Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 2


Kapitelinhalt 255. Kapitel: Lamechs Thronrede über die sichtbare Gegenwart Gottes in Gestalt des armen Mannes. Drohrede der Zweifler unter den Gästen. Gottes ernste Worte an die Zweifler.

01] Und der Lamech ging nun ohne Bedenken auf den Thron und verkündete in einer wohlgeordneten Rede des allerheiligsten, liebevollsten, ewigen Vaters Gegenwart in dem armen Manne.

02] Als alle die armen und gefangen gewesenen Gäste solches aus dem Munde des Lamech vernommen hatten, wie auch, wie der Tempel von eben diesem allerheiligsten Vater ist angeordnet und wahrhaft wunderbarst erbaut worden, da fielen alsbald die Armen nieder und beteten Ihn an.

03] Aber die Gefangenen sprachen untereinander: »Mir ist es unbegreiflich, wie da der allmächtige Gott, der mit Seiner Allmacht Himmel und Erde umfaßt, dem Sonne, Mond und alle Sterne gehorchen und die Winde, die Wolken, die Blitze und alle die großen Gewässer, ein so armseliger Mensch sein soll!

04] Das ist sicher wieder eine verstohlene Windfechterei Lamechs! Er hat gesehen, daß er mit den großen Gebirgsbewohnern mit Gewalt nichts auszurichten vermochte, so mußte er sich's denn bequemen lassen, entweder ihre Bedingungen anzunehmen, oder über die Flamme zu springen.

05] Er mußte daher auch fürs erste seine lächerliche Gottheit fahren lassen und dann fürs zweite aber auch sein Königtum; damit er aber dennoch herrsche über uns, so ersah er sicher sehr schlau, mit der freundlichen Hilfe der mächtigen und weisen Gebirgsbewohner für uns eine sichtbare Gottheit auszuhecken, welche ihn gewisserart vor unseren Augen solle zu einem völlig rechtmäßigen Alleinherrscher salben.

06] O Lamech, so weise du bist, also sind es auch wir! Willst du die Sehenden blenden, da mußt du es anders anfangen; denn auf diese Art geht es auf keinen Fall!

07] Wir wollen aber hin zum Armen gehen und ihn so ziemlich ernstlich fragen, wie es mit seiner Gottheit stehe, und es soll sich alsbald zeigen, was alles hinter der Windfechterei Lamechs steckt!

08] Wehe aber dir, Lamech, wenn dein Armer das nicht ist, als was du ihn uns zeigtest! Dann wollen wir dich über eine wohlgenährte Flamme treiben!

09] Und alsbald begaben sich mehrere solche Gegner zum Armen hin, und ein Hauptredner öffnete den Mund und tat folgende Frage an den armen Mann:

10] »Höre, du sonst redlich und ehrlich aussehender armer Mann! Bist du wohl das, was der schlaue Lamech auf dem Throne von dir ausgesagt hat?

11] Bedenke dir's aber wohl, bevor du redest, denn merken wir, daß du in das Horn Lamechs stößest, so soll es dir ganz entsetzlich geahndet werden!

12] Farak hat den wahren Gott gelehrt, und seine heilige Lehre erhielt sich bis zu den Brüdern Lamechs, die er darum erschlug draußen im Gebüsche, wo die großen Pfützen, Sümpfe und Moräste sind, weil er selbst ein Gott und ein Herr sein wollte. Wer weiß, was der Schlaue nun im Sinne hat!

13] Daher also rede vor uns die vollste Wahrheit, sonst soll es dir gar übel ergehen - und dann dem Lamech nicht besser denn dir!«

14] Nach solcher Aufforderung erhob Sich der Herr und sagte zu den Brausenden: »Was fragt ihr Mich? Hat es euch nicht der Lamech gesagt?! So ihr aber zweifelt, warum gehet ihr denn nicht dorthin, euch des besseren Rates zu erholen, von wo solche Rede über Mich erging?

15] Wie aber können es denn die Armen glauben, was Lamech sprach, und warum denn ihr nicht? Werdet ihr es glauben, so Ich nun vor euch die Aussage Lamechs bejahe?

16] Sehet, ihr seid noch voll des argen Geistes, und darum könnet ihr es nicht glauben!

17] Lamech legte für alle Zeiten den Herrscherstab nieder, da er Mich erkannt hatte, und ergriff dafür den ihm von Mir dargereichten Hirtenstab; ihr aber möchtet nun euch den Herrscherstab zu eigen machen und den Lamech in die Flammen treiben!

18] Darum aber seid ihr auch voll Argens und möget Mich nicht erkennen!

19] Ich aber werde es euch nicht sagen, wer Ich bin; gehet darum hin zum Lamech, und rechtet mit ihm über Mich!

20] Wahrlich, ihr sollet den Vater nicht eher erkennen, als bis Er verziehen wird! Und nun gehet, wenn ihr nicht sterben wollet! Amen.«

21] Hier fingen die Brausenden an sich hinter den Ohren zu kratzen, und fingen an, sich hin zum Throne Lamechs zu ziehen. Als sie aber allda anlangten, wurden sie also beklommen und verwirrt, daß da keiner wußte, was er reden sollte; denn die Worte des Armen gingen ihnen durch Mark und Bein.



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