Leopold Engel (1858-1931): 'Das große Evangelium Johannes', angeblicher 'Band 11', Achtung! krit. Anmerkungen


Kapitelinhalt 016. Kapitel

01] Als Ich nun Meine Augen über die Schar Meiner Anhänger gleiten ließ, die andachtsvoll Meinen Worten lauschten und nicht recht wußten, was sie denn aus diesen machen sollten, da fühlte Meine Seele ein tiefes Mitleid und übergroße Liebe zu den Mir so vertrauensvoll Folgenden. Gleichzeitig aber sah Ich, wie das Böse in ihnen bemüht war, ihre Seelen von Mir abzulenken und der Welt zuzukehren. Da ergrimmte in Mir die Gottheit, und der Mensch Jesus trat zurück, so daß nur der Vater in Mir herrschte.

02] Und die Allmacht (Ich) sprach: »Laß uns noch einen Versuch machen, ob es nicht gelingt, alle diese zu befreien von dem, was nach unten strebt, und sie frei zu machen zu Kindern der Höhe, damit der verlorene Sohn heimkehre in das Vaterhaus!«

03] Und siehe, da fielen alle in einen tiefen Schlaf. Ich aber, als Mensch Jesus und doch Gott von Ewigkeit her, stand allein und berief Luzifer, den gefallenen Erzengel, vor Mich, um dessentwillen alles dies geschaffen worden war.

04] Da lösten sich von den Leibern der Schlafenden die Seelen, und sie scharten sich um Mich, und in ihnen glühte ein helleuchtender Funke, der diesen noch arg verunreinigten Seelen Licht und Lebenswärme spendete.

05] Und sie knieten vor Mir und baten Mich (die Seelen der Jünger): »O Herr, wende Dich nicht von uns! Du hast uns errettet und wirst uns weiterführen!«

06] Luzifer aber stand in der Gestalt eines schönen Jünglings, doch ohne Glanz vor Mir, gesenkten Hauptes, und wartete Meines Wortes.

07] Ich sagte zu ihm: »Du hast die Gottheit nicht sehen, nur empfinden können, Lichtträger, und als du hinausfuhrst vom Mittelpunkt Meiner Liebe, Licht und Leben zu schaffen in alle Räume der Unendlichkeit, da glaubtest du, nicht Träger der Kraft, sondern Besitzer der Kraft zu sein. Du verwandeltest deine Liebe in Hochmut und sagtest: 'Ein Gott, der nicht zu sehen ist, ist kein Gott. Die Geschöpfe, die da entstehen durch meinen Willen, verehren mich als allein sichtbares Wesen, wie Gott. Ich will daher für diese Gott sein und bleiben!'

08] Da ertönte in dir Meine Stimme und sprach: 'Die Fülle Meines Geistes wirkt mit dir und in dir, und alle Eigenschaften, die da ruhen in Mir, bilden auf- und abwärts eine Stufenleiter in die Unendlichkeit. Ich will dir geben einen Teil Meiner Kraft, so daß ein jeder herrsche von der innersten Begrenzung aus, die da bildet einen innersten Punkt, herströmend aus der Unendlichkeit von zwei Seiten. Und so kannst du, als endliches Wesen ausgegangen von Mir, dennoch wirken unendlich mit Mir als Gegenpol, der da gerecht stehet zu Mir.'

09] Da aber mißachtetest du die Warnung; denn deine Kraft erschuf zahllose Wesen aus dir, und sie folgten dir und wurden mächtig, da Ich die Neugeschaffenen, als Teil von dir, nicht zerstören wollte. Immer mächtiger wuchs die Schar an, und sie bildeten dich zu ihrem Gott. Da freveltest du abermals und sagtest: 'Ich bin Gott; denn nirgends erblicke ich die Kraft, die etwas schafft!' - Tor, als ob das Endliche das Unendliche je sehen und begreifen könnte!

10] Ich schlug dich nun in Fesseln, und siehe, dieselbe Kraft steht hier vor dir in Person und sagt dir: Ich bin der bisher nicht sichtbare Gott! Erkennst du Mich nun? Kehre um ins Vaterhaus, damit du befreit werdest von den Fesseln und den Platz einnimmst, der dir gebührt! Sieh hier die Schar der vor Mir Knieenden, losgelöst von dir, belebt in sich durch Meinen Hauch und für immer hergewandt zu Mir! Laß ab vom Trotz, lasse in dich hauchen die Wärme Meiner Liebe - und alle Materie zerstiebt in nichts!«

11] Sprach Luzifer: »Du bist Jesus von Nazareth, ein Mensch von großer Kraft, die auch einst mir gewesen. Doch Gott, die höchste Kraft, die Unendlichkeit im Endlichen, in dir zu erkennen, - nein, niemals! Was mit mir gewesen, kann auch mit anderen sein. Die Menschen sind sterblich, ihre Leiber faulen, - so wirst auch du zerfallen, dein Leib zergehen, und von dem Jesus verbleibt nur Staub.

12] Ich kenne meine Schuld und sehe mich entkleidet des Lichtschmuckes, gönne dir auch die wenigen der Meinen, die sich dort zu dir wenden. Doch wird es der Allmacht nie einfallen, ihre Schöpfung zu vernichten, die eigentlich mein Werk ist, zu der ich ihr erst verhalf, und die ich auch liebe, geradeso wie sie; denn sie ist aus mir. Mag der Kampf weiterbestehen; denn dieser Kampf erst bedingt das Leben. Das Schrecknis des Todes ist mein Werk, und dadurch halte ich meine Geschöpfe zu mir, und sie bleiben bei mir, daß meine Eigenschaften in ihnen leben können. Es ist also schon so recht, wie es ist! - Was willst du also noch von mir?«

13] Sprach Ich: »Hier ist nicht der Ort, zu rechten; denn du weißt sehr wohl, um was es sich handelt. Mir ist als Gottmensch gegeben alle Kraft der Himmel, und nur deine Verstocktheit will Mich nicht erkennen, weil du noch immer hoffst, die Gottheit doch zu besiegen, dich ihrer zu bemächtigen. Ihre große Langmut legst du dir als Schwäche, ihre Liebe als Ohnmacht aus. Deine Scharen, welche nun Selbst zu erretten Ich Mich einkleidete, willst du nicht fahren lassen und suchst sie aufzustacheln, obgleich du weißt, daß dein Anhang nun schon sehr geschwächt und geringer geworden ist. Es ist dir gelungen, die Gemüter zu fangen und von der Erkenntnis abwendig zu machen. Das Bestehen des Heidentums ist dein Werk. Trotz alledem aber sind alle deine Taten so gewendet worden, daß die Gefallenen dennoch zu Mir geführt werden, - und das alles genügt dir nicht?«

14] Sagte Luzifer: »Die dir Zugefallenen warten nur meines Rufes, um zurückzukehren. Gib mir Gelegenheit, es dir zu beweisen, wie schwach sie sind, - und verliere ich, so will ich dich anerkennen! Gib mir Gewalt über deinen Leib, lasse mich den inneren Menschen beschauen, der in dir lebt, und wir werden sehen, wie wenig Göttliches an ihm haftet! Und auch diese hier kehren zurück zu mir, dem sie angehören, wenn erst der Jesus dem Tode seinen Tribut gezahlt hat!«

15] Sagte Ich: »Was Ich Selbst einführe in Mein Reich, ist dir verloren für ewig. Ich weiß es seit Anbeginn der Welt am besten, welche Wege zum Heile führen. Doch wahre dich wohl, - dein Maß ist voll! Aus Liebe zu den Geschöpfen Meiner Himmel und Erden kam Ich wieder und werde aus Liebe zu ihnen das Werk vollenden, trotz deiner Hartnäckigkeit!

16] Trotze nicht darauf, daß mit deiner Vernichtung auch die Vernichtung aller Wesen besiegelt ist, die aus dir sind, und daß dadurch die Frist bedingt ist, die auch dir stundet. Einst kommt die Zeit, wo du nicht nur entkleidet deines Glanzes wie jetzt, sondern auch entkleidet jedes Wesens aus dir vor Mir stehen wirst und sodann durch deine Vernichtung kein Geschöpf je mehr getroffen wird. Sodann wirst du dich wieder zu entscheiden haben, - so du nicht vorziehst, vordem freiwillig zu Mir zu kommen. Jetzt weiche von hinnen; denn Meine Entschlüsse stehen fest, und Mein Wille geschehe! «

17] Hierauf verschwand Luzifer, Ich aber segnete die um Mich gescharten Seelen, stärkte sie und gebot ihnen, in ihre Leiber zurückzukehren.

Krit. Anmerkungen zur Person und den Werken von Leopold Engel



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