Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 7


Kapitelinhalt 142. Kapitel: Form und Geist der Geschöpfe.

01] Hier wurden wohlzubereitete Speisen auf die Tische gebracht. Alle setzten sich in guter Ordnung an die Tische und aßen und tranken. Die sieben Oberägypter saßen an Meinem Tische nach Meinem Willen und aßen auch mit. Hier hatten wir wieder einmal Fische, und zwar von der edelsten Art aus dem Flusse Jordan, die besonders gut und geschmackvoll zubereitet waren und allen Gästen sehr wohl schmeckten. Die sieben Ägypter konnten diese Zubereitung nicht genug loben und aßen die Fische mit rechter Lust, obwohl sie schon zuvor etwas Brot und Wein genossen hatten.

02] Als wir so eine kleine Weile aßen und tranken, da kam auch Lazarus mit Raphael an Meinen Tisch, und beide aßen und tranken ganz wacker mit; denn sie hatten unsere Jungen versorgt und begaben sich sodann zu uns.

03] Der erste Oberägypter, hatte ein großes Wohlgefallen an Raphael, betrachtete ihn vom Kopfe bis zum Fuße und sagte dann zu Mir: »Herr und Meister von Ewigkeit! Als dieser Dein Diener vor viertausend Erdenjahren noch im Fleische auf der Erde wandelte, da sah er der Gestalt nach nicht so unbegreiflich schön aus wie jetzt in seinem rein geistigen Zustande. Wenn ich dereinst auch für würdig befunden werde, in Dein Reich zu kommen, werde ich dann wohl auch eine edlere Gestalt überkommen? Ich muß es bekennen, daß meine Gestalt gegen solch eine, wie dieser Dein Diener sie besitzt, eine wohl unaussprechbar häßliche ist; sie taugt zwar für unser Klima, doch schön und edel ist sie nicht. Ich weiß auch, daß in dieser Welt an der äußeren Gestalt gar nichts liegt, sondern alles nur an der Vollendung der Seele; aber in Deinem Reiche muß denn doch auch vieles an der Gestalt und Außenform liegen, ansonst die reinen Geister nicht in solch edelsten und schönsten Formen zu erschauen wären! Auf dieser Welt hat die Farbe der Haut und die Außengestalt für den inneren Wert eines Menschen freilich keine Bedeutung; aber in Deinem Himmelreiche wird sie gar vieles zu bedeuten haben. Ich aber möchte nun auch das wissen. Ich habe davon wohl schon so eine kleine Ahnung, aber ganz ins klare habe ich es in dieser Sphäre doch noch nicht bringen können.

04] Ich sehe in meiner Seele wohl stets die ganze Erde, ihre Geschöpfe und ihre Verhältnisse, ich kenne das lose Tun und Treiben der Menschen, sehe alles bis in den Mittelpunkt der Erde, und die Myriaden der Geister in allen Elementen sind mir nicht unbekannt, sowie das Einfließen Deines ewigen Geistes in alle Wesen; aber den Grund der so verschiedenen Formen in Deiner materiellen und ganz besonders in Deiner reingeistigen Schöpfungssphäre habe ich bis jetzt noch nicht herausfinden können. Wenn Du, o Herr und Meister, uns auch darüber ein kleines Lichtlein zukommen lassen wolltest, so würde das unsere Seelen wohl sehr beruhigen.«

05] Sagte Ich: »Meine lieben Freunde, euch hat das Suchen und Finden der Wahrheit viel Mühe und Arbeit gekostet; aber mutigen Kampfes habt ihr das gesuchte Ziel trotz der vielen Schwierigkeiten, mit denen ihr zu kämpfen hattet, zum größten Teile glücklich erreicht, und das ist des Lebens eigentliche Hauptsache.

06] Was die anderen Dinge betrifft, besonders die, um die du ehedem gefragt hast, so liegt das Heil der Seele eben nicht daran, und es wird solches alles der Seele klargemacht werden, wenn sie völlig im Geiste aus Mir wiedergeboren und mit ihm eins werden wird. Aber Ich will euch dennoch einen Wink darüber geben; das Weitere wird euch dann schon von selbst hell werden.

07] Seht, es haben sich die Menschen von uralters her gewisse Töne erzeugende Werkzeuge gemacht, - wie bei uns die Harfe, die Flöte (Schalmei), die Posaune und die Zimbel, bei den Griechen die Lyra, die Pfeife und die Äolsharfe! Wenn diese und noch andere solche Tonwerkzeuge wohl und rein gestimmt sind, so geben sie auch beim Gebrauch eine reine Melodie und dazu eine überaus wohlklingende Harmonie; sind diese Tonwerkzeuge aber verstimmt, das heißt, stehen die Töne nicht in guten Verhältnissen zueinander, so kann man darauf weder eine Melodie und noch weniger eine feine Harmonie hervorbringen.

08] Nun denke dir des Menschen Seele! Steht diese in guten und wahren Verhältnissen zu ihrem Körper, so befindet sie sich auch in der rechten Lebensharmonie, und diese Harmonie gibt dann der Seele ihre Schönheit, die natürlich erst dann im Vollmaße ersichtlich wird, wenn sich die Seele außerhalb des Leibes in Meinem Reiche befinden wird. Wer aber auch schon im Leibe auf dieser Welt einen aufmerksamen Blick auf gute und daneben auch auf böse Menschen richtet, der wird bald und leicht gewahr werden, daß ein guter Mensch stets auch ein anmutiges und freundliches Äußeres der Form nach zur Schau trägt, während ein böser Mensch schon von weitem dem ihm Begegnenden etwas Abstoßendes, Unfreundliches und somit auch Häßliches aufweist und sich vor ihm nicht leicht verbergen kann. Der Grund davon liegt ja der inneren Seelenharmonie oder - bei argen Menschen - -disharmonie.

09] Solche Unterschiede kannst du auch schon im Reiche der Tiere und sogar im Reiche der Pflanzen finden. Natürlich treten alle diese Gestalt- und Formenunterschiede erst im Reiche der Geister in der abgemarktesten Weise in Erscheinung, während sie in der Körperwelt nur andeutungsweise vorhanden sind. Wenn ihr das in euch bei Gelegenheiten so recht durchprüfen wollt, so werdet ihr auch leicht alles Weitere von selbst finden. Ihr seid weise und mit den Kräften der Naturwelt und ihrer Elemente ja ohnehin wohlvertraute Menschen und könnt auch in dieser Sphäre der inneren Seelenintelligenz die Ursachen und Wirkungen leicht finden, so ihr euch damit irgend befassen wollt. Doch vollkommen wird das und endlos vieles andere ein jeder Mensch erst dann einsehen, wenn er im Geiste aus Mir in reiner Seele wird völlig wiedergeboren sein.

10] Und so wollen wir darüber denn auch kein Wort mehr verlieren, sondern jetzt essen und trinken wir noch unser Mahl zu Ende, und nach dem Mahle wird es sich dann schon zeigen, was wir da weiterhin machen werden!«

11] Auf diese Meine Belehrung waren die sieben in sich ganz zufrieden, und der erste sagte: »O Herr und Meister, wir danken Dir für diese Deine Belehrung; sie genügt uns vollkommen, und wir wissen nun ganz gut, wie wir auch in dieser Sphäre daran sind, und wie wir diese Sache zu prüfen und zu erforschen haben.«

12] Hierauf aßen und tranken wir noch den Rest unseres Mahles, erhoben uns darauf von den Tischen, und Ich segnete alle hier Anwesenden.



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