Leopold Engel (1858-1931): 'Das große Evangelium Johannes', angeblicher 'Band 11', Achtung! krit. Anmerkungen


Kapitelinhalt 004. Kapitel

01] Sagte der Wirt fast tränenden Auges zu Mir: »Herr und Meister, ich habe es zwar schon deutlich in meinem Herzen empfunden, daß Du und jener Galiläer, den die nun leider in meinem Hause befindlichen Pharisäer zu verfolgen gedenken, ein und dieselbe Person sind. Aber was mein Herz dabei ahnte, ist mir nun auch zur völligen Gewißheit geworden: daß Du niemand anders als die personifizierte höchste Gottheit Selbst bist; denn derartige Wunder tun und mit klaren Worten schildern, wie es im Haushalt der Natur beschaffen ist, kann nur der, der dieselbe völlig durchdrungen hat und in sich ein allergrößter Beherrscher derselben geworden ist. Wer aus Nichts Brot und aus Wasser Wein schaffen kann, der kann auch den Himmel und alle seine Sterne mit einem Wort hervorrufen, wie es Moses den Juden seinerzeit beschrieben hat. Und so danke ich Dir denn aus vollstem Herzen, Du Herr Himmels und der Erden, daß Du mich würdig befunden hast, mich und mein Haus zu besuchen, das Dich allezeit eifrigst gesucht und nun auch in aller Fülle gefunden hat.«

02] Sagte Ich zu Meinen Jüngern: »Da sehet ihr abermals, wie schnell Mich die Heiden erkennen und bei sich aufnehmen, während die Auserwählten Mich verstoßen, zu fangen und zu töten suchen. Dieser Römer hat Mich nur in seinem Herzen gefunden, während Ich anderwärts Wunder über Wunder wirken mußte, um ihre zähen Herzen zu einem brauchbaren Boden umzuwandeln, damit das Samenkorn Meines Wortes gedeihe. Darum wird aber auch den Juden das Himmelreich genommen und in aller Fülle den Heiden gegeben werden, denn diese werden es besser zu wahren wissen als die nun überaus finster gewordenen Juden und Pharisäer.

03] Du aber, Mein Mucius, sollst Mir noch ein tüchtiges Rüstzeug hier im Süden werden, ein Bollwerk gegen die Bosheit der Pharisäer und Schriftgelehrten, das Mir noch große Dienste leisten wird; denn es ist nötig, feste Plätze zu errichten, die uneinnehmbar sind. Und solch ein fester Platz, der den Schatz Meines Wortes in sich birgt, wird Mirdein Herz und die Herzen deiner Angehörigen werden.

04] Nun sende Mir aber die Pharisäer und Kaufleute heraus, und während Ich versuchen werde, diese auf wenigstens ein wenig bessere Wege zu leiten, lasse du dich von Meinem Jünger Johannes in die Tiefe Meiner Lehre einweihen, damit du sie ganz erkennst!«

05] Der Wirt Mucius ging nun zunächst zu den Pharisäern und Kaufleuten und brachte ihnen die Nachricht, daß sie aufgefordert würden, selbst zu Mir zu kommen, um ihr Anliegen vorzutragen, und daß er nicht imstande sei, ihnen irgendwelche befriedigende andere Antwort zu überbringen.

06] Wohl oder übel mußten sich die drei Leviten, wollten sie nicht beweisen, daß es ihnen um das Gesagte nicht ernst sei, in den Garten verfügen, um Mich aufzusuchen. Ihnen schloß sich nur der eine Kaufmann, den Ich schon als einen der Tempelwechsler bezeichnete, an, da die andern, aus Sorge für ihre Waren, vorschützten, dieselben nicht ohne Aufsicht stehen- und liegenlassen zu können, sich daher zu ihren Ballen begaben, um für die baldige Abreise Sorge tragen zu können.

07] Alsbald sah man denn auch die drei Pharisäer und den Kaufmann zu uns in den Garten treten, gefolgt von Mucius, der sich alsbald zu Johannes begab, um sich mit ihm in ein ernstes Gespräch über Mich und Meine Lehre einzulassen.

08] Der gestrige Sprecher ging auf Mich zu, da Mich schon Mucius bezeichnet hatte, und sagte dann auch in ganz freundlichem, aber doch herablassenden Ton zu Mir (der Pharisäer): »Lieber Freund, wir als Mitglieder des Hohen Rates zu Jerusalem bitten dich recht höflich um eine Auskunft, die du uns zu geben sicherlich gern gewillt sein wirst, vorausgesetzt, daß du sie uns geben kannst, wie wir jedoch vermuten.

09] Aus deinen recht weisen Reden, welche wir gestern, ohne es eigentlich zu wollen, in dem nebenanliegenden Zimmer vernahmen, haben wir ersehen, daß du in der Schrift sowie auch in der Völkerkunde recht erfahren sein mußt, ansonst du nicht solche tiefsinnigen Erklärungen hättest geben können, die selbst uns, die wir doch in der Geschichte unseres und des umliegenden Landes auch wohlerfahren sind, noch völlig fremd geblieben waren. Sicherlich bist du weit gereist und hast Forschungen unternommen, die auch uns recht interessieren werden, bei Gelegenheit von dir zu erfahren.

10] Für uns ist es jedoch nunmehr recht wichtig, etwas Näheres von jenem Galiläer zu erfahren, über den der Wirt öfter mit dir und uns gesprochen hat und über dessen Treiben Erkundigungen einzuziehen wir ausgesandt worden sind. Es ist ja sehr leicht möglich, daß er auf deinen Wanderungen dir begegnet wäre und somit du uns Näheres über ihn mitteilen könntest, und wir möchten dich bitten, falls du das imstande bist, dieses zu tun.«

11]Antwortete Ich: »Um das ihr Mich bittet, könnte Ich leicht tun, da Ich in der Tat jenen Galiläer recht wohl kenne; aber es handelt sich darum, von euch zu wissen, was Ich denn von ihm aussagen soll. Gutes wird euch häßlich in den Ohren klingen, denn ihr seid ausgezogen, Anklagen gegen ihn zu sammeln, damit er verderbt werden könnte. Soll Ich aber der Wahrheit gemäß reden, so wird wohl niemand imstande sein zu zeugen, daß er je Übles vollbracht habe, und nur mit dem Berichten solcher Taten würde euch gedient sein. Was wollt ihr also, daß Ich tun soll?«

Krit. Anmerkungen zur Person und den Werken von Leopold Engel



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