Jakob Lorber: 'Das große Evangelium Johannes', Band 1, Kapitel 90


Heilung des Sohnes eines königlichen Verwandten.

  • Johannes.04,46b] Und es war ein Königlicher; dessen Sohn lag krank in Kapernaum.

    01] Als wir den Weg antreten wollten, da eilte nahe außer Atem ein a Mann königlicher Abkunft und ein naher Verwandter des Obersten, der ein paar Tage vorher nach Kapernaum zog, auf Mich zu; denn er hatte durch den Obersten (Kornelius, d. Hrsg.) erfahren, dass Ich von Judäa wieder nach Galiläa zurückgekommen bin. Dieser königliche Mann hatte einen einzigen Sohn, der auf einmal von einem bösen Fieber befallen ward, und der Arzt in Kapernaum erkannte alsobald, als er den Kranken ersah, dass es um denselben unfehlbar geschehen sei. Da kam zu ihm Kornelius, der Oberste und sagte: »Bruder, da ist Rat zu schaffen! Von hier bis Kana ist für einen guten Geher kaum eine volle Stunde Weges. Alldort weilt der berühmte Heiland Jesus aus Nazareth. Ich selbst habe Ihn bei meiner Herreise dort getroffen und gesprochen! Er wird sicher noch dort sein; denn Er hat mir's versprochen, von dort geraden Weges zu mir nach Kapernaum zu kommen und mich zu besuchen! Was Er verspricht, das hält Er auch unwandelbar! Da Er aber bisher noch nicht zu mir gekommen ist, so ist Er ganz unfehlbar noch in Kana! Eile daher persönlich hin und bitte Ihn, dass Er zu deinem Sohne kommen und ihm helfen möchte! Und ich stehe dir dafür, dass Er sogleich kommen und deinem Sohne helfen wird!« (a Johannes.04,46b*)

  • Johannes.04,47] Dieser hörte, dass Jesus aus Judäa nach Galiläa kam, und ging hin zu ihm und bat ihn, herabzukommen und seinem Sohn zu helfen; denn dieser war todkrank.

    02] Als der Königische solches von seinem Bruder Kornelius erfährt, so rennt er eiligst nach Kana und kommt also auch, wie oben bemeldet, ganz außer Atem nach Kana, als Ich schon den ersten Schritt zur Weiterreise machte. Kaum bei Mir angelangt, fällt er vor Mir nieder und a bittet Mich, dass Ich ja so eilig als möglich mit ihm hinab nach Kapernaum eilen möchte, indem sein einziger Sohn, der sein alles sei, schon mit dem Tode ringe und ihm in Kapernaum kein Arzt mehr helfen könne, und so Ich nicht eiligst mit ihm ginge, sein Sohn sicher eher sterben werde, als bis Ich nach Kapernaum kommen werde, wenn er, der Sohn nämlich, nicht schon in dieser Zeit gestorben sei! (a Johannes.04,47*)

  • Johannes.04,48] Und Jesus sprach zu ihm: »Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht.«

    03] Sage Ich: »Sieh, du Mein Freund, es ist eine schwere Sache bei euch! a Denn so ihr nicht Zeichen und Wunder seht schon im voraus, so glaubt ihr's nicht! Ich helfe nur denen vor allem, die da glauben, wenn sie auch keine Zeichen und Wunder vorher geschaut haben! Denn wo der unbedingte Glaube Mir entgegenkommt, da heile Ich auch sicher und gewiß!« (a Johannes.04,48*; Johannes.02,18; 1. Korinther.01,22)

  • Johannes.04,49] Der Königliche sprach zu ihm: »Herr, komm herab, ehe mein Kind stirbt!«

    04] a Da schreit der königische Mann: »O Herr, rede hier nicht so lange mit mir Armem; Du siehst ja, dass ich glaube, ansonst ich nicht zu Dir gekommen wäre! Ich bitte Dich, o Herr, komme Du nur unter meines Hauses Dach, und mein Sohn wird leben! So Du aber verweilest, da wird er eher sterben, als Du hinkommen wirst! - Siehe, b ich habe viele Knechte unter mir; und so ich zu einem oder dem andern sage: Tue das, oder tue jenes, so wird er es tun. Hätte ich den vollsten Glauben nicht an Dich, o Herr, so hätte ich einen oder den andern Knecht zu Dir gesandt! Aber da ich voll des stärksten Glaubens bin, so kam ich selbst; denn mein Herz sagte mir: 'So ich Dich nur finde und erschaue, so wird gesund mein Sohn!' Herr, ich bekenne es auch, dass ich gar c nicht wert bin, dass Du eingingest unter meines Hauses Dach, - sondern, so Du nur wolltest sprechen ein Wort, so wird gesund und lebendig mein Sohn!« (a Johannes.04,49*; b Matthäus.08,09 c  Matthäus.08,08)

  • Johannes.04,50] Jesus spricht zu ihm: »Geh hin, dein Sohn lebt!« Der Mensch glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm sagte, und ging hin.

    05] Sage Ich: »Freund, solch einen Glauben habe Ich in ganz Israel nicht gefunden! a Gehe getrost heim; dir geschehe nach deinem Glauben! Dein Sohn lebt!« - Und der Königische ging unter einem Strom von Dank- und Freudentränen nach Hause; denn er glaubte ungezweifelt Meinem Worte. Ich aber blieb nun diesen Abend und den nächsten Tag noch in Kana, was dem Wirt eine größte Freude machte. (a Johannes.04,50*)

  • Johannes.04,51] Und während er hinabging, begegneten ihm seine Knechte, verkündigten ihm und sagten: »Dein Kind lebt.«

    06] Als der Königische, der in Kapernaum in großem Ansehen stand, da er für's erste gleich dem Obersten Kornelius mit dem Herrscherhause Roms verwandt und für's zweite als ein hoher Staatsbeamter allda von Rom aus angestellt war, a sich der Stadt näherte, da kamen ihm schon seine vielen Knechte entgegen und verkündigten ihm laut: »Herr, dein Sohn lebt und ist vollkommen gesund!« (a Johannes.04,51*)

  • Johannes.04,52] Da erforschte er von ihnen die Stunde, in der es besser mit ihm geworden war. Und sie sprachen zu ihm: »Gestern um die siebte Stunde verließ ihn das Fieber.«

    07] Da ward der Mann nahe ohnmächtig vor Freuden und a erkundigte sich alsogleich, um welche Zeit es mit ihm besser geworden sei. Und die Knechte antworteten einstimmig: »Gestern um die siebente Tagesstunde verließ ihn das böse Fieber!« (a Johannes.04,52*)

  • Johannes.04,53] Da merkte der Vater, dass es um jene Stunde war, in der Jesus zu ihm gesagt hatte: »Dein Sohn lebt.« Und er glaubte mit seinem ganzen Hause.

    08] Als er solches von seinen Knechten erfuhr, da fing er an nachzurechnen und a fand, dass es genau um dieselbe Zeit sein mochte, in der Ich zu ihm gesagt hatte: »Dein Sohn lebt!« Er ging dann gemächlichen Schrittes nach Hause. Und als er da ankam, führte ihm schon der Oberste Kornelius den ganz gesunden und heitern Sohn entgegen und sagte zu ihm: »Nun, Bruder, habe ich dich an den rechten Heiland gesandt oder nicht?!« (a Johannes.04,53*)

    09] Der Königische aber sprach: »Bruder, ja, durch deinen Rat hast du mir mein Leben zehnfach wiedergegeben! Aber dieser Heiland Jesus aus Nazareth ist offenbarst mehr als ein gewöhnlicher Heiland, der noch so geschickt die Krankheiten mittels heilsamer Kräuter zu heilen versteht! - Denke dir's! Er sprach, ohne meinen Sohn je gesehen zu haben, bloß ganz einfach nur: 'Dein Sohn lebt!', und der Sohn ward zur selben Stunde gesund! - Höre, das will etwas ganz Kurioses gesagt haben! Ich sage dir: Das kann keinem Menschen, sondern allein nur einem Gott möglich sein! Und von nun an glaube ich und sicher mein ganzes Haus, dass dieser Jesus über alle Zweifel himmelhoch hinaus ein wahrer Gott ist und nun zum Heile aller Menschen in menschlicher Gestalt unter den Menschen wandelt und sie heilt und belehrt. - So Er hierher kommt, muß Ihm hier göttliche Verehrung erwiesen werden!«

    10] Sagt Kornelius: »Ich kenne Ihn schon als Das und lasse mir es auch nicht nehmen; aber Er duldet es nicht, dass man Ihm mit so etwas entgegenkäme!«

    11] Sagt der Vater des geheilten Sohnes: »Bruder, wo man einen solchen Beweis in seiner Hand hat, da - meine ich - läßt sich wohl nie ein Zuviel tun!«

    12] Sagt Kornelius: »Bin ganz einverstanden mit dir; aber wie ich dir's gesagt habe, so ist es und bleibt es auch dabei, dass Er ein abgesagter Feind von öffentlichen und äußerlichen Ehrenbezeigungen ist. Soviel ich aus Seiner sogar frühesten Jugendzeit weiß, so hält Er bloß auf die stille innerste Ehrenbezeigung, die sich in der Liebe des Herzens ausspricht. Aber alles Äußere ist Ihm sogar überaus lästig, und so Er hierher käme, wie Er mir's versprochen hat, so könntest du Ihn mit einer öffentlichen Vergötterung nur von diesem Orte für immer vertreiben! Daher tue du im Herzen alles, was du willst; aber nur vermeide dabei alle öffentliche Zeremonie! Denn ich kenne Ihn seit Seiner Geburt schon von Bethlehem aus und habe seit der Zeit vieles von Ihm gehört und vieles selbst gesehen!«

    13] Sagt der Königische: »Nun gut, ich habe dir gestern gefolgt am Tage und will dich darum auch heute in der Nacht hören und folgen deinem Rate.«

    14] (Es muß hier wegen des Wortes 'gestern', damit es zu keiner (Wort)klauberei Anlaß geben soll, eine kleine Erläuterung dahin angefügt werden, daß, besonders in Galiläa, der Tag nur bis zum jeweiligen Sonnenuntergange währte; nach dem Sonnenuntergange fing dann schon so ganz eigentlich der nächste Tag an, und man sagte in einigen Minuten nach dem Untergange zum vergangenen Tage schon 'gestern'. Mit dem Untergange fing dann schon die erste Nachtwache für den kommenden Tag an; eine Nachtwache aber war ein Zeitraum von drei heutigen Stunden, und eine Tagesstunde war im Sommer wohl nahe zwei heutige Stunden lang und im Winter kaum eine, denn die sonnenlichte Zeit mußte immer zwölf Stunden haben, ob der Sonnentag kurz oder lang war. So denn hier in der Erklärung es heißt, dass der Königische in einer Stunde von Kapernaum nach Kana ging, so würde das heutzutage soviel als nahe zwei volle Stunden ausmachen. - Diese kurze Zwischenerläuterung ist hier um so nötiger, als man sonst so manches in diesem Evangelium kaum richtig verstehen würde, weil die entsprechenden Zeitbilder nur aus der damaligen und nicht aus der jetzigen Zeitrechnung genommen sind.)



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