Jakob Lorber: 'Naturzeugnisse', S. 122 (Fortsetzung)


20] Nun hättet ihr so ungefähr die möglich richtigste Darstellung dieses Poles, daher da ihr dieses nun habt, so wollen wir die Verrichtungen dieses euch etwas unheimlich vorkommenden Poles näher beleuchten. Die erste Frge, die sich da jedem notwendig aufwerfen muß, wird wohl diese sein: - ob auch diese Gegend von irgend eiuer Art Wesen belebt ist? Was diese terra incognicta betrifft, so findet sich dort eine große Menge von sogenannten Eishühnern vor, welche Vögel zur Winterszeit ihre Heimat verlassen, um in großen Heereszügen andere nördlicher gelegene, hie und da schon bewohnte Inseln zu besuchen und alldort eine Nahrung zu finden. Aus diesem Grunde haben auch die Alten dieses Land, das sie freilich nur in ihrem Geiste gesehen haben, das Land der Hühner genannt.

21] Es gibt dort in den nördlichen Regionen dieser Länder auch vierfüßige Tiere, die den Eisbären der nördlichen Gegenden nicht unähnlich sind; allein bis auf die gegenwärtige Stunde hat noch kein sterbliches Auge eines Menschen ein solches Exemplar gesehen; und so gibt es dort fast durchgehends dem Nordpol verwandte Geschlechter, jedoch alle haben das negative Verhältnis, wie der Südpol zum Nordpol, so auch diese Geschlechter zu den Geschlechtern des Nordens, sowohl in den Gewässern, als auf den Festen des Landes. Jedoch was über den 82. Grad hinausreicht, da kann durchgehends gar kein lebendiges Wesen, teils der zu großen Kälte wegen, teils der ewigen Nacht und vorzüglich aber wegen Anhäufung der Stickluft, naturgemäß nicht mehr fortkommen. - Bevor jedoch noch die wirkende Beschaffenheit dieses Poles näher erörtert wird, muß noch notwendig erörtert werden, was gleich Anfangs über die Unrichtigkeit der Gradeinteilung bemerkt wurde.

22] Ihr wisst, daß die Erde sich um ihre Achse dreht; so ihr aber eine hohle Glaskugel nehmet und gebet ein wenig Wasser hinein, und bringt sie demnach in einen Umschwung um ihre Achse, so wird sich das Wasser alsobald zum Äquator dieser Glaskugel ziehen, und wenn dann ein fester Pol in diesem Wasser wäre, so wird das Wasser den Pol verlassen, und er wird nach dem Verhältnisse des Umschwunges nackt über den Spiegel des mitgeschwungenen Wassers ragen; und das um so mehr, wenn der Pol kein anziehender, sondern ein abstoßender ist. Seht, desgleichen verhält es sich auch mit dem Südpol, welcher eben daher mehrere Meilen über den Meeres- und Eisspiegel hinausragt, und sieht vielmehr aus als wie ein außerordentlich hoher, ewig unersteigbarer stumpfer Berg, und gibt der Erde, wenn ihr es so annehmen wollt, vielmehr die Gestalt einer Birne, als der eines Apfels; jedoch macht zum ganzen Rundverhältnisse der Erde dieses beinahe so viel als nichts aus, da seine Erhöhung nur in Allem kaum zwanzig Meilen beträgt, gegen welche Erhöhung freilich ein jeder andere Berg der Erde als ein kleinwinziger Zwerg erscheint; jedoch aber müßt ihr euch diese Erhöhung nicht als eine gerade, schroffe denken, sondern mehr als eine allmähliche, nach der Art des Baues einer mehr stumpf gedüteten Birne. -

23] Nun seht, dudurch müssen gegen den Südpol noch wohl einige Grade hinzuwachsen, da euere Geographen diese Unart der Erde bis jetzt nicht haben erkennen können, und in ihrem befangenem Starrsinn auch ewig nie erkennen werden, wie auch die Quadratur des Zirkels nicht. -



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