Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 2


Kapitelinhalt 92. Kapitel: Der Morgensturm auf der Höhe. Gottes Morgensegen.

01] Ungefähr eine halbe Stunde ruhten die Väter noch, und der Adam schloß seine Augen, so fest er nur immer konnte, um ja keinen Strahl des falschen Tages mehr in sich aufzunehmen.

02] Als nun diese halbe Stunde vergangen war, da erhob sich auf einmal ein außerordentlich heftiger Sturm. Windhosen entwurzelten die dicksten und kräftigsten Bäume. Die Luft durchzuckten tausend und tausend Blitze, und auf den benachbarten Gebirgen lösten die mächtigsten Feuersäulen große Felsstücke von ihren Fundamenten und zerstoben sie in der Luft wie eine leichte Spreu.

03] Das beständige Krachen der Blitze trieb dem Adam eine übermäßige Furcht ein, und er gedachte darob bei sich in der Stille höchst beängstet: »Mein Gott und mein Herr und mein geliebter heiliger Vater! Wenn es vielleicht denn Deinem großen Feinde, dem Leviathan, dieser mächtigen Schlange alles Verderbens, dennoch gelungen wäre, Dich zu überlisten und, während Du nun segnend hier unter uns weilst, sich auf den Thron Deiner ewigen Heiligkeit zu schwingen, was werden wir da anfangen?

04] Was wird da aus Deinen heiligen Verheißungen werden?

05] Bist Du, o heiliger, lieber Vater, entmächtigt vom Satan, was soll da aus uns denn werden?

06] Dieses Toben der Elemente gegen uns ist sicher ein Zeichen, daß dem Satan gelungen ist seine übergroße Bosheit!

07] O Vater, Vater! Was wird da aus uns werden?!«

08] Siehe, in solchen Gedanken war Adam begraben, und da Ich Mich noch nicht rührte, so schien es ihm auch schon nun ganz wahrscheinlich, daß Ich sicher samt ihm und allen den Kindern ein Gefangener des Satans geworden sei, darum er endlich seine Augen wieder auftat und ganz entsetzlich ängstig (ängstlich) nach Mir hin schaute, ob Ich noch da sei, und ob die Kinder noch unbeschädigt da seien.

09] Als er aber also die Augen auftat, da erschrak er alsbald noch überheftiger vor der verheerenden Feuer- und Sturmszene; denn es kam ihm vor, als sähe er zerstörte brennende Berge durch die Lüfte fliegen und hier und da ein Stück unter großem Gekrache zur Erde noch brennend niederstürzen.

10] Solcher Erscheinung zufolge schrie er bald überlaut Mich rufend aus: »Abedam, Abedam, Du heiliger Vater, wenn Dir noch irgend eine Macht eigen ist, so erhebe Dich über diesen Deinen und unseren ärgsten Feind, und treibe ihn zur Ruhe und zur Einsicht seiner Schwäche vor Dir, sonst gehen wir ja alle zugrunde!«

11] Bei diesem Geschrei Adams richteten sich auch alle Kinder auf und gerieten ob der Schauderszene und ob der unheimlichen Worte Adams - mit Ausnahme Henochs, Jareds, Lamechs und seines Weibes Ghemela, des Hored und der Naeme, des Uranion, des Gabiel und seines Weibes Aora und der Tochter Purista, des Lamel, des Pariholi und seiner Familie, des Sehel und des Jorias und seines Weibes Besela, - alle in eine übergroße Furcht und Angst und waren, durch den Adam gewisserart angesteckt, alle auch von seinen Gedanken gefangen genommen und äußerten sich in ihrer Angst auch gleich dem Adam also durch dieselben Worte.

12] Als aber der Hored von allen Seiten her solche Äußerungen vernommen hatte, da erregte er sich, sprang von der Erde auf und sagte laut zu allen, die von der Furcht Adams befallen waren:

13] »Väter, Brüder, Mütter und Schwestern! Welche übertörichte Furcht hält eure Herzen gefangen, und welche noch viel törichteren, ja welche wahrhaft lästerlichen Worte entstammen eurer Zunge!

14] Nie noch war von euch allen je einer also sehr wie ich in der Gefahr, vom Satan verschlungen zu werden!

15] Wer aber hat mich denn so gewaltigst schnell entrissen dem Rachen des Ungeheuers?

16] War es nicht Der, der jetzt noch also liebevollst und segnend unter uns sichtbar weilt?! War es nicht Er, der allmächtige, große Gott, der uns allen nun in Seiner unendlichen Liebe überbracht hat und gegeben hat die wahre Kindschaft, wie solches doch sicher ein jeder aus den Wundergesichten der Boten hat völlig ersehen können?!

17] Er, der allmächtige, ewige, unendliche, heilige Gott wird Sich von einer elenden Kreatur besiegen und am Ende gar verderben und vernichten lassen?!

18] O Erde, wo hast denn du noch einen Winkel, da etwas Unsinnigeres keimen möchte, als da sind solche Gedanken?!

19] Höret, ich bin nur ein schwacher Mensch gleich euch; da ich aber gleich euch von Ihm Selbst den mächtigen Segen empfangen habe, so gestehe ich und sage:

20] Wahrlich, wahrlich, Er ist mir ein Zeuge: Mit dieser Seiner Segenskraft in mir, welche gegen Seinen leisesten Hauch im Vergleich soviel als rein nichts ist, nehme ich - höret, ich ganz allein! - es mit hundertmal hunderttausenden solcher wettermachenden Satane auf, und wenn jeder noch um so vieles mächtiger wäre, um wie vieles die von mir ausgesprochene Zahl die Einheit überbietet!

21] Wenn aber ich, der einzige Sünder unter euch, schon solches mich getraue und gar wohl vermag, saget euch selbst: Was ist's denn hernach, das eure Herzen mit solch unsinnigster Furcht erfüllt? - O ihr Schwachherzigen!

22] Damit ihr aber sehet, wie entsetzlich eitel und übertöricht eure Furcht ist, so gebiete ich diesem fürchterlichen Feinde, daß er weiche und sich verkrieche in irgendeine Schlammpfütze der Tiefe!

23] Sehet, schon wehet überall segnende Ruhe! Wo sind nun die Blitze, wo die fliegenden Berge, wo die Wind- und Feuerwirbel, wo das schwarze Gewölke?

24] Aber dort sehet hin, wie herrlich die rechte Sonne sich schon dem heitersten Aufgange nähert!«

25] Bei diesen Worten erhob Sich auch der Abedam; und der Hored fiel aus übergroßer Liebe alsbald zu Seinen Füßen nieder und dankte Ihm für solchen mächtigen Segen.

26] Alle die Väter aber starrten bald den Hored und bald wieder den Abedam wie versteinert an, und keiner wußte sich hier zu raten und zu helfen.

27] Der Abedam aber lobte den Hored und sagte darauf zu allen: »Der Friede sei mit euch, und Meine Liebe sei Mein Segen in euch und über euch!

28] Erhebet euch alle in der Liebe zu Mir, und du, Seth, gehe und sorge für ein reichliches Morgenmahl; ihr alle aber bedenket unterdessen, Wer durch Mich unter euch ist, und entfernet alle eure törichte Furcht! Nach dem Mahle aber will Ich euch erst zeigen, wie eitel eure Furcht war. Amen.«



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