oder so da mißhandelt wird eine ganze Nation in einem andern Welttheile, saget, ob ihr je nur einen Peitschenhieb auf eurer Haut wahrgenommen habt? So aber Jemand stirbt, stirbt er für sich oder für Andere? Oder könnet ihr behaupten, daß je Jemand für einen Andern zur Welt geboren worden ist? Oder gilt Meine Erlösung und Mein Wort nicht eben so gut einem jeden Menschen einzeln für sich, wie für ganze Völker? Und kann nicht jeder Mensch für sich Mich mit seiner Liebe und dem lebendigen Glauben daraus vollends aufnehmen, daß Ich in ihm, und er in Mir wohne?

33] Wenn ihr nun alles Dieses betrachtet, könnet ihr nach dem Allen nur die entfernteste Behauptung aufstellen, Ich sei in Einem Menschen weniger, denn in Allen zusammen?

34] So aber Ich mit einem Menschen Eins geworden bin und er mit Mir, saget, was geht da noch ab von der Wiederfindung des verlornen Sohnes in einem einzelnen Menschen?

35] Hat der nicht Alles empfangen und in sich aufgenommen, der Mich aufgenommen hat? Wahrlich, ein jeder einzelne Mensch, der mit Mir Eins geworden ist, ist mehr, ja, Ich sage, unendlichmal mehr, als der große Lucifer es je war in seiner euch auf natürlichem Wege unbegreiflichen Größe!

36] Sehet, unter diesem verlornen Sohne, der da Lucifer heißt, wird demnach jeder einzelne Mensch für sich verstanden; und so ein ganzes Volk mit Mir Eins geworden ist, so wird dieses ganze Volk ebenfalls nur ein Mensch mit Mir; und alle Menschen, die je auf der Erde gelebt haben, und noch leben werden, wenn sie Eins geworden sind mit Mir, so werden auch sie nur sein ein Mensch in Mir; d. h. sie Alle wird beseelen, und beleben ein und derselbe heilige Geist aller Liebe und aller Wahrheit und aller Macht und aller Kraft, und werden nicht sein Viele mehr, denn Einer, und Einer weniger denn Viele, sondern Alle werden sein vollkommen Eins in Mir; und werden nicht haben Viele mehr Macht und Kraft denn Einer und Einer nicht weniger denn Viele, sondern Alle werden leben, wie Einer aus derselben Kraft und Macht des heiligen Geistes aller Liebe und aller Wahrheit aus Mir!

01] Nachdem wir in der elften Stunde den verlorenen Sohn von seinem Aufgang bis zu seinem Niedergang begleitet und beleuchtet haben und haben auch die Zeit berechnet und die Stunde nahe bestimmt, die da zeugen soll von seinem Untergang, so wollen wir in dieser zwölften Stunde sehen, wo und wie dieser verlorene Sohn wieder zurückkehren wird, durch und durch gedemütigt in das große Vaterhaus.

02] Um aber dieses vollends zu verstehen, ist es nicht nur hinreichend, dass wir das Weltstäublein, Erde genannt, ein wenig durchschaut haben; sondern, da Ich zu diesem Zweck in der euch bewussten Camera obscura des Geistes eine schon erwähnte kleine Vorrichtung hinzugegeben habe, noch einmal in dieser neu vorgerichteten Kammer einen etwas weiter gedehnteren Blick zu tun. - Ich sage euch aber zum Voraus, macht euch gefasst; denn dieser Anblick wird euch etwas vor eure Augen führen, das noch bis auf diese Zeit in keines Menschen Sinn gekommen ist.

03] Vermöge dieser neuen Vorrichtung wird die Tafel zur Aufnahme eines so großen Bildes auch wohl natürlicherweise selbst etwas vergrößert werden müssen und statt der früheren waagrechten Lage eine senkrechte annehmen. Nun seht, unsere Vorrichtung ist getroffen; so richtet denn eure Blicke hin auf die weitgedehnte Tafel, und sogleich werdet ihr das große Bild auf derselben erblicken. Denn nur auf diese einzig und alleinige Art ist es möglich, die endlos ausgedehnte Schöpfung unter einem Bild euch vor die Augen zu stellen.

04] Nun seht nur genau hin auf die Tafel, und sobald Ich das Wort Epheta aussprechen werde, werdet ihr das großartige Bild auf der Tafel erschauen. Und nun denn, da eure Blicke dahin gerichtet sind, sage Ich: Epheta!

05] Nun, was sagt ihr zu dem Bild? Nicht wahr, ihr erblickt auf dieser Tafel nichts mehr und nichts weniger als die deutliche Figur eines Menschen, dessen Lenden nur kaum von einigen Lumpen bedecket sind und dessen Haare zottigen Aussehens ihm bis über den halben Leib vom Kopf herabhängen.

06] Nicht wahr, ihr werdet euch wohl denken —, „an diesem Bild ist gerade nichts Besonderes zu sehen, außer dass es auf dieser Tafel in einer sehr kolossalen Form dargestellt ist. Übrigens aber hätte ein solches Bild auch ein jeder nur einigermaßen bewanderte Figurenzeichner mit einer weißlichten Farbe auf eine schwarze Tafel entwerfen können" - und Ich kann euch nichts anderes dazu sagen, als dass euer Schluss vor der Hand seine Richtigkeit hat; und so ihr noch etwas tiefer denken wollt, so möchtet ihr auch wohl bald in dieser weißlichten Figur die Gestalt des verlorenen Sohnes erblicken.

07] Aber seht, Meine lieben Kinder! Die Tafel ist ein wenig zu weit gestellt für eure Augen, daher gehen wir vollends an die Tafel hin; denn die ganze Gestalt habt ihr jetzt schon gesehen, daher wollen wir die Farbe, mittelst welcher diese Figur an diese Tafel aufgetragen ist, ein wenig näher untersuchend beschauen.

08] Nun, jetzt sind wir an der Tafel. Seht, diese klafterbreite schimmernde Fläche ist ein Teil des Fußes dieser ganzen Figur. Seht nur recht nahe hin und sagt Mir, was ihr darauf entdeckt. Seht nur recht genau, nicht wahr, ihr entdeckt nichts als lauter nahe aneinander gereihte kleine schimmernde Kügelchen. Ihr wisst, dass dieses Bild kein gemaltes, sondern nur ein Lichtbild ist eines äußeren Gegenstandes.

09] Was meint ihr wohl, was diese Kügelchen in der Wirklichkeit sind? Seht, Ich will euch nicht lange herumraten lassen, aber, wie ihr meint, dass diese Kügelchen etwa Abbilder sind von entfernten Sonnen, Planeten, Monden und Kometen, hört, da müsste Ich euch wohl sagen: Kinderchen! Urteilt nicht zu vorschnell, sonst möchtet ihr euch gar gewaltig irren! Jedoch bevor Ich euch das Wesen dieser kleinwinzigen Kügelchen enthülle, bemüht ihr euch auf einem linsengroßen Fleck diese Kügelchen zu zählen!

10] Nun, seid ihr schon fertig? - Ja, ja, Ich sehe schon, ihr werdet damit nicht leichtlich fertig, denn es ist eine für euch kaum aussprechbare Zahl solcher Schimmerpünktchen auf dieser linsengroßen Fläche vorhanden, und möchten ihrer wohl mehr denn eine Trillion sein; und da ihr euch so ein wenig vertraut gemacht habt mit der Farbe, so sage Ich euch, wovon ein solches Pünktchen eigentlich ein Abbild ist. Wie schon gesagt, nicht etwa von einer Sonne, oder von einem andersartigen Weltkörper, sondern ein jedes solches Pünktchen, oder wie es sich euren geistigen Augen darstellt als Kügelchen, ist nichts mehr und nichts weniger als das Abbild einer Hülsenglobe. Was es aber mit der Hülsenglobe für eine Bewandtnis hat, brauche Ich euch nicht mehr zu erklären.

11] Nun treten wir wieder ein wenig zurück und schauen uns wieder die ganze Figur an. Seht, wie es ist eine vollendete Menschengestalt; und da ihr nun diese Figur hinreichend beschaut habt, so sage Ich euch: Diese Figur stellt aus und nach Meiner ewigen Ordnung das Universum dar; und ist in seiner Art von niemandem, außer von Mir, in der Wirklichkeit also erschaulich. Auch hat dieses Bild, wie ihr es jetzt erschaut habt, noch nie ein geschaffener Geist gesehen.

12] Aber Ich sehe schon wieder, was in euch steckt. Ihr möchtet wohl gerne eure Erde in diesem Menschen erblicken. Solches euch zu zeigen kann wohl nicht sein, solange die ganze Figur auf der Tafel prangt. Aber wartet ein wenig; denn seht, Ich bin ein sehr guter Optiker, daher will Ich in unserer Camera erst eine kleine optische Veränderung vornehmen, nach welcher Veränderung von dieser ganzen Figur nichts als nur ein einziges leuchtendes Pünktchen zurückbleiben wird.

13] Nun seht, die Figur ist verschwunden; es ist bereits alles in der Ordnung. Treten wir jetzt nur wieder näher der Tafel und suchen unser Pünktchen auf. Nun, habt ihr es schon gefunden? - Eines allein gibt freilich nicht viel Licht; aber strengt eure Sehe nur an, ihr werdet es schon finden.

14] Ihr müsst nicht hinaufschauen auf die hohe weitgedehnte Tafel, sondern da ganz zu unterst seht hin, da ihr früher den linken Fuß der ganzen Figur gesehen habt, und da zwar am äußersten Ballen des kleinen Zehens. Dieses Kügelchen ist diejenige Hülsenglobe, innerhalb welcher sich auch eure Erde befindet.

15] Damit wir aber zu unserer Erde gelangen können, werde Ich denn schon auch wieder mit Meinem Epheta über das Schimmerpünktchen kommen müssen, und so spreche Ich denn: Epheta! Nun seht, wie dieses Kügelchen auseinandergegangen ist und nimmt nun beinahe die ganze große runde Gestalt der Tafel ein.

16] Seht die zahllosen leuchtenden Pünktchen nun wieder durcheinanderschimmern. Sucht nun euch eure Erde heraus. Nicht wahr, ihr mögt sie nicht finden aus der großen Unzahl dieser Schimmerpünktchen heraus. Ja, Ich sage euch, ihr würdet euch auch vergebliche Mühe mache, denn diese Pünktchen, die ihr da seht, sind schon wieder keine Sonnen, sondern sind ganze Sonnenwelten-Gebiete.

17] Daher werde Ich nun wieder ein Pünktchen, und zwar das rechte heraussuchen und alles Übrige auslöschen von der großen Tafel. Nun, da ist das erwählte Pünktchen, und damit wir schneller zum Ziel gelangen, sage Ich alsogleich wieder: Epheta!

18] Nun seht, unsere Tafel ist schon wieder voll neuer leuchtender Pünktchen. Allein diese leuchtenden Pünktchen sind schon wieder keine Sonnen, sondern sind lauter Sonnenwelten-Alle; daher wird es mit der Auffindung der Erde sich auch hier nicht tun.

19] Und so will Ich aus diesen Pünktchen auch wieder das rechte erwählen und alles Übrige von der Tafel löschen. Nun, da ist das Pünktchen. Seht, wie es einsam matt schimmert auf der großen Fläche! Aber nur Mein Epheta! und das Pünktchen soll gleich eine größere Ausdehnung bekommen; darum Epheta!

20] Nun seht, unsere Tafel ist denn schon wieder voll von lauter glänzenden Pünktchen. Möchtet ihr euch da nicht die Erde heraussuchen aus all diesen trillionenmal Trillionen Pünktchen? Allein Ich muss euch schon hier auch wieder sagen: Gebt euch keine Mühe; denn auch diese Pünktchen sind noch keine Sonnen, sondern einzelne Sonnengebiete und sind das, was ihr unter euren sogenannten Nebelsternen (Galaxien, d. Ed.) begreift.

21] Allein, damit wir schneller zum Ziel gelangen, will Ich auch da das rechte Pünktchen erwählen und alles Übrige von der Tafel löschen und zugleich das Epheta hinzufügen.

22] Nun seht hin auf die Tafel. Nicht wahr, ihr seht eine Schimmergrieswolke, die sich horizontal über die ganze Tafel verbreitet, und ist siebenmal so lang als breit. Nun seht, da hübsch gegen die Mitte wollen wir uns wieder ein solches Schimmergrieswölkchen wählen, und alles Übrige wieder auslöschen von der Tafel. - Nun, es ist schon alles wieder geschehen, wie ihr seht, und Mein Epheta gebe diesem Pünktchen wieder seine rechte Gestaltung.

23] Nun seht hin recht genau; jetzt werdet ihr euch wohl schon auskennen. Seht, da in der Mitte ein leuchtendes linsengroßes Scheibchen; seht, es ist das Bild eurer Sonne, und seht nun genauer hin; der dritte schimmernde Punkt von der Sonne auf der linken Seite etwas abwärts ist eure Erde.

24] Ich brauche euch nun dieses Bild nur ein wenig zu vergrößern, und ihr werdet eure Erde sogleich erkennen; und so tue du Erdenpunkt dich auf, auf dass dich Meine Beschauer erkennen mögen. Und seht, wie nun dieser Punkt sich allmählig ausdehnt und nun denjenigen Durchmesser erreicht hat, der da hinreichend genügt, zu erkennen euer naturmäßiges schmutziges Wohnhaus.

25] Da wir nun jetzt alles gesehen haben, so kehren wir wieder zu unserem verlorenen Sohn zurück. Und seht hin auf die Tafel; schon wieder prangt unsere erste Figur auf derselben. Aber seht, jetzt wird diese Figur kleiner und kleiner, und seht, jetzt hat sie nur kaum noch die Größe eines Kindes, und seht abermals hin, nun ist auch dieses Kind zu einem Punkt zusammengeschmolzen; aber seht, auf der rechten Seite der Tafel fängt ein anderes großes Menschenbild an aufzutreten; und nun ist es auch in der Mitte der Tafel, und unter seinem linken Fuß entdeckt ihr noch das früher eingegangene Pünktchen, welches da ist im rechten Verhältnis seiner Größe zur Größe dieses neuen Bildes.

26] Was meint ihr wohl, was dieses neue Bild vorstellt? Ihr werdet euch vielleicht denken, die ihr mehr oder weniger den großen Menschen in den Schriften Swedenborgs habt kennengelernt, das sei dieser größte Mensch. Ich aber sage euch: weit fehlgeschossen! Dieser Mensch, den ihr da seht, ist nichts mehr und nichts weniger als der sich selbst wieder gefundene verlorene Sohn, aber nicht etwa in seiner Allheit, sondern es ist derjenige verlorene Sohn, der sich in einem jeden einzelnen wiedergeborenen Menschen wiedergefunden hat; oder mit andern euch leichter verständlichen Worten gesagt: Das ist ein Allergeringster in Meinem neuen Reich, und es ist hier in diesem Bild euch ein gerechtes Verhältnis dargestellt und zeigt euch das vollkommene Maß eines Menschen, welches unendlichmal erhabener ist denn das ganze euch durch die frühere Zergliederung gezeigte endlos scheinende Universum in der Gestalt des verlorenen Sohnes!

27] Wenn ihr nun so dieses Bild ein wenig beherzigt, so dürftet ihr auch schon ein wenig zu begreifen anfangen, was es mit der Rückkehr des verlorenen Sohnes für eine Bewandtnis hat.

28] Ihr müsst euch nicht etwa denken, dieser euch in der elften Stunde bekanntgegebene gefallene Luzifer wird als Ganzer wieder zurückkehren. Wenn solches möglich gewesen wäre, wahrlich, es hätte nie eine materielle Schöpfung stattgefunden, sondern

29] in einem jeden einzelnen Menschen, der nach Meinen Worten lebt und wiedergeboren wird durch das Wort und durch die Erlösung, wird dieser Verlorene wiedergefunden und zurückkehren in das große Vaterhaus!

30] Ich sage euch nicht umsonst: in das große Vaterhaus; denn für so groß gewordene Menschen muss auch ein gar großes Haus bereitet sein, allda sie werden Wohnung nehmen können wieder bei ihrem Vater.

31] Dass es aber also ist, könnt ihr aus all dem Vorhergegangenen ja klar und deutlich abnehmen; denn leidet nicht bei den allgemeinen Drangsalen ein jeder Mensch in sich selbst, und wird jeder geschlagen für seine eigene Person? Es gelten aber alle diese Schläge einem und demselben verlorenen Sohn.

32] So aber ein Mensch geschlagen wird, ist es nicht also, dass nur er als der Geschlagene den Schmerz empfindet, während der Ungeschlagene oft genug nur zu schmerzlos zusieht? Oder so da misshandelt wird eine ganze Nation in einem anderen Weltteil, sagt, ob ihr je nur einen Peitschenhieb auf eurer Haut wahrgenommen habt? So aber jemand stirbt, stirbt er für sich oder für andere? Oder könnt ihr behaupten, dass je jemand für einen andern zur Welt geboren worden ist? Oder gilt Meine Erlösung und Mein Wort nicht ebenso gut einem jeden Menschen einzeln für sich, wie für ganze Völker? Und kann nicht jeder Mensch für sich Mich mit seiner Liebe und dem lebendigen Glauben daraus vollends aufnehmen, dass Ich in ihm und er in Mir wohne?

33] Wenn ihr nun alles dieses betrachtet, könnt ihr nach dem allem nur die entfernteste Behauptung aufstellen, Ich sei in einem Menschen weniger denn in allen zusammen?

34] So aber Ich mit einem Menschen eins geworden bin und er mit Mir, sagt, was geht da noch ab von der Wiederfindung des verlorenen Sohnes in einem einzelnen Menschen?

35] Hat der nicht alles empfangen und in sich aufgenommen, der Mich aufgenommen hat? Wahrlich, ein jeder einzelne Mensch, der mit Mir eins geworden ist, ist mehr, ja, Ich sage, unendlichmal mehr, als der große Luzifer es je war in seiner euch auf natürlichem Weg unbegreiflichen Größe!

36] Seht, unter diesem verlorenen Sohn, der da Luzifer heißt, wird demnach jeder einzelne Mensch für sich verstanden. Und so ein ganzes Volk mit Mir eins geworden ist, so wird dieses ganze Volk ebenfalls nur ein Mensch mit Mir. Und alle Menschen, die je auf der Erde gelebt haben und noch leben werden, wenn sie eins geworden sind mit Mir, so werden auch sie nur sein ein Mensch in Mir; d. h., sie alle wird beseelen und beleben ein und derselbe heilige Geist aller Liebe und aller Wahrheit und aller Macht und aller Kraft, und werden nicht sein viele mehr denn einer und einer weniger denn viele, sondern alle werden sein vollkommen eins in Mir; und werden nicht haben viele mehr Macht und Kraft denn einer, und einer nicht weniger denn viele, sondern alle werden leben wie einer, aus derselben Kraft und Macht des heiligen Geistes aller Liebe und aller Wahrheit aus Mir!

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