Jakob Lorber: 'Die Haushaltung Gottes', Band 2


Kapitelinhalt 17. Kapitel: Uranion und Purista bei Adam und Eva. Das Früchtewunder. Das vom Blitz entzündete Opfer.

01] Da aber der Weg nur mehr einige hundert Schritte lang war, so versteht es sich auch schon von selbst, daß die noch übrige Reise nicht mehr gar lange angedauert hat, besonders, wenn man noch den allmächtigen Führer mit in Anschlag nimmt, bis sie die Vollhöhe erreicht haben.

02] Nun also da anlangend, verneigten sich alle die Kinder vor Adam und der Eva und sodann auch vor allen übrigen Hauptstammkindern. Als sie durch diese übliche Art nun allen die gebührliche Achtung und Liebe bezeigten, da ging alsbald der Uranion hin zum Adam und grüßte und dankte ihm im Namen aller und ließ dann hervortreten eine Urenkelin von ihm, namens Purista, welche da in einem aus einer Art Gebirgsgras mit eigener Hand geflochtenen Körbchen dem Adam auserlesene Früchte des Morgens zu überreichen hatte; und sie trat hervor und tat mit großer, zartester Freude, wie es ihr geboten war.

03] Als aber der Adam die überherrlichen Früchte besah, da fing er an, sich ganz gewaltigst zu erstaunen, da er noch nie ähnliche Früchte von solchem Wohlgeruche gesehen und empfunden hatte, und fragte darum die Purista: »Purista, du allerliebstes Töchterchen deines Vaters Gabiel, der da mir ist ein großer Liebling, komme her zu mir, und sage es mir, wo du denn diese gar so überherrlichsten Früchte für mich gesammelt hast!

04] Denn das sind ja Früchte, dergleichen meine Augen vom Uranbeginne meines Seins nie, nie noch gesehen haben! Das sind ja wahrhaft überparadiesische Früchte; ja ich möchte sie im Ernste himmlische nennen

05] Sage mir daher, wo du sie gesammelt hast!«

06] Als aber die Purista selbst die Früchte näher besah, da erschrak sie und wußte nicht, was sie darauf sagen sollte; denn die Früchte kamen ihr selbst nun ganz fremd vor.

07] Und sie rief ihren frommen Vater Gabiel herbei und fragte ihn heimlich: »Lieber Vater, hast du mir denn die Früchte heimlich ausgetauscht?

08] Denn siehe nur hin, das sind doch wahrlich die Früchte nicht, die unser kleines Gärtchen trägt?! Denn solche herrlichen Früchte haben wir ja selbst noch nie gesehen!«

09] Und der Gabiel sagte zu ihr: »Du meine einzige, geliebte Tochter, da ist ein Wunder geschehen! Wie sich die Sache verhält, also erzähle sie auch dem erhabenen Erzvater!«

10] Und die Purista trat nun schüchtern hin vor den Adam und erzählte ihm, wie sich die Sache verhielte.

11] Und der Adam erwiderte darauf: »Ja, ja, es ist, wie ich mir's heimlich sogleich gedacht habe: wir alle sind schon wieder um eine Gnade reicher!

12] Wo der heilige Vater, der allerbarmungs- und allerliebevollste, schon also im voraus Sich wunderbar benimmt, was wird da erst Seine Enthüllung bieten?!

13] O du mein armseliges Herz! Wirst du wohl ertragen solche große Milde des Herrn, unseres allerheiligsten Vaters

14] O Abedam, wer kann Dich loben, wer Dir danken, wer Dich preisen, wer Dich genug lieben und Dich anbeten nach Würde und Gebühr?!

15] Das Gefühl meiner Nichtigkeit und Deiner unendlichen und ewigen Allheit ist alles, was ich Dir zum Opfer darzubringen vermag!

16] Du meine geliebteste Purista aber kehre dich um! Siehe Den an, der gerade hinter dir steht, und danke Ihm aus allen deinen Kräften; denn Der ist es, der dein Körbchen mit diesen himmlischen Früchten angefüllt hat, ohne daß du es merken konntest, wann!«

17] Und die Purista aber sagte darauf zum Adam: »O erhabener Vater der Väter, wenn er das getan hätte, so wäre das ja recht schlimm von ihm; denn er muß ja doch wohl auch wissen daß ich niemanden mag und liebe denn allein meinen himmlischen Vater, und meinen Vater Gabiel und meine Mutter Aora!

18] Bis jetzt floh ich vor jedem Manne, und meine Sehnsucht war stets nur gerichtet nach oben zu dem allein Einen; wie konnte denn dieser Mensch mir solches getan haben?

19] Der muß ja gar nicht wissen, daß es eine Sünde ist, wenn er sich ohne den Willen Gottes einem Mädchen naht, so zwar, daß nicht einmal meine Eltern etwas davon wissen!

20] Siehe, das war ja schlimm von ihm - denn also weiß ich es von meinen Eltern aus -, und darum auch mag, darf und kann ich ihm nicht danken, und wären die Früchte noch vielmal herrlicher, als sie sind!

21] Sage du ihm nur, daß das recht schlimm von ihm war, und er solle das künftighin ja nicht mehr tun, - sonst möchte er sich wohl eine tüchtige Strafe vom himmlischen Vater zuziehen!

22] Für diesmal aber will ich den himmlischen Vater für ihn bitten, daß Er ihn gnädigst verschonen möchte!«

23] Nach diesen Worten bat sie auch inbrünstigst den himmlischen Vater um die Vergebung der Schuld an dem Menschen, der ihr dieses getan hatte.

24] Der Adam aber sagte zu ihr: »Du überschöne, herrlichste, zarteste Blume des erhabenen Morgens wahrlich, ich sage dir, wenn der himmlische Vater nie noch eine Bitte von dir erhört hätte, da glaube es mir, diese wird er sicher nicht unerhört lassen!

25] Ich kann und darf dir's jetzt noch nicht sagen, wie und warum; aber sei nur getröstet, - du wirst es sicher gar bald erfahren!«

26] Und die Purista begnügte sich damit und wurde ruhig.

27] Es berief aber alsbald der Abedam den Henoch zu sich und sagte zu ihm: »Henoch, gehe nun hin und lege das Opferlamm geschlachtet auf den Altar und komme dann alsbald wieder hierher, und siehe dann zu, wie Ich ein Feuer aus dem Himmel auf den Altar werde herniederkommen lassen, welches das Opfer verzehren wird.«

28] Und der Henoch ging alsbald hin zum Altare und erfüllte des Herrn Willen.

29] Und als er zurückkam, da stürzte alsbald ein allerhellster Blitz herab, begleitet von einem weltenerschütternden Donner, so zwar, daß selbst der Henoch darob erschrak; und alsbald auch erbrannte mit sonnenhellen Flammen das Opfer auf dem Altare, und blendend weiße Rauchwolken stiegen vom Altare zum Himmel empor.

30] Da fing's der armen Purista an schlecht zu gehen, und nicht minder allen Morgenkindern; denn sie merkten nun die vom Henoch verkündete Größe und Macht dieses ihnen noch unbekannten Menschen.



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