Jakob Lorber: 'Robert Blum - Seine Erfahrungen und Führung im Jenseits'
Text nach Erstauflage 1898 (Faksimile, Band 2), inhaltlich und stilistisch unverändert hier in neuer Rechtschreibung
296. Kapitel: Zur abendlichen Westwand! Blick durch die erste Türe. Eine Planetar-Mittelsonne, Mutter zahlreicher Planetarsonnen. Jesus erklärt die Einrichtung des geistigen Dioramas.
01] Alle treten nun wieder ins Gemach, und die erste Türe an der abendlichen Wand steht schon offen, ohne dass sie Jemand eigens mit der Hand geöffnet hätte. Das ist für unseren Robert schon wieder ein neuer Stein des Anstoßes, und er fragt Mich sogleich um die allfällige mechanische Einrichtung, durch welche die Türen wie von selbst eröffnet wurden.
02] Ich aber sage zu ihm: „Freund, kannst du dir denn noch immer keinen vollkommenen Begriff von der Allmacht Meines Willens machen?" - Sagt Robert: „O vergib mir, bester Vater! Siehe, bei Deiner gar so großen Freundlichkeit und unglaublichsten Herablassung vergisst man oft ganz, dass Du allmächtig bist. Aber nun ist schon Alles wieder in der schönsten Ordnung, und die Mechanik der von selbst aufgehenden Türe ist mir nun völlig klar."
03] Auf die Erwiderung Roberts treten wir sogleich in die Türe, und vor den Blicken der neuen Bewohner des himmlischen Jerusalems dehnen sich unabsehbare Ländereien aus. Große Ströme durchfluten diese unabsehbar weit gedehnten Ländereien und ihre Gewässer strahlen stärker denn alles Licht der Erdsonne auf einen Punkt zusammengedrängt. Überaus große und prachtvollst bestellte Gärten werden nach und nach bei größerer Gewöhnung an das starke Licht der Ströme ersichtlich, und in der Mitte solcher Gärten erglänzen die großartigsten Prachtgebäude, in denen die Menschen dieser Lichtwelt zu wohnen pflegen. Über den Lichtströmen aber sieht man überaus mächtig strahlende Menschengestalten schweben; ihre Formen sind unbeschreiblich schön. Robert und noch Einige halten sich die Hand vor die Augen, weil sie den zu mächtigen Lichtglanz nicht ertragen können, und fragen Mich, was denn das etwa für eine Welt sei.
(Am 19. Dez. 1850)
04] Sage Ich: „Das ist eine Mittelsonne, um die in weiten Kreisen Millionen von kleineren Planetarsonnen bahnen. Ihre anziehende Kraft ist so groß, dass sie alle die Millionen Planetarsonnen, samt ihren Planeten in den vorgezeichneten Bahnen erhält, und noch mehrere eben mit der gleichen ungeschwächten Kraft erhalten könnte. Was ist aber alle solche Kraft gegen die Kraft eines der geringsten Meiner Kinder! Ich sage euch: Sonnenalle sind ein Spielzeug zum Tändeln in den Händen Meiner Kinder. Nun wisst ihr, was ihr nun schaut; und da ihr dieses nun wisst, so wollen wir den Balkon wieder verlassen, und zur zweiten Türe dieser abendlichen Wand übergehen."
05] Sagt Robert: „HErr und Vater! So ein bisschen möchte ich denn doch von der Möglichkeit einen Begriff haben, wie denn das bestellt ist, dass man hier von jeder Türe nun einen eigenen großen Weltkörper ersieht, und doch steht eine Türe von der andern nur wenige Schritte ab. Wie ist das möglich? Wie können solche Weltkolosse neben einander bestehen, und das auf einem Raume von wenigen Schritten? HErr! Ich bändige meine Geduld, was ich nur immer kann, aber es nützt leider nichts. Ich muss da ein kleines Lichtlein bekommen, sonst werde ich sogar hier im Reiche des vollkommensten Lebens krank."
06] Sage Ich: „Nun, nun, krank sollst du denn doch nicht gerade werden; und das fürs erste, weil hier eine Krankheit rein unmöglich ist; und fürs zweite, weil Ich dir nun denn doch darüber ein kleines Lichtlein geben will, und so höre denn! - Du hast schon ehedem von einem geistigen Diorama etwas erwähnt, und so denn sage Ich dir, es ist dies auch solch ein geistiges Diorama, das aber freilich auf ganz anderen optischen Grundsätzen beruht, als irgend ein irdisches.
07] Siehe, jede dieser Türen ist gewisserart ein geistiger Hohlspiegel. So die Tür aufgemacht wird, so ersiehst du das, was einer gewissen ewigen Ordnung nach in deinem eigenen Herzen in kleinster Form, aber dabei doch in vollendetster, wohnt. Trittst du nun vor einen dieser Hohlspiegel, so ersiehst du den höchst vergrößerten Wiederschein dessen, was nach einer genauest berechnet entsprechenden Ordnung sich aus deinem Vorrate auf der reinsten Fläche des Spiegels gewisserart abspiegelt. Der Spiegel ist hier aber nicht etwa wie auf der Erde ein Glas, sondern eine reinste Himmelsluft, die so geglättet ist, dass sie für den rechten Bedarf eine hellste Wand bildet, an der das wiederstrahlt, was bei ihrer eigensten Konstruktion von ihr der Ordnung nach aufgenommen werden kann.
08] Auf der Erde gibt es freilich wohl nichts Ähnliches. Die sogenannten Fata Morgana's wären wohl nebenbei in irgend eine Betrachtung zu ziehen; sie sind wohl auch Luftspiegelungen; aber sie stehen dennoch in Allem diesen Spiegelungen himmelweit nach; denn sie nehmen jedes Objekt auf, was sich ihnen vorstellt; diese hier in Meinem Hause aber nur, was ihnen entspricht. Etwas ähnlicher wäre wohl die verschiedene Farbenreflexion durch einen prismatischen Spiegel, wo eine bestimmte Fläche bei gleicher Wendung nur entweder eine rote, gelbe, blaue, grüne u. s. w. Farbe zurückwirft. Was aber solch ein Spiegel mit den freilich formlosen Farben tut, das tut ein solcher Spiegel hier mit den Formen, die aus dem Herzen der vor ihm stehenden Engelsgeister auf seine Fläche überstrahlend eben seiner eigens konstruierten Fläche zur Wiederstrahlung entsprechen.
09] So Ich nun diesen oder auch einen andern Spiegel destruieren (wegtun) will, so wirst du durch solch eine Türe nur das sehen, was natürlich: dies Mein Haus, das nach allen Seiten hin in der Mitte der großen Stadt frei ist, zunächst umgibt; denn das gewöhnliche Schauen und Sehen beruht hier auf denselben Grundsätzen, wie das Schauen und Sehen auf der Erde, nur natürlich in der höchst reinsten Potenz.
10] Da aber solch ein Spiegel durchaus keine feste Wand bildet, so ist da die Einrichtung so getroffen, dass ein jeder Geist im Falle der Notwendigkeit auch alsbald auf jenen wirklichen Weltkörper in größter Gedankenschnelle hingelangen kann, den er im Spiegel ersieht. Das geschieht auf dem Wege eines himmlisch geistigen Rapportes; wie aber dieser beschaffen ist, und wie er bewerkstelligt wird, das, Mein lieber Freund, wird dir Alles mit der Weile klar werden. Nun, wie sieht es nun mit deiner Krankheit aus? Meinst du etwa wohl noch, dass dich noch so ein Ungeduldsfieber packen wird?"
11] Sagt Robert: „O HErr und Vater! Du Liebe aller Liebe! Jetzt ist schon wieder Alles in der schönsten Ordnung. Ich bin nun schon wieder um tausend irdische Unterrichtsjahre weiser und verständiger. Dir allein alle unsere Liebe und Anbetung ewig." - Sage Ich: „Nun denn, so es dir nun leichter ist ums Herz, da gehen wir sogleich in die zweite Türe; seht, sie ist schon geöffnet!"
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