Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Supplemente S. 332


01] a »Du bist Petrus (ein Fels), auf diesen Felsen will Ich Meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen! - b Dir will Ich die Schlüssel des Himmelreiches geben; was Du lösen wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gelöset sein, und was du binden wirst auf Erden, das soll auch im Himmel gebunden sein.« - (a Matthäus.16,18; b Matthäus.16,19)

02a] »Dieser Schrifttexte wegen herrscht noch bis jetzt in allen christlichen Bezirken auf der Erde der größte Irrtum und Wahn. Denn alle, ohne Ausnahme, halten sich mehr oder weniger für den Kirchfelsen Petri, und vermeinen die wirklichen Schlüssel zum Reiche Gottes zu haben und dasselbe für die Hineinkommenwollenden nach Belieben öffnen oder schließen zu können. D.h. das Wort des Evangeliums nach Willkür (statt nach dem in ihnen sein sollenden Verständnis durch den Geist Gottes) geben, verstümmeln, vorenthalten, untersagen, dafür willkürliche Gebote geben und darauf die ewigen Strafen legen, und die Menschen durch dergleichen Gebote zu möglichst vielen Sünden verleiten, diese dann nach (gleicher) Willkür nachlassen oder vorenthalten und gegen gewisse Bußwerke sogar vollkommene oder unvollkommene Ablässe für alle begangenen Sünden erteilen oder wohl auch vorenthalten zu können! -

02b] Hätte da jemand nur ein Atom groß reinen Verstandes, so müßte er's um Meiner Gottheit willen ja doch einsehen, daß Ich, der Ich lediglich nur das Gesetz der allgemeinen Bruderliebe bei jeder Gelegenheit predigte, unmöglich dem Apostel Petro wie allen andern Aposteln konnte eine solche Vollmacht gegegeben haben und eine solche Bestimmung, die sich doch offenbar mit der Nächstenliebe gerade also verhält, wie Hölle und Himmel! -

02c] Wer Gesetze gibt, der gibt auch das Gericht; ist das Gericht Liebe? - Ich nahm ja darum alles Gericht am Kreuze auf Mich, auf daß den Menschen allein die Liebe bleibe. Ist aber diese wohl denkbar, wo eine Milliarde Richterstühle unter den sein sollenden Brüdern aufgerichtet sind und wo man hinsieht, nichts als Gesetze über Gesetze erblickt?! - Ist das Petrus der Fels, auf dem Meine Kirche, welche nichts ist und sein soll als bloß nur Liebe und wieder Liebe, - erbaut werden solle? -

02a] Jeder, der Mich wie Petrus erkennt und liebt, ist ein rechter Fels, auf dem Ich Meine wahre Kirche, die wahre Liebe und Weisheit aus Mir, erbauen kann und auch vollernstlich wirklich erbaue. -

02b] Wie aber soll dann irgendeine große oder kleine Gemeinde unter irgendeinem Oberhaupte ein Fels sein, wenn jeder denkt und glaubt, was er will; wo der eine mit den Lippen unverständliche Worte murmelt und solche Murmelei für ein nützliches Gebet verkauft, der andere darüber flucht und spottet und lacht, ein dritter als Richter auftritt und alles in den tiefsten Grund der Hölle hinein verdammt?! -

02c] Kann solch eine Gemeinde oder ihr Vorstand der Fels sein, auf dem Meine Kirche gebaut ist, die die Pforten der Hölle nimmer überwältigen sollen?!

02d] Ich sagte: a An der Liebe, so ihr euch untereinander liebet, wie Ich euch liebe, wird man erkennen, daß ihr wahrhaft Meine Jünger seid! - Die Liebe also gab Ich als das alleinige Kennzeichen, aus dem man erkennen kann, ob jemand ein wahrer Fels ist, auf dem Meine Kirche erbaut ist. - (a Johannes.12,34-35)

02e] Wie aber soll dann der nun so vervielfältigte Richterstuhl unter den sein sollenden Brüdern ein Kennzeichen des von der Hölle nicht überwundenen Felsen Petri sein und Meiner darauf erbauten Kirche?!

02f] O du entsetzlich blinde Dummheit der Menschen dieser Zeit, die du dich von der Hölle unüberwunden hältst, und dich allem deinem Handeln nach schon lange, lange, lange mitten darin befindest! -

02g] Hätte Ich wollen eine sichtbare Kirche damit stiften, so hätte Ich wohl zu allen Aposteln und Jüngern gesagt: 'Ihr alle seid Petrus!' Allein solches sagte Ich ja doch gar zu handgreiflich nur zu Petro, da er der erste war, der Mich Meiner göttlichen Natur nach erkannte. -

02h] Er war sonach auch der erste, dem Ich in seinem Glauben und Vertrauen die a Schlüssel zum Himmelreiche gab, welches da ist ein Reich der Liebe zu Gott im Herzen der Menschen und daraus erst die wahre Liebe zum Nächsten, zu welcher Liebe aber niemand ohne vorangehender Erkenntnis Gottes gelangen kann, da doch sicher jedermann Den zuerst kennen muß, bis (oder bevor) er ihn lieben kann. - (a Matthäus.18,19)

02i] Diese Gottes- und Nächstenliebe ist also das wahre Reich Gottes, die einzig wahre lebendige Kirche, die auf dem Felsen der richtigen Erkenntnis und des daraus abgeleiteten festen und unerschütterlichen Glaubens und Vertrauens erbauet ist, die freilich keine Hölle mehr zerstören kann. -

02j] Aber äußeres gemeinschaftliches zeremonielles Parade- und Prunkwerk von einer sein wollenden unüberwindlichen Kirche Christi auf irgendeinem goldenen und silbernen Felsen Petri ist ebensowenig Kirche und Fels Petri als die Hölle ein Himmel oder der Kot eines Schweins ein Diamant. -

02k] Oder habe Ich wohl je gesagt: Am Golde, Silber, Edelsteinen, kostbaren Meßkleidern, an großer irdischer Macht und am größten irdischen Ansehen, an den prachtvollsten Kirchengebäuden, Glocken und Orgeln, an der lateinischen Sprache und dergleichen mehr wird man erkennen, daß ihr Meine Jünger seid? Wahrlich, wahrlich, so etwas ist von Mir nie als Kennzeichen Meiner wahren Kirche vorbezeichnet und vorhergesagt worden; durch Johannes wohl in der Offenbarung, wo von der ,großen Hure' die Rede ist. Diese aber wird doch etwa der Fels Petri nicht sein?! -



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