Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 2


Kapitelinhalt 230. Kapitel: Lamechs törichtes Verlangen nach Gesetzen. Gottes Eröffnung über das Gericht im Gesetz und die Freiheit in der Liebe.

01] Nach dieser hohen Belehrung nahm dankbarst und allerdemütigst wieder der Lamech das Wort und fragte den Herrn:

02] »O Herr, da ich Dich schon einmal zu bitten und zu fragen habe angefangen, so unterfange ich mich, Deiner unendlichen Güte und Geduld volltrauend, Dich noch ferner zu bitten und zu fragen!

03] Darob aber möchte ich Dich fragen, um nun unmittelbar aus Deinem allerheiligsten Munde zu erfahren, wie es Dir im Sonderheitlichen wohlgefallen möchte, daß der Mensch danach in allen seinen irdischen Verhältnissen handeln möchte.

04] Denn siehe, o heiliger Vater, wenn von einem Orte bis zum andern ein Weg vollends gemacht ist, so kann sich auf solch einem Wege wohl niemand verirren, außer er müßte sich nur absichtlich haben verirren wollen oder hätte eigenliebig etwa gar wollen eine kürzere Strecke ausfindig machen, bei welcher Gelegenheit er sich dann auch verirrt haben könnte und gelangen in ein dichtes Gestrüpp, welches da angefüllt wäre mit Schlangen und Nattern!

05] Also wäre für uns alle ja nichts wünschenswerter als ein für unseren Geist von Dir, o heiliger Vater, genau vorgezeichneter Weg, also ein bestimmtes Gesetz, also und nicht anders zu handeln!

06] Denn haben wir von Dir Selbst eine vorgezeichnete Regel, da wissen wir auch, was Du willst, und was Deiner göttlichen Ordnung gemäß ist, und wir können dann mit großer Leichtigkeit nur Deinem Wohlgefallen leben.

07] Haben wir aber keine Regel, so muß jeden unserer Schritte eine große Ängstlichkeit begleiten, damit wir nicht gar leichtlich einen Fehltritt tun wider Deine allerheiligste Ordnung!

08] Wenn es Dir, o heiliger Vater, angenehm wäre, da möchte ich Dich wohl im Namen der ganzen Tiefe darum bitten, Dir aber auch meine unablässige, allerpünktlichste Treue für allzeit und ewig angeloben!«

09] Und der Herr hob Seine Hand auf, und sagte zum Lamech, wie auch zu allen: »Wahrlich, wahrlich, sage Ich, nun noch euer aller heiliger und liebevollster Vater:

10] Wenn Ich euch durch Gesetze binden werde, dann auch werde Ich euch binden durch das Gericht; denn ohne Gericht ist kein Gesetz möglich, aber somit auch ohne Gesetze kein Gericht!

11] Hättest du, Lamech, bisher Gesetze von Mir, so wäre Ich nun nicht gekommen zu euch als ein Vater und darum ein Helfer euch allen, sondern als ein unerbittlichster Richter wäre Ich zu euch gekommen, um euch zu verdammen für all euer arges Tun!

12] Ihr aber hattet vom Anbeginne keine Gesetze; also wie die Kindlein in der Wiege waret ihr. Ihr habet viel Arges, ja himmelschreiend Arges habet ihr getan; da ihr aber kein bestimmtes Gesetz unmittelbar von Mir hattet sondern nur einen mittelbaren Rat, so waret ihr auch bis jetzt keines Gerichtes fähig, - und Ich bin nun da, um euch zu helfen!

13] Wie magst du, Lamech, demnach Mich um Gesetze bitten?!

14] Was ist wohl besser, entweder ganz frei zu sein in der Liebe zu Mir und Mich dadurch zu haben zum Vater, oder aber gebunden zu sein durch Gesetze und dadurch Mich zu haben zum steten Richter?!

15] Wahrlich, sage Ich euch allen: Ich will eher die ganze Schöpfung vernichten, als Meine Kinder mit Gesetzen fesseln, ihnen dadurch aufhören ein Vater zu sein, und sie richten zum ewigen Tode!

16] Darum nimm du, Lamech, deine Bitte zurück, und laß sie gänzlich verderben in dir; denn du warst Mir in aller deiner Argheit dennoch lieber, als du Mir wärest in der allergewissenhaftesten Strenge der Beachtung der Gesetze.

17] Denn das Gesetz hebt alle Liebe zwischen dem Gesetzgeber und dem mit dem Gesetze Beladenen auf und stellt statt der Liebe das unerbittliche strengste Recht auf.

18] Wer aber kann von sich sagen: Ich vermag das Gesetz völlig zu erfüllen!'?

19] Siehe, nur Mir allein wäre solches möglich, sonst aber keinem freien Wesen; das Geschöpf müßte nur im Gerichte wandeln gleich den Tieren!

20] Wenn aber solches, wo bleibt dann die freie Lebenstätigkeit des Geistes?!

21] Wehe euch, und wehe jedem Volke, dem Ich Gesetze geben werde; denn da wird das Haus des Vaters mit ehernen Riegeln verschlossen werden!

22] Und wenn Ich nicht Selbst werde kommen, dasselbe zu erfüllen, so geht alle Schöpfung zugrunde!

23] Also gebe Ich euch nun auch kein Gesetz, sondern sage euch als Vater nur, daß ihr Mich liebt über alles und euch untereinander wie jeder sich selbst! Das ist Mein Wille; alles andere aber tuet aus der Weisheit, welche euch in Meiner Liebe wird, so werdet ihr also leben, wie es Mir am wohlgefälligsten ist!

24] Solches also beachtet, und tuet danach, so werdet ihr allzeit Meine Liebe haben, und Mein großes Vaterhaus soll vor euch nicht verschlossen werden ewig! Amen!«



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