Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 01, Kapitel 183


Ahab bringt seine Pharisäer-Kollegen zu Jesus.

01] Ahab entfernt sich nun und eilt zu seinen Kollegen. Als er zu ihnen kommt, so dringen sie alle in ihn und sagen: »Aber um des Tempels willen, was machtest du denn so lange?! Welche Ängste haben wir deinetwegen schon ausgestanden! Wie sieht es denn aus? Was macht der Zauberer? Wie ist es dir ergangen? Kommen die Soldaten schon? Wir sind in einer verzweifelten Lage! Du wirst davon noch nichts wissen!?«

02] Sagt Ahab: »Wieso denn? Was ist es denn, dass ich davon nichts wüßte?!«

03] Sagen die Alten: »Stelle dir's vor! Vor kaum einer halben Stunde kommen drei Bürger, Juden, dieses Orts; diese meldeten uns, dass der ganze Markt Jesaira samt und sämtlich zu den Griechen übergegangen sei und wir nun hier nichts mehr zu tun hätten! Was sagst du dazu?! - Und höre, das alles dürfen wir diesem verwünschten Zauberer verdanken, der nichts als ein Apostel der Hölle ist und des Beelzebubs Geist in seiner Brust birgt! Ja, was sagst du dazu?!«

04] Sagt Ahab: »Wenn so, dann ist es schlimm für uns, und wir dürfen uns dann so hübsch zeitlich ums Weiterkommen umsehen! Ich habe davon wohl schon gestern etwas murmeln hören, konnte aber doch nicht recht innewerden, was die ganze Geschichte zu bedeuten haben sollte. Geschieht uns aber übrigens auch ganz vollkommen recht! Ich habe es euch oft gesagt, dass wir mit unserer Dummheit und Finsternis, in die wir alle im Tempel eingeweiht worden sind, bei den sehr geweckten Griechen nicht auslangen werden, und dass es diesen ein nur zu leichtes Spiel wird, uns über den Daumen zu drehen; aber da goß ich allzeit Öl ins Feuer! Nun ist das in die notwendige Erfüllung gegangen, was ich euch schon lange vorher an den Fingern ausgerechnet habe, und ich begreife nun wahrlich nicht, wie ihr euch darüber noch wundern könnt! Ich habe es euch oft gesagt: Hören wir doch einmal auf mit dem Dummachen und Verfinstern des Volkes; denn auf der Welt hat alles seine Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen! Was wird es uns denn nützen, so wir systemmäßig das Volk ganz zu einem allerfinstersten Narren machen?! Die Narrheit wird endlich in Bosheit ausarten, und wir werden dann das Weite suchen dürfen. Und da haben wir es nun!

05] Das Volk hielt auf Moses und die Propheten; wir aber sagten: Diese sind tot und ihre Schrift mit ihnen! Gott offenbart Seinen Willen im Tempel und zeigt an, was von Moses und den Propheten zu halten ist. Die Hohenpriester, die Leviten und all die Pharisäer und Schriftgelehrten sind nun der lebendige Moses und die lebendigen Propheten! - Das ist unsere Lehre!

06] Hundert Male habe ich euch nur zu klar gesagt, solche unsere Anmaßung wird jüngst notwendig einen schlimmen Ausweg nehmen. Aber da lachtet ihr mich aus und behauptetet, dass solches platterdings unmöglich sei! Nun ist es da! Behauptet ihr nun auch noch, dass so etwas unmöglich sei?!

07] Ich sage euch aber noch einmal, dass uns allen vollkommen recht geschieht; denn wer sich in einer ernsten Sache nicht raten läßt, dem ist auch nicht zu helfen!

08] Ich habe mir jetzt dort beim Hause Barams alle Mühe gegeben, um die aufgeregten Gemüter des Volkes zu besänftigen; ich sagte den Hitzköpfen, dass sogleich Soldaten von Kapernaum hier eintreffen werden zu ihrer Züchtigung! Und sie lachten und sagten: 'Ihr werdet gut warten auf sie; denn euer Bote befindet sich in unserer Gewalt - so wie ihr alle! Seht, dass ihr gutwillig weiterkommt, sonst werdet ihr auf eine andere Art weiterkommen!' Das war die löbliche Entgegnung auf meine ans Volk gerichtete Warnung und Drohung, die ich auch viel besser hätte können bleiben lassen!

09] Was den Zauberer aber betrifft, so ist er an dieser Sache ganz unschuldig; denn er samt seinen Jüngern und Baram dürften nun die einzigen Juden in diesem Orte sein! dass er allerdings ein Magier zu sein scheint, will ich nicht bezweifeln; aber dass er durch Beelzebub wirke, das getraute ich mich nicht zu behaupten, obschon ich euch damit in eurer Meinung nicht stören will. Geht nun selbst hin und redet mit ihm und überzeugt euch selbst von allem!«

10] Fragen die Alten: »Hat er die vielen Kranken schon geheilt?«

11] Sagt Ahab: »Kann wohl sein, obschon ich nichts davon zu Gesichte bekam. Es stehen wohl noch eine Menge Menschen beiderlei Geschlechts vor dem Hause Barams, zumeist mir wohlbekannte Griechen, und besprechen sich mit dem höchst schlichten Magier, oder was er sonst sein mag; aber von irgend kranken Menschen habe ich nichts mehr gesehen. Vielleicht hat er sie in der Zeit geheilt, als ich vorher hier euch bewachte. Aber, wie gesagt, gehen wir nun hin, und ihr werdet euch selbst von allem überzeugen können, wie dort die Sachen stehen!«

12] Sagen die Alten: »Ist keine Lebensgefahr zu befürchten?« Sagt Ahab: »Seht, was das schon wieder für eine höchst dumme Frage ist! Seid ihr denn hier nun mehr sicher?! Es ist ja für uns alle jetzt, da sich hier die Dinge so ungünstig gewendet haben, besser, das Freie zu suchen, wo uns noch die Füße was nützen können, als sich hier leichtermaßen zwischen den vier Wänden umbringen zu lassen!«

13] Sagen die Alten: »Ja, ja, du hast recht; darum gehen wir hinaus und versperren alle unsere Schätze, die einen großen Wert haben!« Sagt Ahab: »Ganz gut, - gehen wir nur; wer wird denn nun sogleich unsere Schätze rauben gehen?! Die Menschen dieses Ortes haben nun auf ganz andere Dinge ihre Augen zu richten als auf unsere Schätze!«

14] Auf diese Worte erheben sich die Alten, versperren alles und sagen nicht einmal ihren Dienern, was sie nun vorhaben.



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