Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 3


Kapitelinhalt 235. Kapitel: Bericht des neuen Hofrats beim König Gurat und dessen Zufriedenheit. Ernennung des Unterpriesters zum Generaloberpriester. (01.03.1844)

01] Als der ratgebende Unterpriester bei Gurat ankam, da fragte ihn dieser sogleich, was er bei den Oberpriestern für Geschäfte gemacht hätte.

02] Und der Unterpriester sprach mit überfreudigem Gesichte: »Mein König, mein Herr und mein Freund! Ich sage: die besten von der Welt! Du bist nun ganz Herr über sie! Alle ihre Schätze gehören dein; sie bestehen, wie du es auch weißt, aus den tausend Palästen, in deren jedem wenigstens hunderttausend Pfunde Goldes, doppelt soviel Silbers, der Edelsteine und noch eine unschätzbare Menge anderer Schätze und Kostbarkeiten, Waffen und Mundvorräte aufgehäuft ist. - Ich frage dich, ob du damit zufrieden bist?«

03] Und der Gurat sprach: »Wenn sich die Sache also verhält, und hast du solches durch deine Beredsamkeit zuwege gebracht, da bist du schon jetzt mein erster Hofrat! Rede aber weiter, und sage mir es unverhohlen, was alles du mit den Oberpriestern bewerkstelligt hast!«

04] Und der Unterpriester sprach: »Mein König mein Herr und mein Freund! Es wäre hier gerade schade um meine Zunge, daß ich sie umsonst strapazieren sollte!

05] Siehe, hier habe ich ja die ganze Verhandlung auf Goldblech schriftlich von allen Oberpriestern unterzeichnet; das ist doch sicher mehr als meine eigene Zunge! Nimm dieses überaus wichtige Dokument, und lies es, und du wirst darin alles finden, was und wie ich in deinem Namen mit den Oberpriestern verhandelt habe! - Ich meine du wirst mit mir darin zufrieden zu sein Ursache haben!«

06] Hier übergab der Unterpriester dem Gurat das Dokument, und dieser las es laut vor allen anwesenden Heldenoberpriestern.

07] Diese klatschten vor Freude in die Hände und lachten und jubelten darüber, solch einen köstlichen Sieg über ihre Feinde errungen zu haben, und das durch die alleinige Klugheit dieses schlauen Unterpriesters.

08] Der Gurat aber fragte den Unterhändler und sprach: »Aber Freund, du sagtest mir ja letzthin, man müsse da die Oberpriester die Bedingungen machen lassen, natürlich mit Vorbehalt des königlichen Interdiktrechtes, falls die Bedingungen für des Königs Pläne nicht taugen würden; aus dem Dokumente aber ersehe ich ganz klar, daß eigentlich nur du diktiert hast, und die Oberpriester waren genötigt, die von dir gesetzten Bedingungen anzunehmen, wollten oder wollten sie nicht! Wir haben nun freilich das Dokument in unseren Händen; wie aber sieht es mit der eigentlichen Zufriedenheit dieser Oberpriester aus?«

09] Und der Unterpriester sprach: »Ja, - wenn du auf die eigentliche Zufriedenheit der Oberpriester sehen willst, da darfst du gleich dein Königtum niederlegen, aber zuvor alle diese deine Freunde ermorden; dann wirst du die Oberpriester zufriedenstellen, sonst aber durch gar nichts!

10] Freund, der Sieger darf nie den Besiegten fragen: 'Bist du mit meinem Siege über dich zufrieden; denn im Siege über sich wird der Besiegte wohl nie zufrieden sein! Daher muß der Sieger sogleich diktieren und sagen: 'So muß es sein, und so will ich's haben!' für den Besiegten aber soll nur die Bitte übrigbleiben!«

11] Großer Beifall wurde dieser Rede gezollt von allen Seiten, und der Gurat machte darum diesen Unterpriester sogleich zum Generaloberpriester und zu seinem ersten Haupt-, Hof- und Geheimrate.



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