Jakob Lorber: 'Himmelsgaben', Band 1


22] Da sage Ich: Seht die Dinge an, wie sie sind, wie sie entstehen und bestehen, und ihr werdet euch dabei sagen müssen, daß jede dieser Erscheinungen irgendeinen ausreichenden Grund der Entstehung haben muß - aber wo liegt dieser Grund? - Gewiß nicht in der Materie, sondern in dem geistigen Wirken und Handeln, welches Wirken und Handeln ein inwendiges ist.

23] Wenn aber irgendein Baumeister ein Haus aufbaut, so hat er doch gewiß das Haus nicht des Hauses selbst wegen aufgebaut, sondern er hat mit dem Gebäude einen Zweck verfolgt, der seiner Absicht völlig entspreche. Da schon ein Baumeister solches tut und selbst als sterblicher Mensch seinem Werke eine ewige Dauer verschaffen möchte, um wie viel mehr wird ein freier, ewiger Geist seine Handlungen und Wirkungen so einrichten, daß sie seiner Liebe und seinem Wesen entsprechen!

24] Und so liegt ja wieder klar am Tage, daß die Materie selbst nur ein Mittel ist, aus dem ein geistiger Zweck in der Absicht des geistigen Erzeugers erstehen soll.

25] Und wenn ihr dieses so recht betrachtet, so muß euch klar werden, wie das eine für das andere da ist und wie immerwährend eines in das andere greift und hineinragt. Und aus dem werdet ihr weiter deutlich ersehen, was die Lüge und was die Wahrheit ist, und werdet erkennen, wie für den Reinen (und geistig Erkennenden) alles rein und wahr, für den (geistig) Blinden aber die Wahrheit Lüge ist. - Auf diese Weise kann auch in Mir, als dem ewigen Urgrunde aller Wesenheit, keine Lüge stattfinden; ja ihre Existenz ist in Meinem Angesichte eine Unmöglichkeit.

26] Dem Blinden ist freilich die Existenz eines Dinges wie auch die formelle Beschaffenheit desselben eine unglaubliche (Tatsache) da er sich von deren Wirklichkeit nicht überzeugen kann. Wenn er aber glaubt, daß die Sache so ist, so hat er die Wahrheit. Glaubt er aber nicht, so ist sein beharrlicher Unglaube die Lüge selbst, in der ihn seine Blindheit gefangenhält.

27] Der Glaube ist demnach eine Augensalbe für die Blinden. So sie ihn gebrauchen wollen in der Einfalt ihres Herzens, werden sie bald zum Lichte ihrer Augen gelangen und die Dinge schauen, wie sie sind. Und sollten sie dieselben auch anders finden, als sie ihnen beschrieben wurden, so ist doch das, was ihnen gesagt wurde, (auch für sie) wahr, weil sie es glauben, daß es so ist.



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