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Text nach Erstauflage 1898 (Faksimile, Band 2), inhaltlich und stilistisch unverändert hier in neuer Rechtschreibung


Kapitelinhalt 221. Kapitel: Migatzi gibt für die Todeskrankheit Josephs eine andere Erklärung. Er beharrt bei der Behauptung, noch im Leibesleben zu sein und verlangt Beweise über Jesus. Joseph über den Geist der Liebe als einzigen Gotteszeugen.

(Am 20. Juli 1850)

01] Spricht der Erzbischof Migazzi: „Mein lieber guter Freund, du kannst zwar reden, was du willst, und magst und kannst, das macht mir nichts; denn ich war keiner von jenen Pfaffen, die dir bei deinen kirchlichen Purifikationsarbeiten je irgend in den Weg getreten wären, obschon ich als Erzbischof und Kardinal zugleich es hätte tun können; kurz, alles was du mir hier gesagt hast, beleidigt mich nicht; aber dass du mich so gewisserart eines Attentats auf deine Persönlichkeit beschuldigst, das ärgert mich. Denn ich meine, dass ich wohl dein intimster Freund, und ganz im strengsten Inkognito eben so gut ein Freimaurer war, als wie du es warst, und daher auch wohl wusste, warum ich auf der Welt war, und warum einverstanden mit deinen Purifikationen. Ich erkläre es dir daher als ein allzeitig helldenkender Ehrenmann, dass du mit deinem Attentatsglauben rein am Holzwege bist(?).

02] Sieh', das Ganze deines Übels war fürs erste schon ein angeborner Organfehler, bestehend in einer Art Kopf-Skrofeln, die aber dir so lange gerade keine besondern Anstände machten, als du hinsichtlich der Venus dich mehr zurückhaltend benahmst; als du aber dieser sehr zu huldigen angefangen hast, und letzterer Zeit auch von einer gewissen Reizendsten so comme il faut angesteckt worden bist, da hat dein Kopfübel von diesem Gifte etwas eingesogen; du achtetest die Sache zu wenig, und die Ärzte haben wie gewöhnlich das Übel nicht erkannt, und dich ganz falsch behandelt, und so war es denn auch nicht anders möglich, als dass du am Ende ein Opfer deines Übels werden musstest. Also du selbst, und niemand Anderer war schuld an deinem entweder eingetretenen Irrsinne, oder, so du schon gestorben sein willst, an deines Leibes Tode. Beschuldige also fortan die Kirche nicht mehr; denn sie ist ganz unschuldig an deinem Übel, das dich so oder so zu Grunde gerichtet hätte.

03] Mir wäre es im höchsten Grade angenehm gewesen, wenn wir noch viele Jahre miteinander hätten Österreichs Völker leiten können; aber ein Fatum hat es so gewollt, dass du und ich samt dir vom großen Schauplatze unseres Wirkens haben abtreten müssen. Wir können die Gesetze der Unendlichkeit und ihrer Zeiten nicht verändern, und so sind wir Beide entweder, wie du behauptest, gestorben, oder nach meinem richtigeren Dafürhalten pensioniert, und in eine geheime Irrenanstalt gebracht worden, aus der wir im strengsten Inkognito alle Jahre ein paar Male ins Freie hinaus einen Spaziergang machen dürfen, und allein etwas genießen. Josef, sei gescheit! und halte diese Juden doch nicht für mehr als sie sind! Sollte dies aber auch die Geisterwelt, und an Christus etwas gelegen sein, so wird sich Dieser, gegenüber einem Kaiser und einem Kardinale, doch anders präsentieren, als wie ein gemeinster Binkeljude. Was für Beweise hast denn du für deine Behauptung? Christus, ein Binkeljude! Aber ich bitte dich!"

(Am 21. Juli 1850)

04] Spricht Josef: „Aber ich bitte dich auch, eben in der allerhöchsten persönlichen Gegenwart Jesu des Herrn, dich ein wenig anders zu benehmen, sonst wird es mit deiner Kardinalschaft bald aus sein. Die Geduld des Herrn muss zwar unergründlich groß sein, dass Er so gelassen solch einen Unsinn, wie er zwischen uns Beiden zum Vorscheine kommt, anhören mag und kann; aber ob sie grade ohne alle Grenzen ist, das möchte ich wohl äußerst stark bezweifeln; denn so oft Menschen und Geister zu lange, zu grell und zu hartnäckig zu sündigen anfangen, und von ihren törichten Bosheiten sich nimmer abwenden wollen, dann, glaube ich, wird Er solche Späße nicht gar zu lange Sich gefallen lassen. Hätte z. B. ich selbst auf der Erde den Anreizungen der Venus ein paar Jahre früher schon kein Gehör gegeben, wie der gute himmlische Vater mich durch allerlei Vorkommnisse meines Lebens davor wohl zu öftern Malen hatte nur zu deutlich wahrnehmbar machen lassen, so hätte ich vielleicht trotz allen Nachstellungen aller meiner Feinde um etliche zehn bis zwanzig Jahre länger leben und die Völker im Namen Gottes bestens regieren können; aber da ich diese heilsamsten Mahnungen des Herrn nur zu leicht in den Wind schlug, so ist dem Herrn über mich die Geduld nur so um ein ganz geringes ausgegangen, und Ich musste ohne Gnade und Pardon dem Leibe nach ins Gras beißen, und das schmerzlich und bitter genug. Also, Freund, setze die Geduld des Herrn nicht auf eine zu lange Probe!"

05] Sagt der Erzbischof Migazzi: „Aber lieber Freund! Das mag ja alles sein, aber bevor ich mich vor Ihm als Christus dem Herrn gehörig zusammennehmen kann, muss ich ja doch erst einsehen, dass Er es wirklich ist. Was nützt mir dein Reden? Beweise mir's zuvor, dass Er es wirklich ist, dann werde ich gleich anders zu denken und zu reden anfangen; ich habe dich ja nur um den Beweis gebeten; nicht aber dass ich von dir erführe, wie kurz oder wie lang etwa die Geduld des Herrn ist. Gebe mir Beweise, und es solle sich dann zeigen, ob ich da auch noch so dumm in den Tag hinein reden werde, wie nun."

06] Spricht Josef: „So lange es dir dein eignes Herz durch den Geist der Liebe nicht sagen lässt: Dieser ist es! so lange nützen dir auch alle Beweise nichts. Wird es dir aber dein Herz sagen: Dieser ist es! dann bedarfst du aber auch keines andern Beweises; denn wer Jesus erkennen will, der muss Ihn lieben; wer aber Jesus liebt, der hat Ihn auch lebendig in sich, und das ist eben der alleinige Beweis, durch den jedermann Christus am ersten und am ungezweifeltsten erkennen kann und erkennen muss. Liebe Christus in diesem dir so sehr gering vorkommenden Juden zuvor aus allen deinen Lebenskräften, und es wird sich dann ja zeigen, ob hinter diesem Juden blos ein Jude, oder vielleicht denn doch etwas mehr steckt."

07] Sagt der Erzbischof Migazzi: „Du bist aber doch ein närrischer Kauz. Wie kann denn ich in diesem Juden zuvor Christus zu lieben anfangen, als ich es weiß, dass Er es wirklich ist. Hieße denn das nicht die Gottheit Christi, so Er schon wirklich so Gott ist, wie es die alte Mythe uns tradierte, tiefst herabsetzen und entheiligen, so man gleich ohne alles weitere Forschen und Denken in jedem nächstbesten Juden Christus den Herrn zu lieben und zu verehren anfinge? Christus unter jenen Gestalten des Brotes und Weines zu lieben, zu verehren und anzubeten, da tut sich's, indem Er Selbst diese Gestalten an seine Stelle als äquivalent eingesetzt hat; aber Christus in einem ganz gewöhnlichen Menschen, und Juden noch dazu, zu lieben, zu verehren und anzubeten anfangen, das Freund, hieße mit der Liebe zu Christus wahrhaftigst Schindluder treiben. Das werde ich wenigstens nicht tun; denn ist entweder Christus bloß nur eine fromme Volksfabel, so ist das eine wie das andere eine Dummheit; ist aber Christus im Ernste das, was uns die Mythe von Ihm überliefert hat, so wäre ein Nachkommen deiner Allforderung doch offenbar die grässlichste Gotteslästerung, die mit der untersten Hölle bestraft werden müsste."

(Am 22. Juli 1850)

08] Spricht Josef: „So, wäre nicht übel! Was lehrt denn Christus Selbst? Sieh du echter Pharisäer Roms! Er sagt: So aber Jemand ein armes Kind, oder einen armen Bruder aufnimmt in Meinem Namen, wahrlich, Ich sage es euch: Der nimmt Mich auf; wer aber Mich aufnimmt, der nimmt auch Den auf, Der Mich gesandt hat. So aber also der Herr Selbst Sich mit unsern armen Brüdern identifiziert, und sie Ihm Selbst wie unter Eins gleichstellt, was sollen denn hernach wir eines andern Sinnes sein? Ich sage es dir: Nichts als unser Hochmut ist es, der einen allerglänzendsten und allergrößterhabensten Gott sich einbildet, und lässt Christus in einer niedrigeren Bekleidung fahren, weil des Menschen hochmütige Seele nichts Niederes und Demütigaussehendes ertragen kann. Der Hochmütige nur wünscht sich einen Gott mit Krone und Zepter; der Demütige aber so, dass auch er sichs getrauen könnte, die Augen zu seinem freundlich und mehr ihm gleich aussehenden Gott zu erheben, und zu sagen: O Herr! wohl kommst Du im Kleide der herzlichen Demut zu mir armen Sünder; aber dennoch bin ich ewig nicht wert, meine Augen zu Dir emporzuheben. Was meinst du wohl, welcher aus Beiden dürfte Christus dem Herrn der bei weitem Angenehmere sein?"


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